„Meine Arbeit hilft vielen Menschen in Kenia im täglichen Leben.“
Finanzschub für grüne Energietechnik aus Kenia
Kenia will die Erdwärme weiter ausbauen und exportiert außerdem technisches Know-how rund um Strom und grüne Energie in andere afrikanische Länder. Kaum jemand fördert geothermische Anlagen in Kenia so sehr wie die EIB, die seit den 1980er-Jahren mehrmals massiv investiert hat. 2017 finanzierte sie mehrere Bohrungen und Dampfsammelsysteme am Standort Olkaria.
Die Bank unterstützte auch Afrikas größten Windpark in einem heißen und trockenen Teil Nordkenias, am Turkana-See. 2014 vergab sie dafür einen Kredit von 225 Millionen Euro – für das gut zehnjährige Projekt eine kräftige Finanz- und Vertrauensspritze. Die EU schoss 25 Millionen Euro aus dem Treuhandfonds für die Infrastrukturpartnerschaft EU-Afrika zu. Heute stehen auf dem Gelände über 300 Windkraftanlagen, die mehr als eine Million Haushalte mit Strom versorgen.
Anna Mwangi arbeitet als Geophysikerin im Kraftwerk Olkaria. Sie fördert aktiv junge Frauen im Energiesektor und sieht für sie gute Karrierechancen in der Branche. Teilhabe sei ein großes Thema in der kenianischen Gesellschaft und Wirtschaft, berichtet sie. Denn immer mehr Frauen fordern Gleichbehandlung bei gleicher Arbeit. Mwangi arbeitet seit fast 15 Jahren beim staatlichen Stromversorger Kenya Electricity Generating. Die Einstellungen zu den Geschlechtern haben sich in dieser Zeit gewandelt und verändern sich weiter. „Kenia ist nicht nur im Energiesektor führend“, freut sie sich, „sondern auch bei der Stärkung von Frauen in diesem Bereich und bei der Anerkennung ihrer Ressourcen.“
Aber es bleibt noch immer viel zu tun. „Frauen müssen noch immer zehnmal so hart arbeiten, um auf meinem Gebiet wahrgenommen zu werden“, sagt Mwangi. „Ich habe es geschafft, aber jetzt muss ich auch denen helfen, die nach mir kommen. Wir müssen uns bei der Hand nehmen. Die nächsten machen es vielleicht anders als ich, aber wir können ihnen den Weg bereiten.“
Zoom auf Kenia
- Landwirtschaft ist der Motor der Wirtschaft
- Nahrungsmittelversorgung, Produktion, bezahlbares Wohnen und Gesundheit sind die Prioritäten des Landes
- Ziel ist 100 Prozent erneuerbare Energie bis zum Ende des Jahrzehnts
- Führend bei Erdwärme und mobilen Zahlungssystemen
Innovationen für eine offene Gesellschaft
Vert ist ein Mangoverarbeiter in Machakos, rund eine Autostunde von Nairobi entfernt. Auch diese Firma expandiert und bringt das Land voran. Dafür erhielt sie einen Kredit von der Equity Bank, einem führenden Finanzierer von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben im Land. Die Equity Bank unterzeichnete 2019 eine 25-Millionen-Euro-Finanzierung mit der EIB und 2020 eine weitere in gleicher Höhe – beide aus der Kenya Agriculture Value Chain Facility und ergänzt durch EU-Zuschüsse. Das EU-geförderte Programm unterstützt Agrarbetriebe bei der Modernisierung. Es hilft Kleinbäuerinnen und -bauern, ihre Methoden zu verbessern, fördert eine gerechtere Gesellschaft und richtet sich auch an junge Menschen.
Vert beliefert große Saftproduzenten wie Coca-Cola und vertreibt auch Trockenobst. Das Unternehmen arbeitet mit über 5 000 Kleinbetrieben zusammen, die meist nur wenige Hektar bewirtschaften. Aus Umweltgründen heizt es mit Samen- und Mangoschalen und macht sich mit Solarmodulen weniger abhängig vom nationalen Stromnetz. Vert stellt vorrangig Frauen ein und kooperiert mit Höfen in weiblicher Hand, damit sich mehr Frauen für die Betriebsführung entscheiden.
