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Ann Masiga steht auf einer Fußgängerbrücke über eine der verkehrsreichsten Straßen Nairobis und blickt auf das Gewusel privater Minibusse. Selbst hier oben riecht es nach Auspuffabgasen. Masiga ist fest entschlossen, zusammen mit den Behörden das Verkehrschaos zu beenden, damit die Luft besser wird.

„Sauberer Verkehr, sauberes Wasser, saubere Energie – für das Land hier sind das Riesenaufgaben“, weiß die Kreditreferentin aus dem EIB-Büro in Nairobi. „Eine schlechte Infrastruktur, gerade im Verkehr, erschwert alles: den Weg zur Schule, zur Arbeit, zum Einkauf oder ins Krankenhaus. Doch meine Arbeit hilft den Menschen im täglichen Leben. Das spornt mich immer wieder an.“

Zu Masigas größten Projekten 2023 zählt ein neues Schnellbusnetz für die Hauptstadt, die bislang nicht wirklich ein Verkehrssystem hat. Dafür bekommt Nairobi moderne Busbahnhöfe, leicht zugängliche Bussteige, gut beleuchtete Haltestellen, Fußgänger- und Radwege sowie Busspuren auf den verstopften Straßen. Fest eingeplant ist auch eine der ersten vollelektrischen Buslinien Ostafrikas. Masiga war auf EIB-Seite maßgeblich an dem 201 Millionen Euro schweren Kredit für die E-Linie beteiligt. Ein EU-Zuschuss von 32 Millionen Euro rundet die Finanzierung ab.

„Für den öffentlichen Verkehr in Nairobi ist das ein Quantensprung“, begeistert sich Masiga. Den Anstoß zu ihrer Karriere gab ihre Mutter Elizabeth Semo Masiga, eine Pionierin der Frauenbildung in Kenia und die erste Staatssekretärin im Bildungsministerium. „Das Projekt könnte den Verkehr im ganzen Land revolutionieren.“ 

Klima und Innovation vereint in Kenia

Die neue E-Buslinie zeigt, wie eng Kenias Zukunft mit Klimaschutz und innovativen Technologien verknüpft ist. Das Land ist führend in regenerativen Energien und investiert verstärkt in grüne Technologien. Es animiert Unternehmen, innovativ zu sein und auch jenseits der Landesgrenzen nach Chancen und Wachstum zu suchen. Kenia entwickelt Initiativen für eine robustere Nahrungsmittelversorgung, kleinbäuerliche Betriebe, mehr Exporte und eine bessere Teilhabe von Benachteiligten. E-Busse sind die Schlagader in diesem zukunftsorientierten Kenia – einem Land, in dem Maisbauern mit Handy-Apps die Felder abschreiten, um ihre Erträge zu steigern. In dem Mangoproduzenten ihre Früchte mit hochmoderner Kühltechnik frisch halten. Und dessen fortschrittliche Geothermiekraftwerke Vorbild sind für Erneuerbare-Energien-Programme in ganz Afrika.

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Ann Masiga freut sich auf große Verbesserungen im Verkehrsnetz von Nairobi

In der EIB hat dieses innovative Kenia einen Partner gefunden. In Nairobi betreibt die Bank der EU ein Regionalzentrum, in dem knapp 30 Beschäftigte für die EIB Global arbeiten. Das Regionalzentrum Ostafrika betreut Kenia, Äthiopien, Sudan, Südsudan, Uganda, Ruanda, Burundi, Tansania, Eritrea, Dschibuti und Somalia. Seit Mitte der 1970er-Jahre hat die EIB mehr als 1,5 Milliarden Euro in Kenia investiert – in regenerative Energien, sauberes Wasser, Stadtentwicklung, finanzielle Teilhabe und Kleinbetriebe. Der Aufbau des Regionalzentrums 2021 und der EIB Global 2022 stärken die Präsenz der Bank und ihre Wirkung in der Region.

„Meine Arbeit hilft vielen Menschen in Kenia im täglichen Leben.“
Ann Masiga

Kreditreferentin bei der Europäischen Investitionsbank

„Wir werden es in Zukunft noch viel weiter bringen.“

„Ich habe keinen Grund, an einer leuchtenden Zukunft für dieses Land zu zweifeln.“
XN Iraki

Professor an der Universität Nairobi

Kenia heute ist ein Land, in dem Tradition auf Fortschritt trifft, in dem manche Kleinbauern das Feld von Hand bestellen und andere die neueste grüne Energietechnik und mobile Bezahlsysteme nutzen, in dem manche Frauen sich um die Familie kümmern und andere Topmanagerinnen werden oder Firmen gründen.

