Zurück zur Natur – die Emscher, einer der schmutzigsten Flüsse Europas, wird wieder sauber
Hier erfahren Sie, wie eine Flussrenaturierung im Ruhrgebiet eine von der Industrialisierung geschundene Landschaft neu erblühen lässt.
- Der Fluss wird wieder zum Rückzugsgebiet für Mensch und Tier.
- Pumpwerke fördern 20 000 Liter Abwasser pro Sekunde.
- Nach Jahrzehnten schwerer Umweltverschmutzung kehrt die Natur zurück.
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„Future Europe“ stellt jedes der 28 EU-Länder in einem Podcast vor. In jeder Folge geht es um ein Projekt, das zeigt, wie wir künftig in Europa leben werden. Darüber sprechen wir mit Menschen, die die Projekte selbst kennen.
Dunkelbraun und übelriechend
Uli Paetzel blickt über die spiegelglatte Oberfläche des Dortmunder Phoenix-Sees. Inmitten üppigen Grüns schlängeln sich Wege am See entlang.
„Vor zehn Jahren stand hier noch ein Stahlwerk mit dreitausend Beschäftigten“, berichtet Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft, des mit dem Umbau des Areals betrauten Wasserwirtschaftsverbands. „Damals war hier alles dunkelbraun, und es roch übel. Heute ist es richtig schön hier, und die Leute kommen gerne hierher.“
Dortmund stand viele Jahre für Kohle, Stahl und Bier, den „Dortmunder Dreiklang“. Nach dem Niedergang des Bergbaus ist die Stadt nun Teil eines gigantischen Renaturierungsprojekts, welches das Gesicht des einst stark industrialisierten Ruhrgebiets nachhaltig verändern soll.
Das Projekt ist auf dreißig Jahre angelegt und eines der größten Infrastrukturvorhaben, die derzeit in Deutschland durchgeführt werden. Sein ehrgeiziges und hochgestecktes Ziel: die Region und ihren Fluss wieder in einen naturnahen Zustand zurückzuführen.
Paradebeispiel für das, was das Projekt will und was es bereits erreicht hat, ist der Phoenix-See. Für die Anwohner ist er ein Naherholungsgebiet, der Stadt dient er als Hochwasserrückhaltebecken. Durch die attraktive Lage sind auch Wohn- und Gewerbegebiete am See entstanden.
Von örtlichen Weinliebhabern wurde sogar ein Weinberg gepflanzt, nur wenige Meter vom Seeufer entfernt.
Ökologischer Flussumbau à la Nordrhein-Westfalen
Das Ruhrgebiet ist das historische industrielle Herz Deutschlands. In der Emscher entsorgten Fabriken, Schlachthäuser, Bergwerke und die Anwohner viele Jahre ihre Abwässer und Abfälle.
Eine wichtige Rolle spielte beim Umbau die Einbindung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Mitunter führte das zu einfallsreichen Lösungen. So ist im BernePark rund um ein altes Bottroper Klärwerk eine wunderschöne Parkanlage entstanden. In deren „Parkhotel“ können die Gäste sogar in zu Hotelzimmern umgewandelten Kanalrohren schlafen.
Sebastian Ortmann, Landschaftsplaner der Emschergenossenschaft, kommt aus Bottrop. Ihn erfüllt das Projekt beruflich wie persönlich mit Befriedigung. „Ich bin sehr stolz auf dieses Projekt. Wenn der Fluss wieder seinem alten Lauf folgt, werden die Leute hier wieder stolz auf ihre Städte und Landschaften sein und sich dieser Region wirklich zugehörig fühlen.“
Ein ökologisches Mammutprojekt
Das Darlehen der Europäischen Investitionsbank war für die Emschergenossenschaft in vier Bereichen von entscheidender Bedeutung:
- Entwicklung neuer Freizeitanlagen und Wohngebiete, wo früher Industrieanlagen standen
- Bau von 430 Kilometern unterirdischer Abwasserkanäle
- Renaturierung von Flussböschungen und Flusslandschaften auf mehr als 320 Kilometern
- Bau von vier Kläranlagen
Die EIB hat für den Emscher-Umbau 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Für Peter Bernsdorff, EIB-Kreditreferent für den öffentlichen Sektor in Deutschland, war das Projekt eine große Herausforderung für die Bank – die Bank aber auch der ideale Partner für das Projekt. „Es ist eine Mammutaufgabe, technisch und finanziell, deshalb wollte die EIB von Anfang an mit im Boot sein.“
Die Zusammenarbeit zwischen der Emschergenossenschaft und der EIB war für Deutschland, die Region an der Emscher und ihre mehr als zwei Millionen Menschen eine wertvolle Erfahrung. Das Projekt wird noch viele Jahre seine positive Wirkung entfalten, meint Uli Paetzel. „Europa hat eine glänzende Zukunft vor sich, wenn wir zusammenarbeiten, wenn Teilhabe wirklich gelebt wird. Wir haben mit der Wasserwirtschaft die Region verändert. Ohne die Hilfe der EIB wäre das nicht möglich gewesen. Dieses Projekt könnte ein Vorbild für Europa sein.“