„Kenia will ein Umfeld, in dem es Frauen leichter in die Wirtschaft schaffen und zeigen können, wozu sie imstande sind“, erklärt Vert-Geschäftsführerin Jane Maina.
„Es liegt an der Wirtschaft“
Jackline Musyoka hat einen Abschluss in Mikrobiologie und Biotechnologie. Sie arbeitet als Laboranalytikerin bei Vert. Viele ihrer Freundinnen suchen gerade einen Job – nicht unbedingt, weil sie als Frauen benachteiligt werden, sondern wegen der schwierigen Wirtschaftslage.
„Ich bin optimistisch, was die Zukunft angeht, aber im Moment ist es für viele von uns schwer“, sagt Musyoka, bevor sie sich wieder den großen Fässern mit Mangomark zuwendet, die an ein Werk von Coca-Cola geliefert werden sollen. „Es liegt an der Wirtschaft.“ Das belastet die Leute. Es ist hart. Alle haben zu kämpfen.
Innovative Versicherungen für bäuerliche Kleinbetriebe
Universitätsprofessor Iraki glaubt an eine wirtschaftliche Besserung, wenn Kenia über die Landesgrenzen hinaus und global denkt.
„Wenn Sie sich andere Länder in Afrika ansehen, wie Ruanda oder Uganda“, sagt er, „dann ist Kenia ihnen um Längen voraus.“
Auch Pula, ein Versicherungsanbieter für kleine Agrarbetriebe, will durch mehr Innovation wachsen und drängende Probleme der Gesellschaft lösen. Kleinbäuerinnen und -bauern haben oft kein Sicherheitsnetz. Wenn sie der Klimawandel mit Starkregen, Hitzewellen oder Dürre trifft, straucheln sie schnell.
„Das sind Menschen, die für den täglichen Eigenbedarf wirtschaften und vielleicht ein bisschen etwas verkaufen, damit sie das Schulgeld bezahlen können“, erklärt Faith Kinuthia, Außendienstleiterin bei Pula.
Bei einem Besuch im County Nakuru, rund vier Autostunden nördlich von Nairobi, wird das sichtbar. Kinuthia erklärt: „Versicherungen schützen die Kleinbetriebe vor vielen Risiken und Schäden etwa durch Dürre, Schädlinge und Krankheiten. Wenn Schädlinge die Ernte vernichten, stehen sie vor dem Nichts. Die Leute hier spüren die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt.“
Mit Hightech gegen den Klimawandel
Kleinbäuerinnen und -bauern stellen einen großen Teil der Arbeitskräfte in Kenia. Die Landwirtschaft ist der Hauptmotor für wirtschaftliche Aktivität, Beschäftigung und Exporte. Sie bringt mehr als 40 Prozent der Bevölkerung in Lohn und Brot, auf dem Land sogar 70 Prozent, und erwirtschaftet über 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Pula hilft denen, die es am dringendsten brauchen, mit:
- Technologien zur schnellen Bewertung von Ernteschäden
- digitalen Tools und agrarfachlicher Beratung, um Methoden zu verbessern
- mobilen Apps, über die der Außendienst enger mit den Bäuerinnen und Bauern zusammenarbeiten kann
Diese Angebote sind wichtig, weil der Klimawandel zunehmend Existenzgrundlagen gefährdet.
Klimaversicherung
Dominick Wanyoike betreibt eine winzige Maisfarm im County Nakuru. Die meisten hier sind Kleinbauern und leben von weniger als fünf Hektar Land. Der Wetterwandel trifft in Kenia vor allem kleine Betriebe, sagt Wanyoike, während er im Garten vor seinem Haus mit bloßen Händen die Körner aus einem Häufchen Maisspelzen löst.
„Vor wenigen Jahren blieb der Regen aus, den wir wie immer erwarteten. Da war uns klar: Wir brauchen eine Versicherung“, erinnert sich Wanyoike. „Die Ernte war so schmal, dass wir kaum über die Runden kamen, und die immer häufigeren Dürren machen uns das Leben schwer.“
Pula brachte seine Versicherungen für bäuerliche Kleinbetriebe in Kenia 2015 auf den Markt und expandiert jetzt in andere Länder der Region. Die Versicherungen sind in die Saat- und Düngerkosten integriert oder mit staatlichen Zuschüssen kombiniert und dementsprechend günstig. Liegen die Erträge unter einer bestimmten Schwelle, werden die Bauern entschädigt.
