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Teil 4 der Reihe „Das Erbe des EFSI“

Der Europäische Fonds für strategische Investitionen, kurz EFSI, war ein Gamechanger – für EU-geförderte Konjunkturprogramme und für die Europäische Investitionsbank. ‘In dieser Reihe erzählen wir die Geschichte des EFSI von 2015 bis 2020 und lassen dazu seine Protagonisten zu Wort kommen: den geschäftsführenden Direktor des Fonds, seine Stellvertreterin, Mitglieder des Investitionsausschusses und Menschen in ganz Europa, die vom EFSI profitieren.

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Gemessen an den Vorgaben der EFSI-Verordnung, war der Fonds ein Erfolg. Und auch jetzt, zum Ende seiner Laufzeit, ist er keineswegs ein Auslaufmodell. Allerdings hat sich sein Schwerpunkt verlagert, weil neue Ziele hinzukamen, wie etwa 40 Prozent für Investitionen in den Klimaschutz. Zudem traten andere Formen von Markversagen in den Vordergrund, und auch bei den Investitionsproblemen hat sich das Bild geändert.

EFSI-Übersicht*

Die Volkswirte der Europäischen Investitionsbank (EIB) haben anhand eines bewährten ökonomischen Modells untersucht, was die Bank mit all ihren Finanzierungen und mit ihren EFSI-Krediten langfristig bewirkt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Finanzierungen der EIB-Gruppe die Grundlage für langfristiges Wachstum schaffen und nicht nur kurzfristig die Wirtschaft anschieben. Die EFSI-geförderten Investitionen haben eine beträchtliche Wirkung: Schätzungen zufolge werden sie das Bruttoinlandsprodukt der EU bis 2022 um 1,9 Prozent steigern und 1,8 Millionen Arbeitsplätze schaffen, verglichen mit dem Szenario ohne EFSI.

>@EIB

Erwartete Wirkung

Um die Wirkung des EFSI zu messen, mussten die Fachleute der EIB die komplexen Wechselwirkungen mit anderen Wirtschaftsaktivitäten berücksichtigen. Deshalb berechneten sie zusammen mit der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission in Sevilla anhand eines ökonomischen Modells namens RHOMOLO, ob die zunehmend knappen öffentlichen Mittel wirksam verwendet werden.

Die Stärke von RHOMOLO ist, dass das Modell

  • die kurzfristige Wirkung auf die Wirtschaftstätigkeit ebenso erfasst wie
  • den langfristigen Beitrag zu Produktivität und Wachstum.

Ein Beispiel: Finanziert die EIB mithilfe der EFSI-Garantie eine Straße, kurbelt das in der Bauphase die Wirtschaft an. Doch auch danach gibt es weiter positive Effekte: Die Fahrzeiten verringern sich, und die Transportkosten sinken. Das wiederum steigert die Produktivität und fördert Wachstum und Beschäftigung. Um die Wirkung richtig einzuschätzen, muss all dies erfasst werden

Der EFSI war ein Meilenstein. Er ist ein wichtiger Bezugspunkt bei der Planung und Umsetzung von Projekten, die von öffentlichem Interesse sind.

Der EFSI-Lenkungsrat

Der Lenkungsrat spielte eine zentrale Rolle bei der Einrichtung des EFSI und in seiner Arbeit. Wilhelm Molterer, der geschäftsführende Direktor des EFSI, und seine Stellvertreterin Iliyana Tsanova danken seinen Mitgliedern, allen voran den Vorsitzenden Kerstin Jorna und Gerassimos Thomas sowie EIB-Vizepräsident Ambroise Fayolle, für ihre Beiträge und Empfehlungen. Ihr herzlicher Dank gilt außerdem den Beschäftigten der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Investitionsfonds sowie dem EFSI-Sekretariat für ihren großartigen Einsatz und ihre Unterstützung.

