Tallinns kleiner Flughafen lässt Europas große Drehkreuze hinter sich
Tallinns Flughafen ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Europa und Asien:
- Trotz seiner Lage am Rande Europas lässt Tallinn größere Flughäfen hinter sich – das Passagieraufkommen wuchs in nur einem Jahr um 20 Prozent
- Gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank investierte der Flughafen in eine smarte Infrastruktur
- Mit seiner nördlichen Lage kann Tallinn im Wettbewerb mit größeren europäischen Flughäfen punkte
Diese und alle anderen Folgen unseres Podcasts in englischer Sprache finden Sie in iTunes, Spotify und Acast.
„Future Europe“ stellt jedes der 28 EU-Länder in einem Podcast vor. In jeder Folge geht es um ein Projekt, das zeigt, wie wir künftig in Europa leben werden. Darüber sprechen wir mit Menschen wie Piret Mürk-Dubout, die die Projekte selbst kennen.
Ein Terminal, das wächst und wächst
Wer nach Estland will, muss hoch in den Norden Europas. Dort lockt das kleine Land mit gerade einmal 1,3 Millionen Einwohnern trotz seiner Lage immer mehr Reisende in seine mittelalterliche Hauptstadt Tallinn. Großen Anteil daran hat der gut ausgebaute Flughafen, der nur vier Kilometer von der kopfsteingepflasterten Altstadt entfernt liegt.
Sein einziges Terminal erfreut sich seit einigen Jahren immer größerer Beliebtheit. Allein 2017 stieg das Passagieraufkommen um knapp 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für Flughafenchefin Piret Mürk-Dubout ist ein effizientes, einladendes Tor zur Welt unverzichtbar für das Land.
„Die gute Anbindung Estlands durch den Flughafen Tallinn ist ganz wichtig für unsere Wirtschaft. Davon profitiert die gesamte Gesellschaft“, erzählt sie im Podcast „Future Europe“ der Europäischen Investitionsbank. „Estland liegt etwas abgelegen, am Rand Europas. Deswegen brauchen wir einen attraktiven Flughafen, der höchste Sicherheit bietet und reibungslos funktioniert.“
Fit für die Zukunft
Um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten und in Zukunft noch mehr Fluggäste anzuziehen, wurde der Flughafen gezielt ausgebaut:
- Die Start- und Landebahn erhielt neue Beleuchtungs- und Entwässerungsanlagen
- Die Anzahl der Flugzeugstandplätze wurde erhöht
- Das Terminal wurde umgebaut, um größeren Komfort für mehr Flugreisende zu bieten
- Ein neues Parkhaus wurde gebaut
Das alles war nicht billig, weshalb die EIB mit einem Kredit von 30 Millionen Euro aushalf.
Die Beteiligung der EIB überzeugte letztlich auch andere Geldgeber. Marina Ismaila, die den Kredit bei der EIB betreut, ist zuversichtlich für den Flughafen.
„Die meisten kleinen Flughäfen kämpfen ums wirtschaftliche Überleben. Aber Tallinn konnte sein Investitionsprogramm wie geplant umsetzen, weil die Kreditbedingungen der EIB sehr gut waren und auch andere Investoren gefunden wurden. Jetzt schreibt der Flughafen schwarze Zahlen.“
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Der Flughafen ist aber nicht nur rentabel, sondern vor allem beliebt. Das Reiseportal „Sleeping in Airports“ wählte Tallinn 2017 zum drittbesten Flughafen in Europa und zum neuntbesten weltweit. Die Fluggäste waren begeistert von der gemütlichen Atmosphäre der landestypisch gestalteten Flugsteige: Bequeme Sessel und wandhohe Bilder mit ländlichen Motiven laden geradezu zum Warten ein. Außerdem gibt es im Terminal einen Fitnessraum und sogar eine Buchbörse.
Ein weiterer Pluspunkt: Die Zahl der Flugverbindungen von und nach Estland wächst. Viktoria, 25, aus Tallinn gibt gerade ihr Gepäck für den British-Airways-Flug nach London Heathrow auf, der seit einem Jahr angeboten wird. Viktoria empfindet die kleine Größe des Flughafens als Vorteil: „Es ist gemütlich, und man findet sich besser zurecht als auf den größeren europäischen Flughäfen. Außerdem mag ich die schöne Deko und den traditionellen Stil der Lounges.“
Tallinn will mehr Geschäftsreisende anlocken
Der Flughafen soll aber nicht nur Urlaubsreisenden gefallen. „Estland ist klein und liegt ganz am Rande Europas. Daher ist es wichtig, dass Tallinn sich als internationales Drehkreuz etabliert“, erklärt Viljar Lubi vom estnischen Wirtschaftsministerium. „Ohne Geschäftsreisende kein Wachstum.“
Lubi weist darauf hin, dass Tallinn wie sein nördlicher Nachbar Helsinki die kürzeste Flugverbindung von Europa nach Asien bietet. Darin sieht er einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für das kleine baltische Land.
„Ich spreche täglich mit Geschäftsleuten aus aller Welt. Von denen fragt niemand, was der Flug nach Estland kostet. Die interessiert einzig und allein, wie lange es dauert. Und da kann der Flughafen wirklich punkten.“
Während die aktuellen Arbeiten am Flughafen noch laufen, werden bereits die Weichen für die Zukunft gestellt. Für Viljar Lubi führt daran kein Weg vorbei. „Jeder zusätzliche Passagier auf dem Flughafen kurbelt auch unsere Wirtschaft an. Wir dürfen die Hände daher nicht in den Schoß legen, denn für uns ist die Richtung klar: Wir wollen ganz hoch hinaus.