„Manche hier sehen alles ziemlich düster, aber wenn man sieht, was wir in diesem Land geschafft haben, glaube ich: ,Wir werden es in Zukunft noch viel weiter bringen‘“, so Professor XN Iraki von der Fakultät für Business und Management der Universität Nairobi.

Iraki wuchs auf dem Land auf, ohne Strom, fließend Wasser, Kühlschrank und Herd. Später lehrte er in den Vereinigten Staaten, aber immer wenn er zurückkam, sah er allenthalben den Drang zu Neuem. „Ich habe keinen Grund, an einer leuchtenden Zukunft für dieses Land zu zweifeln“, sagt er.

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XN Iraki sieht überall in Kenia den Drang zu Neuem

Innovation – Kenia überspringt die Klimakrise

Für eine lebenswerte Zukunft sind Klimaschutz und Innovation gleichermaßen bedeutsam, in Europa und weltweit. Doch Afrika ist von der globalen Erwärmung besonders bedroht. Der Kontinent braucht grüne Investitionen in Billionenhöhe – und Kenia will dabei ganz vorne mitspielen. 

Das Land ist gut aufgestellt. Es kann die stark umweltbelastende Wachstumsphase überspringen und direkt in einer nachhaltigeren Gesellschaft landen. 2008 legte Kenia das Entwicklungsprogramm Vision 2030 auf, um bis dahin vollständig auf regenerative Energien umzustellen. Schon jetzt kommen mehr als 90 Prozent des Stroms in Kenia aus erneuerbaren Quellen. Das Land hat massiv in Wasserkraft und Solarparks investiert, vor allem aber in Erdwärme. Geothermieanlagen erzeugen über 40 Prozent des benötigten Stroms.

Seit den 1950er-Jahren ist Kenia „Vorreiter bei der Erdwärme in Afrika“, weiß Peketsa Mangi. Er steht mitten auf einem saftigen Feld im Great Rift Valley, hinter ihm schnaubt die Erde dicke, weiße Dampfschwaden aus.

Mangi wuchs auf dem Land auf, in einer Hütte ohne Strom, mit Licht nur aus rußigen Laternen. Heute ist er Leiter eines Erdwärmeprojekts am Standort Olkaria, einer der größten Geothermieanlagen der Welt. Der Komplex liegt rund 120 Kilometer nördlich von Nairobi, größtenteils im Nationalpark Hell’s Gate

Der Park ist bekannt für seine imposanten Felswände, Schluchten, vulkanischen Säulen, heißen Quellen und Geysire, die aus der Tiefe emporschießen. Die geothermische Energie steigt durch lange Bruchlinien in der Erdkruste auf. Diese Gräben ziehen sich durch ganz Ostafrika und leiten die Magmahitze aus dem Erdinneren an die Oberfläche.

Rundum von Weiden und Blumenfarmen gesäumt, zapfen die Olkaria-Kraftwerke über Bohrlöcher die Energie der Erde an. In mehreren tausend Metern Tiefe fangen sie Dampf auf und befördern ihn durch Leitungen zu den Turbinen, die den Strom erzeugen. Große weiße Rohre führen Wasser oder Dampf durch den gesamten Komplex, der rund 70 Quadratkilometer einnimmt. Die Rohre stehen auf Stelzen, damit Tiere darunter hindurchlaufen können, und haben sogar hohe Bögen für die Giraffen, die morgens unter den umliegenden Bäumen frühstücken.

„Ohne Erdwärme könnte das Land seinen Strombedarf kaum decken“, stellt Mangi fest.

„Kenia ist Vorreiter bei der Erdwärme in Afrika.“
Peketsa Mangi

Leiter des Olkaria-Erdwärmeprojekts

„Ohne die Erdwärme könnte das Land kaum seinen Strombedarf decken.“

Peketsa Mangi

Finanzschub für grüne Energietechnik aus Kenia

Kenia will die Erdwärme weiter ausbauen und exportiert außerdem technisches Know-how rund um Strom und grüne Energie in andere afrikanische Länder. Kaum jemand fördert geothermische Anlagen in Kenia so sehr wie die EIB, die seit den 1980er-Jahren mehrmals massiv investiert hat. 2017 finanzierte sie mehrere Bohrungen und Dampfsammelsysteme am Standort Olkaria.