© DR

An EFSI-backed EIB investment in Forsee Power helped Claudette Carré get a job with the company near Poitiers, France

Projekte und Menschen

Strom für Elektroautos in Österreich

Professor Helmut List will, dass Autos weniger schädliche Abgase ausstoßen: „Unser Ziel ist ein Niveau, bei dem wir wirklich sagen können, dass es die Luftqualität in Städten nicht mehr beeinträchtigt. Da wollen wir mittelfristig hin.“ Als CEO des Grazer Familienunternehmens AVL konzentriert sich List verstärkt auf die Forschung und Entwicklung im Bereich Hybrid- und Elektroantriebe und autonome Fahrsysteme. (Zum Antriebsstrang gehören sämtliche Antriebselemente eines Fahrzeugs, wie Motor, Getriebe, Batterie, Brennstoffzellen und Steuersysteme.)

Für Aris Pofantis, Lead Engineer bei der EIB, macht AVL „den Wandel möglich, den wir in der Automobilindustrie brauchen“. Pofantis war involviert, als die EIB 2018 einen Kredit über 70 Millionen Euro an AVL vergab, der durch die EFSI-Garantie abgesichert ist. Das Geld ist für die Forschung und Entwicklung im Bereich Test- und Simulationssysteme für Elektro- und autonome Fahrzeugtechnologien bestimmt.

„Wir arbeiten für die Zukunft und mit ihr“, so AVL-Vice President Dr. Markus Tomaschitz. „Ich denke, wir haben eine ziemlich gute Vorstellung davon, wo die Reise hingehen könnte. Und wir tun heute, was nötig ist, um morgen erfolgreich zu sein. Darin liegt unsere Stärke.“ Auch die EIB hat die Zukunft fest im Blick. Im August 2020 legte sie einen weiteren Kredit über 50 Millionen Euro nach, der ebenfalls durch die EFSI-Garantie abgesichert ist.

Projekte und Menschen

Bei Ilunion in Spanien müssen Menschen ihre Behinderung nicht verstecken.

Monatelang hat Manuel Delgado es versucht: Jeden Abend schrieb er stundenlang Bewerbungen. Eine Antwort bekam er nur selten. Und wenn er doch einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, musste er ein wichtiges Detail verschweigen: Manuel ist behindert. Aber dann erhielt er einen Anruf von Ilunion.

„Meine Behinderung habe ich bei Vorstellungsgesprächen nie angesprochen“, gibt Delgado zu. „Bei Ilunion war das gleich die erste Frage. Die hatten damit überhaupt kein Problem. Qualifizierte Jobs für Menschen mit Behinderung sind selten, aber Ilunion hat mir die Tür geöffnet.“

Ilunion ist in Spanien der größte Arbeitgeber für Menschen mit Behinderung. 42 Prozent seiner Beschäftigten sind behindert. Die breit aufgestellte Unternehmensgruppe betreibt eine Hotelkette, Großwäschereien, einen telefonischen Hilfsdienst und eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Hier dreht sich alles darum, Menschen mit Behinderungen die Tür zum Arbeitsleben zu öffnen.

Die Europäische Investitionsbank hat Ilunion einen EFSI-besicherten Kredit von 35 Millionen Euro gegeben. Damit kann das Unternehmen 200 neue Stellen schaffen. Hinzu kommen 725 befristete Jobs im Zusammenhang mit Energieeffizienzmaßnahmen im Unternehmen.

Manuel Delgado ist in Badajoz aufgewachsen. „Als ich 13 war, stellten die Ärzte bei mir eine Wirbelsäulenverkrümmung fest“, erinnert er sich. Er bekam ein Korsett, sodass sich sein Zustand nicht mehr verschlimmerte, aber geheilt wurde er nicht. Manuel studierte an der Universität Extremadura und wurde Bauingenieur. Dann ging er auf Jobsuche. Seine Behinderung verschwieg er. „Ich schäme mich nicht dafür. Aber wenn ich nicht danach gefragt wurde, sagte ich es nicht. Es ist schon schwer genug, überhaupt einen Job zu finden. Mit einer Behinderung wird es noch komplizierter.“

Bei Ilunion musste Delgado ein strenges Einstellungsverfahren durchlaufen. „Als ich den Job bekam, konnte ich es kaum glauben. Das war genau das, was ich wollte“, erinnert er sich. Heute entwickelt er für das Unternehmen moderne, energieeffiziente Lösungen, die alte Anlagen ersetzen. Ilunion kann dadurch in Zukunft jährlich bis zu 60 Gigawattstunden Strom sparen und wird so nachhaltiger und umweltfreundlicher.

