Italienischer Stromversorger will mit neuen Ladestationen die „Reichweitenangst“ überwinden und mehr Elektroautos auf die Straße bringen
Italien erhält sein erstes Netz aus Ladestationen für Elektrofahrzeuge und macht so die Elektromobilität attraktiv.
- Der bisherige Nachzügler wird damit zum Vorreiter in Sachen Elektromobilität in der EU
- Die neue Ladeinfrastruktur soll den Umstieg auf Elektrofahrzeuge erleichtern
- Die Verkaufszahlen von Elektroautos haben sich in nur wenigen Monaten bereits verdoppelt
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„Future Europe“ stellt jedes der 28 EU-Länder in einem Podcast vor. In jeder Folge geht es um ein Projekt, das zeigt, wie wir künftig in Europa leben werden. Darüber sprechen wir mit Menschen, die die Projekte selbst kennen.
„Wir bauen in Italien ein Ladenetz auf, weil wir dem Markt auf die Sprünge helfen wollen. Und das haben wir auch geschafft: Binnen weniger Monate haben sich die Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen verdoppelt. Die Elektromobilität nimmt also wirklich Fahrt auf.“
Alberto Piglia ist mehr als zufrieden. Piglia leitet den Bereich Elektromobilität bei Enel X in Rom, dem Unternehmen, das in ganz Italien Ladestationen für Elektrofahrzeuge installiert.
Enel X hat damit einen Teufelskreis durchbrochen: Ohne Ladeinfrastruktur wollten die Hersteller keine Elektroautos bauen. Und ohne Autos brauchte man keine Ladestationen. So war Elektromobilität in Italien bis vor Kurzem kaum ein Thema. Dank Enel X dürfte sich das nun ändern.
Dabei reagiert das Unternehmen nicht einfach auf bereits vorhandene Nachfrage, sondern denkt voraus: Es will die Menschen zum Kauf von Elektroautos bewegen.
Die Angst vor langen Strecken
Mit dem dichten Netz von Ladestationen in Städten und Dörfern in ganz Italien soll den Fahrerinnen und Fahrern vor allem die Reichweitenangst genommen werden – die Angst vor langen Strecken.
Wurde bislang kritisiert, dass sich Elektroautos nur für kurze Fahrten in Ballungsgebieten eignen, so ist dieser Einwand mittlerweile überholt. Die Gefahr, wegen einer leeren Batterie auf halber Strecke liegenzubleiben, wird mit dem neuen Ladenetz in Italien verschwindend gering.
Gilda Conzuelo, Kreditreferentin bei der EIB in Rom, sieht in dem Projekt einen weiteren Vorteil: Es trägt dazu bei, die Luftverschmutzung zu reduzieren und strengere Emissionsvorschriften zu erfüllen. „Die EU will strengere Ziele für CO2-Emissionen. Wenn die Automobilhersteller diese Ziele erreichen wollen, müssen sie mehr Elektrofahrzeuge herstellen. Das tun sie aber erst, wenn es eine funktionierende Infrastruktur dafür gibt.“
Das wird nun bald der Fall sein: 14 000 Ladestationen werden in ganz Italien installiert, auch in ländlichen Gebieten. Damit sind nun auch lange Strecken kein Problem mehr für Elektroautos. Auch die Entwicklung entsprechender Technologie ist Teil des Projekts. So zeigt eine Smartphone-App von Enel X an, wo die nächste Ladestation steht.
Ein landesweites Ladenetz zu errichten ist aufwendig und teuer. Daher erhält Enel X Unterstützung von der EIB – in Form eines Kredits über 115 Millionen Euro mit zehn Jahren Laufzeit. Die EIB hat dabei mit Enel X einen passenden Partner gefunden, erklärt Conzuelo. „Enel ist der führende Energieversorger in Italien und verfügt daher über die entsprechende Größe und Erfahrung und die nötigen Ressourcen für so ein Projekt.“
Andersherum ist die EIB auch der richtige Partner für Enel X, betont Alberto Piglia: „Die Finanzkraft der EIB ist nicht das einzige Argument. Wir brauchen vor allem einen Partner, der fortschrittlich denkt und offen für Neues ist – auch wenn damit eine gewisse Unsicherheit verbunden ist.“
Dank der Zusammenarbeit von EIB und Enel X sieht die Zukunft für die Elektromobilität vielversprechend aus – nicht nur in Italien. Conzuelo: „Wenn man landesweite Netze baut, wie hier in Italien, dann fördert man die Elektromobilität nicht nur national, sondern langfristig in ganz Europa. Daher geht es bei diesem Projekt um mehr als nur Ladestationen. Es geht um all die neuen Möglichkeiten, die es für die Zukunft eröffnet.“