Die Bank unterstützte auch Afrikas größten Windpark in einem heißen und trockenen Teil Nordkenias, am Turkana-See. 2014 vergab sie dafür einen Kredit von 225 Millionen Euro – für das gut zehnjährige Projekt eine kräftige Finanz- und Vertrauensspritze. Die EU schoss 25 Millionen Euro aus dem Treuhandfonds für die Infrastrukturpartnerschaft EU-Afrika zu. Heute stehen auf dem Gelände über 300 Windkraftanlagen, die mehr als eine Million Haushalte mit Strom versorgen.

Anna Mwangi arbeitet als Geophysikerin im Kraftwerk Olkaria. Sie fördert aktiv junge Frauen im Energiesektor und sieht für sie gute Karrierechancen in der Branche. Teilhabe sei ein großes Thema in der kenianischen Gesellschaft und Wirtschaft, berichtet sie. Denn immer mehr Frauen fordern Gleichbehandlung bei gleicher Arbeit. Mwangi arbeitet seit fast 15 Jahren beim staatlichen Stromversorger Kenya Electricity Generating. Die Einstellungen zu den Geschlechtern haben sich in dieser Zeit gewandelt und verändern sich weiter. „Kenia ist nicht nur im Energiesektor führend“, freut sie sich, „sondern auch bei der Stärkung von Frauen in diesem Bereich und bei der Anerkennung ihrer Ressourcen.“

Aber es bleibt noch immer viel zu tun. „Frauen müssen noch immer zehnmal so hart arbeiten, um auf meinem Gebiet wahrgenommen zu werden“, sagt Mwangi. „Ich habe es geschafft, aber jetzt muss ich auch denen helfen, die nach mir kommen. Wir müssen uns bei der Hand nehmen. Die nächsten machen es vielleicht anders als ich, aber wir können ihnen den Weg bereiten.“

Anna Mwangi sieht in der Wachstumsbranche erneuerbare Energien gute Karrierechancen für Frauen

Innovation – Nahrung für die Menschen

„Ich bin stolz auf meinen Beitrag.“
Geoffrey Emungat

Leiter des Kühllagers in Tatu

Viele neue Unternehmen in Kenia schreiben sich Gendergerechtigkeit auf die Fahnen. Dabei sehen sie, dass weitere soziale und ökologische Maßnahmen notwendig sind. Cold Chain betreibt ein modernes Kühllager, das im August 2023 in Tatu, rund 40 Kilometer von Nairobi entfernt, eröffnet wurde. Das Unternehmen steht für eine grüne Energiepolitik und fördert gezielt Frauen: Sie sollen überall im Unternehmen Karriere machen können. Auch benachteiligte Gruppen werden gefördert. Die blitzsaubere Anlage wurde mit energieeffizienten Baustoffen errichtet und ist das größte Kühllager dieser Art in Afrika (ohne Südafrika). Sie erfüllt die Kriterien von Leadership in Energy and Environmental Design, ein weltweites Zertifizierungsprogramm für ökologisches Bauen.

Die EIB unterzeichnete 2021 eine Kapitalbeteiligung über 15 Millionen Euro an einem Fonds, der die Anlage in Tatu baute. Dieser „Arch Cold Chain Solutions East Africa Fund“ baut Kühlhäuser in ganz Ostafrika. Dafür erhält er Mittel aus einer Investitionsfazilität, die von den EU-Ländern finanziert wird.  Die Anlage in Tatu ist das Kronjuwel des East Africa Fund und ein Vorzeigeprojekt von Kenias Programm „Vision 2030“. Das Kühllager ist auch ein Meilenstein für den kenianischen Beitrag zu einem der wichtigsten UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung: den Hunger beenden.

Kenias Verfassung garantiert allen das Recht auf ein Leben ohne Hunger und auf Zugang zu guter Nahrung. In einigen Teilen Afrikas verderben mehr als 50 Prozent der Lebensmittel, bevor sie verzehrt werden. Weil Kühlmöglichkeiten fehlen. Voll betriebsbereit, wird Cold Chain Bananen, Äpfel, Avocados, Geflügelfleisch und andere verderbliche Lebensmittel lagern. Das Kühlhaus wird Ware für Restaurants aufbewahren und Pharmaunternehmen helfen, vor allem solchen, die Coronaimpfstoffe lagern.