„Ich bin so froh, dass ich den Job bekommen habe. Jetzt bin ich viel optimistischer für die Zukunft“, freut sich Manuel. „Es geht mir gar nicht mal so sehr ums Geld. Ich will mich vor allem nützlich fühlen und ein Mensch sein wie jeder andere.“

Projekte und Menschen

Borislav Bonev dachte, dass er in Bulgarien wohl vergeblich eine Stelle in der Arzneimittelherstellung suchen würde. Aber dann fand er doch eine, bei einem EFSI-geförderten Unternehmen.

„Wer wie ich einen Job in der Pharmaproduktion sucht, hat es schwer“, erzählt der 26-Jährige aus Plovdiv. „In dem Bereich gibt es nicht viele Firmen – weder in Bulgarien noch anderswo.“

Stellen für Absolventen sind rar. Deshalb machte sich Bonev nach seinem Biotechnologie-Studium in Sofia nicht viel Hoffnung. Zum Glück expandierte der Pharmahersteller Biovet in Peschtera, 120 Kilometer südöstlich von Sofia. Dort begann Bonev 2014 als Praktikant. Heute kümmert er sich um die Technik einer neuen Fermentationsanlage am Sitz des Unternehmens. „Ich kann jeden Tag etwas dazulernen und so mein Fachwissen auf vielen Gebieten erweitern“, erzählt er.

Die EIB unterstützt Biovet mit einem EFSI-geförderten Kredit über 100 Millionen Euro beim Ausbau seines Geschäfts. Das Unternehmen ist ein Geschäftsbereich des weltweit tätigen Pharmakonzerns Huvepharma und zählt zu den Branchenführern in der Tiermedizin. Mit dem EFSI-Kredit kann es nun über 200 neue Jobs schaffen. Bonev ist sich sicher: „Ohne die Hilfe von Einrichtungen wie der Europäischen Investitionsbank wären Wachstumsprojekte wie unseres kaum machbar.“

Diese Investitionen sorgen dafür, dass Europa im Zeitalter der Digitalisierung und Innovation vorne mitspielt.

  • Iliyana Tsanova

Projekte und Menschen

Die Universität Lettlands will mehr Studierende aus dem Ausland gewinnen – mit modernen Studien- und Forschungseinrichtungen und mit Ieva Gerge, deren Job dafür geschaffen wurde.

Die Universität Lettlands hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: doppelt so viele Studierende aus dem Ausland. Deshalb investiert sie in hochmoderne Zentren für Lehre und Forschung, finanziert mit einem EFSI-Kredit der Europäischen Investitionsbank über 30 Millionen Euro.

Ieva Gerge ist Absolventin der Universität und betreut als Koordinatorin Studierende aus dem Ausland, von denen manche aus fernen Ländern wie Indonesien, Chile und China kommen. Gerge hilft ihnen bei praktischen Fragen und Studienangelegenheiten, damit sie sich leichter einleben. „Manche rufen daheim an, wenn sie Probleme“, erzählt sie. „Aber manche kommen auch zu uns ins International Office.“

Die Universität Lettlands in ihrem neuen Look ist ein toller Ort zum Arbeiten – und zum Studieren, findet Gerge. „Unser neues Forschungszentrum wird mit seinem umfassenden Angebot eine Topadresse im Baltikum werden. Wenn alles fertig ist, haben wir Platz für mehr als 15 000 Studierende, 13 Fakultäten und über 20 Forschungsinstitute. Das wird spannend.“

Ieva Gerge will jetzt an der Universität noch einen Master in Finanzanalyse machen. „Ich gehe abends nach der Arbeit zu den Vorlesungen und bin also wirklich von früh bis spät hier. Ich finde die Uni toll“, schwärmt sie.

Hinter den Kulissen des EFSI: Im Kampf gegen Covid-19

Der EFSI hat gezeigt, welches Potenzial der Einsatz öffentlicher Gelder über Kredite und Garantien birgt, als Ergänzung zu direkten Zuschüssen. Aber der Fonds bietet auch eine Blaupause für die Krisenbekämpfung. Seine Rolle bei der Antwort der EIB auf Covid-19 ist ein gutes Beispiel.

