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Von Julia Chambers, Moa Westman und Carmen Niethammer

Weltweit leben immer mehr Menschen in Städten. Bis 2050 kommen weitere 2,5 Milliarden hinzu, fast 90 Prozent davon in Asien und Afrika. In Städten leben zudem mehr Frauen als Männer, Tendenz steigend: Auf 100 Männer über 50 kommen schon heute 113 Frauen; über 60 sind es 122 Frauen auf 100 Männer. Auch der Anteil alleinstehender Frauen wächst stetig.

Doch in den städtischen Schlüsselfunktionen sind Frauen unterrepräsentiert: Es gibt weniger als fünf Prozent Bürgermeisterinnen, und auch in den führenden Architekturbüros bekleiden Frauen nur etwa zehn Prozent der Leitungspositionen.

Städtische Dienstleistungen und Infrastruktur wie Straßen, Verkehrsmittel und öffentliche Räume werden von Frauen anders genutzt als von Männern. Geplant werden sie allerdings meist von Männern, und das heißt: hauptsächlich aus Sicht von Männern und für deren Bedürfnisse.   

Wie würden unsere Städte aussehen, wenn sie für alle gebaut wären?

Bürgersteige wären bestimmt breiter und damit kinderwagentauglich. Es gäbe auch weniger Treppen und hohe Bordsteine. Mit mehr Straßenbeleuchtung würden sich nachts alle sicherer fühlen. Der ÖPNV wäre nicht nur erschwinglich, zugänglich und sicher, sondern würde wahrscheinlich auch an kurze Wege und den „letzten Kilometer“ denken.

Breite Gehwege und Straßenlaternen sind in der Stadt ein Muss, damit Menschen schnell und sicher zur Schule, zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt kommen. Genderaspekte sind keine Nebensache, sondern der Dreh- und Angelpunkt einer passenden Infrastruktur für eine effiziente Gesellschaft.

Die Europäische Investitionsbank hilft, Städte anders zu planen und zu bauen und dabei die Bedürfnisse beider Geschlechter von Anfang an zu berücksichtigen.

Lösungen für gendersensible Infrastruktur

Gut geplante Infrastruktur, die den Bedürfnissen aller entspricht, bringt Frauen in Arbeit und erhöht ihr Einkommen. Zugleich stabilisieren gendergerechte Städte die lokale Wirtschaft und machen damit öffentliche Dienstleistungen leichter finanzierbar. 

Wie wird städtische Infrastruktur für alle zugänglich?

Neue Projekte müssen Frauen zugutekommen

Deshalb arbeitet beispielsweise Bologna mit der Europäischen Investitionsbank daran, die städtische Infrastruktur vorrangig auf die Beschäftigung und Teilhabe von Frauen auszurichten. Die EIB hilft der Stadt außerdem kostenlos bei der Entwicklung von Indikatoren, die messen, wie sich dies auf die Gleichstellung auswirkt.

Mehr Sicherheit

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Entwicklungsländern um 16,5 Prozent niedriger, weil öffentliche Verkehrsmittel nicht sicher sind. Im indischen Bengaluru mieden viele Frauen die U-Bahn aus Angst vor Belästigung, sexuellen Übergriffen und sonstiger Gewalt. Dadurch waren sie weniger mobil. Vor diesem Hintergrund kofinanzierte die Europäische Investitionsbank eine neue U-Bahn-Linie und 96 Züge. Unter anderem hat nun jede Bahn zwei Waggons nur für Frauen. So sind sie in vollen Zügen besser geschützt. 

Mehr hochwertige Arbeitsplätze für Frauen

Um die U-Bahn in Bengaluru auch als Arbeitgeber stärker für alle zu öffnen, wurden 33 Prozent der Stellen für Fahrer und Stationsleiter mit Frauen besetzt. Für die Mitarbeiterinnen gibt es Kinderkrippen, separate Pausenräume und Jobs an Stationen in Wohnortnähe. Wer nicht nachts arbeiten kann, wird für die Früh- und Spätschicht eingeteilt.

Infrastruktur, Frauen und Klimaschutz

Die Forschung bestätigt, wie wichtig Frauen auch beim Klimaschutz sind: Länder mit einem höheren Frauenanteil im Parlament setzen sich stärker für Umweltabkommen und Klimastrategien ein. Wie aus dem Sustainable Cities Index des kanadischen Medien- und Forschungsunternehmens Corporate Knights hervorgeht, stehen in den nachhaltigsten Städten der Welt Frauen an der Spitze.

Im mongolischen Ulan-Bator hilft die EIB, klimaanfällige Stadtteile in bezahlbare, klimaresistente und inklusive Öko-Viertel umzugestalten. Geplant sind 20 umweltfreundliche Viertel mit 10 000 bezahlbaren Wohnungen, einem guten Dienstleistungsangebot, Grünflächen, Geschäften und Arbeitsmöglichkeiten.

Von Frauen geführte Haushalte werden bei der Vergabe der neuen Wohnungen vorrangig berücksichtigt. Außerdem sind 40 Prozent der Büro- und Gewerbeflächen und mindestens 40 Prozent der grünen Hypothekendarlehen für frauengeführte Unternehmen vorgesehen.

Der Infrastruktursektor ist für 60 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich und bietet damit viel Potenzial, Gleichstellung und Klimaschutz zu verbinden.

Über die Autorinnen

Julia Chambers: Ich bin Expertin für soziale Entwicklung bei der Europäischen Investitionsbank und arbeite daran, dass die Bank mit ihren Finanzierungen noch mehr für die Gesellschaft, Umwelt und Gleichstellung bewirkt.

Moa Westman: Ich bin Genderexpertin bei der Europäischen Investitionsbank und arbeite daran, dass die Bank noch mehr zur Gleichstellung und wirtschaftlichen Stärkung von Frauen beiträgt. Mein Fokus liegt auf Klima- und Umweltinvestitionen.

Carmen Niethammer: Als Senior Gender Specialist bei der Europäischen Investitionsbank setze ich mich für Finanzierungen in Europa und weltweit ein, die Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation stärken und gleichzeitig die Genderkluft abbauen.