In Kenia wird viel dafür getan, die Lagerung und den Transport von Nahrung sicherer zu machen, so Geoffrey Emungat
„Bei manchen Jobs ist es schwer. Die Konkurrenz ist so groß, dass Frauen keine Chance bekommen.“
Rusbellah Abunya

Gabelstapler-Fahrerin in Tatu

„Eine unsichere Lebensmittelversorgung schafft viele Probleme in der Gesellschaft, und bei der Kühlung klafft noch eine große Lücke“, erklärt Lagerleiter Geoffrey Emungat auf dem Weg durch die große Halle. „Staat und Privatwirtschaft legen sich wirklich ins Zeug, um die Lagerung und den Transport von Lebensmitteln sicherer zu machen. Mit unserer Anlage hier wollen wir aber auch etwas für die Gesellschaft und für das Klima tun. Ich bin stolz auf meinen Beitrag.“

Große Kühlsysteme haben in puncto Umweltfreundlichkeit bislang nicht den besten Ruf, auch weil sie viel Energie verbrauchen. Bei Cold Chain liefern Solarmodule 20 Prozent der Energie für das Kühllager. Den Rest bezieht die Anlage größtenteils aus Erdwärme und Wasserkraftwerken. Und als Kältemittel wird Ammoniak verwendet, das nicht direkt zur Erderwärmung beiträgt.

„Ich würde mich ganz sicher wehren, wenn es hieße: ‚Das ist kein Job für eine Frau‘, sagt Gabelstapler-Fahrerin Rusbellah Abunya

Im weitläufigen Lagerhaus in Tatu hebt Rusbellah Abunya mit ihrem Gabelstapler Waren in mehr als fünf Meter hohe Regale. „Bei manchen Jobs ist es schwer. Die Konkurrenz ist so groß, dass Frauen keine Chance bekommen“, sagt sie oben von ihrem Sitz aus. „Kenianische Frauen sind stark und eigenständig. „Ich würde mich ganz sicher wehren, wenn es hieße: ‚Das ist kein Job für eine Frau‘“

Zoom auf Kenia

  • Landwirtschaft ist der Motor der Wirtschaft
  • Nahrungsmittelversorgung, Produktion, bezahlbares Wohnen und Gesundheit sind die Prioritäten des Landes
  • Ziel ist 100 Prozent erneuerbare Energie bis zum Ende des Jahrzehnts
  • Führend bei Erdwärme und mobilen Zahlungssystemen
Der Stadtteil Westlands in Nairobi

Innovationen für eine offene Gesellschaft

 

Vert ist ein Mangoverarbeiter in Machakos, rund eine Autostunde von Nairobi entfernt. Auch diese Firma expandiert und bringt das Land voran. Dafür erhielt sie einen Kredit von der Equity Bank, einem führenden Finanzierer von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben im Land. Die Equity Bank unterzeichnete 2019 eine 25-Millionen-Euro-Finanzierung mit der EIB und 2020 eine weitere in gleicher Höhe – beide aus der Kenya Agriculture Value Chain Facility und ergänzt durch EU-Zuschüsse. Das EU-geförderte Programm unterstützt Agrarbetriebe bei der Modernisierung. Es hilft Kleinbäuerinnen und -bauern, ihre Methoden zu verbessern, fördert eine gerechtere Gesellschaft und richtet sich auch an junge Menschen. 

Vert beliefert große Saftproduzenten wie Coca-Cola und vertreibt auch Trockenobst. Das Unternehmen arbeitet mit über 5 000 Kleinbetrieben zusammen, die meist nur wenige Hektar bewirtschaften. Aus Umweltgründen heizt es mit Samen- und Mangoschalen und macht sich mit Solarmodulen weniger abhängig vom nationalen Stromnetz. Vert stellt vorrangig Frauen ein und kooperiert mit Höfen in weiblicher Hand, damit sich mehr Frauen für die Betriebsführung entscheiden.

„Kenia will ein Umfeld, in dem es Frauen leichter in die Wirtschaft schaffen und zeigen können, wozu sie imstande sind“, erklärt Vert-Geschäftsführerin Jane Maina.

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„Kenia will ein Umfeld, in dem es Frauen leichter schaffen“, sagt Jane Maina, die in ihrem Mangobetrieb vorrangig Frauen einstellt“

„Es liegt an der Wirtschaft“

Jackline Musyoka hat einen Abschluss in Mikrobiologie und Biotechnologie. Sie arbeitet als Laboranalytikerin bei Vert. Viele ihrer Freundinnen suchen gerade einen Job – nicht unbedingt, weil sie als Frauen benachteiligt werden, sondern wegen der schwierigen Wirtschaftslage.