Als das Virus zuschlug, schnürten die Europäische Kommission, EU-Länder und europäische Einrichtungen binnen Kurzem ein gewaltiges Rettungspaket für pandemiegeschädigte Unternehmen. Der EFSI war da schon aktiv und stellte Hunderte Millionen für Projekte im Kampf gegen Covid-19 bereit.

Im Mai 2020 vergab die EIB mit der EFSI-Garantie einen Kredit über 50 Millionen Euro an Pluristem. Mit dem Geld finanziert das deutsch-israelische Unternehmen klinische Studien zur Infektionsbehandlung mit Plazentazellen. Im Juni folgten 100 Millionen Euro für das Covid-19-Impfstoffprogramm der deutschen Firma BioNTech, ebenfalls mit Absicherung durch die EFSI-Garantie.

„Am EFSI sehen wir, was sich mit knappen Mitteln erreichen lässt, wenn wir öffentliche und private Kräfte bündeln“, so Wilhelm Molterer. „Diese Erfahrung wird angesichts dessen, was vor uns liegt, noch an Bedeutung gewinnen.“

Zum Beispiel im Klimaschutz. Trotz Corona wird der EFSI auch hier seine Ziele übererfüllen. Nach der Verlängerung und Aufstockung im Jahr 2017 übertraf der EFSI sein neues Investitionsziel von 500 Milliarden Euro sechs Monate früher als geplant – und reagierte gleichzeitig auf die Folgen von Covid-19 für die europäische Wirtschaft.

Iliyana Tsanova: „Ich war begeistert, wie schnell wir es schafften, unsere Strategie in der Krise anzupassen. Es gelang uns, rasch Liquidität für Unternehmen bereitzustellen, die in die Klemme gerieten – und andere zu fördern, die an Medikamenten und Impfstoffen gegen Covid-19 arbeiten. Flexibilität ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Am EFSI sehen wir, was sich mit knappen Mitteln erreichen lässt, wenn wir öffentliche und private Kräfte bündeln.

  • Wilhelm Molterer

In Zeiten knapper Kassen muss die öffentliche Hand aus jedem Euro mehr herausholen. Wie das geht, hat der EFSI eindrucksvoll gezeigt. „Die Erfahrungen daraus werden sich für die Zukunft als hilfreich erweisen“, ist Molterer überzeugt.

Vor Corona hätte Molterer mit der Zukunft wohl vor allem die Investitionen im Rahmen des europäischen Grünen Deals und von InvestEU gemeint, dem Nachfolger des EFSI. Aber dann kam das Virus, und der EFSI musste zeigen, wie er Europas Wirtschaft im Abwehrkampf helfen kann.

Der EFSI hat die Art und Weise verändert, wie wir öffentliche Gelder einsetzen.

  • Iliyana Tsanova

An den Covid-19-Soforthilfen lässt sich erkennen, wie gut durchdacht die Struktur und Governance des EFSI ist und wie passgenau die Finanzierungen mittlerweile sind. Mit am besten können dies die Leute beurteilen, die im Investitionsausschuss sitzen und darauf achten, dass die vorgeschlagenen Projekte den Kriterien für die EFSI-Garantie entsprechen.

Ein Mitglied des Ausschusses, der ehemalige ungarische Ministerpräsident Gordon Bajnai – heute beim Investmentberater Campbell Lutyens für den Bereich Global Infrastructure zuständig – vergleicht die Coronakrise mit einem Tsunami: „Wer die erste Welle überlebt, hat eine Chance, wieder auf die Beine zu kommen. Wenn aber die Industrie zusammenbricht, kann es Jahrzehnte dauern, die Produktion wiederaufzubauen – oder sie entsteht woanders neu, nicht in Europa.“

Deshalb war die schnelle EFSI-Antwort in der Pandemie entscheidend. Bajnai, der seinerzeit Ungarn durch die Finanzkrise führte, hat gelernt: „In der Krise sind Soforthilfen dreimal so wertvoll wie Gelder, die später fließen.“

*This report is published before the final meeting of the EFSI Investment Committee in December 2020. Therefore the final amount of investment supported is expected to exceed the one disclosed here.