Unterstützung erhält Pula vom Africa Fund der Risikokapitalgesellschaft TLcom, der sich auf Technologieunternehmen in der Expansionsphase fokussiert. Die EIB ist ein Hauptinvestor in TLcom. 2016 beteiligte sie sich mit 10 Millionen Euro. Derzeit prüft sie eine weitere Beteiligung, um mehr jungen afrikanischen Firmen zu helfen. Diese Beteiligung fällt unter die Fazilität Boost Africa, die von der Europäischen Kommission finanziert wird.
„Es ist wichtig, dass wir die Beziehungen zu den Kleinbäuerinnen und -bauern weiter ausbauen und uns um sie kümmern“, sagt Außendienstleiterin Kinuthia. „So bleiben alle im Geschäft. Die Landwirtschaft ist schließlich unser Rückgrat in Kenia.“
Verkehrswende in Kenia
Der Klimawandel, der Kleinbauern so zu schaffen macht, ist auch ein wichtiger Aspekt hinter dem städtischen Leuchtturm-Projekt des Landes: dem neuen Busnetz und seiner vollelektrischen Linie.
Nairobis Straßen sind oft verstopft, und in den Stoßzeiten kriecht der Verkehr. Es gibt kaum Stadtbusse, keine Straßen- oder U-Bahn und nur ein rudimentäres Bahnnetz. Die meisten Menschen steigen deshalb in private Minivans oder Kleinbusse, die Matatus, oder gleich ins eigene Auto. Mit der wachsenden Bevölkerung nehmen auch Staus, Fahrzeiten, Lärm und Luftverschmutzung zu.
„Der Staat bemüht sich wirklich, die Situation zu verbessern“, beteuert Joseph Kochalle, Straßenbauingenieur bei der Verkehrsbehörde für den Großraum Nairobi. „Es ist sehr, sehr mühsam, in Nairobi von A nach B zu kommen.“
„Das neue Busnetz in Nairobi wird den Menschen und der Wirtschaft im Großraum helfen. Es wird die Luft verbessern und Staus lindern, denn zurzeit ist der Verkehr ein Chaos“, sagt er in einem Restaurant im Westlands-Viertel mitten in Nairobi, nur wenige Meter von einem der hektischsten informellen Busbahnhöfe entfernt. „Das wird auch andere Ballungsräume anspornen, die nachziehen, wie Mombasa und Kisumu.“
Ende des Jahrzehnts sollen die Arbeiten für die fünf neuen Buslinien in Nairobi abgeschlossen sein. Geplant waren sie schon seit 2014, deshalb wollen die Menschen in der Stadt und die Verkehrsbehörden, dass es jetzt endlich vorangeht. Das neue, moderne Busnetz und die E-Bus-Linie sollen ein afrikanisches Vorbild für einen effizienten grünen Verkehr werden, hofft Kenia.
„Eine große Hilfe in meinem Leben“
Carolyne Omondi steht nervös an einer belebten Hauptstraße im Zentrum Nairobis und wartet nach ihrem Arbeitstag darauf, den langen Heimweg anzutreten. Autos, Lieferwagen, Lkws und Schwertransporter rauschen eng an ihr vorbei, während sie nach einem Bus Ausschau hält. Wie all die anderen Pendler in der langen Schlange hofft sie auf einen Platz in einem der Matatus, obwohl die oft alt, klapprig und unbequem sind.
„Das ist nicht angenehm hier, vor allem abends nach der Arbeit“, sagt Omondi. Sie arbeitet als Zahnarzthelferin in der Innenstadt und wohnt im Olympic Estate, einem Teil von Kibera. Bis dahin sind es eigentlich nur neun Kilometer, aber durch den Verkehr und die langen Busschlangen braucht sie mindestens eine Stunde. „Du bist müde und musst zusehen, dass du einen Bus findest“, sagt sie. „Die Leute sind so aggressiv, und sicher ist es hier auch nicht. Es gibt Taschendiebe.“
Omondi wünschte, sie müsste weniger Zeit auf der Straße verbringen. Dann hätte sie mehr Zeit, zu lernen, für ihr eigentliches Berufsziel Zahnärztin.
„Bessere Busse wären eine große Hilfe in meinem Leben“, seufzt sie.