„Ich bin optimistisch, was die Zukunft angeht, aber im Moment ist es für viele von uns schwer“, sagt Musyoka, bevor sie sich wieder den großen Fässern mit Mangomark zuwendet, die an ein Werk von Coca-Cola geliefert werden sollen. „Es liegt an der Wirtschaft.“ Das belastet die Leute. Es ist hart. Alle haben zu kämpfen.

„Ich bin optimistisch, was die Zukunft angeht.“

Jackline Musyoka
Laboranalytikerin bei Vert

Innovative Versicherungen für bäuerliche Kleinbetriebe

Universitätsprofessor Iraki glaubt an eine wirtschaftliche Besserung, wenn Kenia über die Landesgrenzen hinaus und global denkt.

„Wenn Sie sich andere Länder in Afrika ansehen, wie Ruanda oder Uganda“, sagt er, „dann ist Kenia ihnen um Längen voraus.“

Auch Pula, ein Versicherungsanbieter für kleine Agrarbetriebe, will durch mehr Innovation wachsen und drängende Probleme der Gesellschaft lösen. Kleinbäuerinnen und -bauern haben oft kein Sicherheitsnetz. Wenn sie der Klimawandel mit Starkregen, Hitzewellen oder Dürre trifft, straucheln sie schnell.

„Das sind Menschen, die für den täglichen Eigenbedarf wirtschaften und vielleicht ein bisschen etwas verkaufen, damit sie das Schulgeld bezahlen können“, erklärt Faith Kinuthia, Außendienstleiterin bei Pula.

Bei einem Besuch im County Nakuru, rund vier Autostunden nördlich von Nairobi, wird das sichtbar. Kinuthia erklärt: „Versicherungen schützen die Kleinbetriebe vor vielen Risiken und Schäden etwa durch Dürre, Schädlinge und Krankheiten. Wenn Schädlinge die Ernte vernichten, stehen sie vor dem Nichts. Die Leute hier spüren die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt.“

„Die Leute hier spüren die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt.“

Faith Kinuthia
Außendienstleiterin bei Pula

Mit Hightech gegen den Klimawandel

Kleinbäuerinnen und -bauern stellen einen großen Teil der Arbeitskräfte in Kenia. Die Landwirtschaft ist der Hauptmotor für wirtschaftliche Aktivität, Beschäftigung und Exporte. Sie bringt mehr als 40 Prozent der Bevölkerung in Lohn und Brot, auf dem Land sogar 70 Prozent, und erwirtschaftet über 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 

Pula hilft denen, die es am dringendsten brauchen, mit:

  • Technologien zur schnellen Bewertung von Ernteschäden
  • digitalen Tools und agrarfachlicher Beratung, um Methoden zu verbessern
  • mobilen Apps, über die der Außendienst enger mit den Bäuerinnen und Bauern zusammenarbeiten kann 

Diese Angebote sind wichtig, weil der Klimawandel zunehmend Existenzgrundlagen gefährdet. 

Teresiah Wambui (links) wartet mit ihrer Mutter, während Außendienstkräfte von Pula ihre Maisproduktion messen und prüfen, ob Anspruch auf eine Versicherungszahlung besteht

Klimaversicherung

Dominick Wanyoike betreibt eine winzige Maisfarm im County Nakuru. Die meisten hier sind Kleinbauern und leben von weniger als fünf Hektar Land. Der Wetterwandel trifft in Kenia vor allem kleine Betriebe, sagt Wanyoike, während er im Garten vor seinem Haus mit bloßen Händen die Körner aus einem Häufchen Maisspelzen löst. 

„Vor wenigen Jahren blieb der Regen aus, den wir wie immer erwarteten. Da war uns klar: Wir brauchen eine Versicherung“, erinnert sich Wanyoike. „Die Ernte war so schmal, dass wir kaum über die Runden kamen, und die immer häufigeren Dürren machen uns das Leben schwer.“

„Immer mehr Dürren machen uns das Leben schwer.“

Dominick Wanyoike
Bauer im County Nakuru

Pula brachte seine Versicherungen für bäuerliche Kleinbetriebe in Kenia 2015 auf den Markt und expandiert jetzt in andere Länder der Region. Die Versicherungen sind in die Saat- und Düngerkosten integriert oder mit staatlichen Zuschüssen kombiniert und dementsprechend günstig. Liegen die Erträge unter einer bestimmten Schwelle, werden die Bauern entschädigt.

Unterstützung erhält Pula vom Africa Fund der Risikokapitalgesellschaft TLcom, der sich auf Technologieunternehmen in der Expansionsphase fokussiert. Die EIB ist ein Hauptinvestor in TLcom. 2016 beteiligte sie sich mit 10 Millionen Euro. Derzeit prüft sie eine weitere Beteiligung, um mehr jungen afrikanischen Firmen zu helfen. Diese Beteiligung fällt unter die Fazilität Boost Africa, die von der Europäischen Kommission finanziert wird.

„Es ist wichtig, dass wir die Beziehungen zu den Kleinbäuerinnen und -bauern weiter ausbauen und uns um sie kümmern“, sagt Außendienstleiterin Kinuthia. „So bleiben alle im Geschäft. Die Landwirtschaft ist schließlich unser Rückgrat in Kenia.“

Ein Farmhelfer im County Nakuru, rund vier Autostunden nördlich von Nairobi

Verkehrswende in Kenia

Der Klimawandel, der Kleinbauern so zu schaffen macht, ist auch ein wichtiger Aspekt hinter dem städtischen Leuchtturm-Projekt des Landes: dem neuen Busnetz und seiner vollelektrischen Linie. 

Nairobis Straßen sind oft verstopft, und in den Stoßzeiten kriecht der Verkehr. Es gibt kaum Stadtbusse, keine Straßen- oder U-Bahn und nur ein rudimentäres Bahnnetz. Die meisten Menschen steigen deshalb in private Minivans oder Kleinbusse, die Matatus, oder gleich ins eigene Auto. Mit der wachsenden Bevölkerung nehmen auch Staus, Fahrzeiten, Lärm und Luftverschmutzung zu.

„Der Staat bemüht sich wirklich, die Situation zu verbessern“, beteuert Joseph Kochalle, Straßenbauingenieur bei der Verkehrsbehörde für den Großraum Nairobi. „Es ist sehr, sehr mühsam, in Nairobi von A nach B zu kommen.“

„Das neue Busnetz in Nairobi wird den Menschen und der Wirtschaft im Großraum helfen. Es wird die Luft verbessern und Staus lindern, denn zurzeit ist der Verkehr ein Chaos“, sagt er in einem Restaurant im Westlands-Viertel mitten in Nairobi, nur wenige Meter von einem der hektischsten informellen Busbahnhöfe entfernt. „Das wird auch andere Ballungsräume anspornen, die nachziehen, wie Mombasa und Kisumu.“ 

Ende des Jahrzehnts sollen die Arbeiten für die fünf neuen Buslinien in Nairobi abgeschlossen sein. Geplant waren sie schon seit 2014, deshalb wollen die Menschen in der Stadt und die Verkehrsbehörden, dass es jetzt endlich vorangeht. Das neue, moderne Busnetz und die E-Bus-Linie sollen ein afrikanisches Vorbild für einen effizienten grünen Verkehr werden, hofft Kenia.

„Eine große Hilfe in meinem Leben“

Carolyne Omondi steht nervös an einer belebten Hauptstraße im Zentrum Nairobis und wartet nach ihrem Arbeitstag darauf, den langen Heimweg anzutreten. Autos, Lieferwagen, Lkws und Schwertransporter rauschen eng an ihr vorbei, während sie nach einem Bus Ausschau hält. Wie all die anderen Pendler in der langen Schlange hofft sie auf einen Platz in einem der Matatus, obwohl die oft alt, klapprig und unbequem sind.

Carolyne Omondi wartet auf einen Bus zur informellen Siedlung Kibera in Nairobi: „Es ist nicht einfach, nach der Arbeit nach Hause zu kommen.“

„Das ist nicht angenehm hier, vor allem abends nach der Arbeit“, sagt Omondi. Sie arbeitet als Zahnarzthelferin in der Innenstadt und wohnt im Olympic Estate, einem Teil von Kibera. Bis dahin sind es eigentlich nur neun Kilometer, aber durch den Verkehr und die langen Busschlangen braucht sie mindestens eine Stunde. „Du bist müde und musst zusehen, dass du einen Bus findest“, sagt sie. „Die Leute sind so aggressiv, und sicher ist es hier auch nicht. Es gibt Taschendiebe.“

Omondi wünschte, sie müsste weniger Zeit auf der Straße verbringen. Dann hätte sie mehr Zeit, zu lernen, für ihr eigentliches Berufsziel Zahnärztin.

„Bessere Busse wären eine große Hilfe in meinem Leben“, seufzt sie.