Wenn Sie Bürgermeisterin oder Bürgermeister Ihrer Stadt wären: Wie könnten Sie die CO2-Emissionen senken und die Lebensqualität verbessern? Hier eine Checkliste
Wege aus der Klimakrise 2122 wird Sie umhauen. In diesem Podcast 100 Jahre aus der Zukunft erzählen wir Ihnen, wie Sie den Klimawandel in den Griff bekommen. Mit Technologien, die schon entwickelt werden, während Sie dies hören. Abonnieren Sie „Wege aus der Klimakrise 2122“ auf Apple Podcasts, Spotify, Amazon Music oder einer der anderen großen Podcast-Plattformen. Erfahren Sie, wie Sie überleben.
Nehmen wir an, Sie sind Bürgermeisterin oder Bürgermeister einer Stadt. Sie wissen, dass der Klimawandel ein Problem ist. Wie packen Sie es an?
Sorgen Sie dafür, dass Ihre Stadt eine Klimastrategie hat. Damit sie sich an den Klimawandel anpassen kann. Sie müssen auch die CO2-Emissionen senken und klimaneutral werden. Legen Sie aber nicht einfach ein paar hochfliegende Ziele fest – wichtig sind konkrete Maßnahmen mit konkreten Investitionen, die Sie überwachen können. Dann entscheiden Sie, welche davon am dringendsten sind. Weil das Geld halt nicht für alles auf einmal reicht. (Von Klimaanpassung sprechen wir übrigens bei Projekten, mit denen wir uns für die Folgen des Klimawandels rüsten. Wenn wir die CO2-Emissionen senken, sprechen wir von Klimaschutz.)
Für die Klimastrategie müssen Sie zunächst einmal Ihre Stadtverwaltung neu aufstellen. Sie brauchen ein Klimateam, das mit allen anderen Abteilungen zusammenarbeitet. So fließt der Klimagedanke in allen Bereichen mit ein.
Wählerinnen und Wähler mögen klimafreundliche Städte
Wichtig ist, dass Sie die Menschen mitnehmen. Wenn Sie Veränderungen anstoßen, sie aber nicht gut verkaufen, dann sind Sie schnell weg vom Fenster. Und dann kommt jemand anderes ans Ruder, der womöglich alles wieder zunichtemacht.
Sagen Sie also klar und deutlich, dass die Luft besser geworden ist, weil Sie die Autoabgase verringert haben. Manche Wählerinnen und Wähler jammern vielleicht, wenn Sie den Autoverkehr einschränken. Wenn Sie aber nachweisen, dass dann weniger Kinder Asthma bekommen, werden Sie auch wiedergewählt. Das Gleiche gilt für Grünflächen. Vielen ist nicht bewusst, dass Grünflächen im Sommer kühlen und dem sogenannten Wärmeinseleffekt in Städten entgegenwirken. Außerdem finden die Leute es sicher gut, wenn ihre Kinder mehr Platz zum Spielen haben.
Dann ist da noch der Verkehr in der Stadt. Keine Sorge – über den Verkehr sprechen wir ein anderes Mal im Detail. Aber was Ihre Stadt betrifft: Schaffen Sie mehr Alternativen, sich dort zu bewegen: mit Bus und Bahn, zu Fuß, mit dem Rad oder auch mit emissionsfreien Autos. Dazu müssen Sie die Leute zum Umstieg auf die Öffentlichen bringen. Sonst müssen Sie lauter große Straßen durch die Stadt bauen, die kostbare Grünflächen verdrängen. Also investieren Sie in Elektrobusse, bauen Sie die U-Bahn- und Straßenbahn aus und schaffen Sie neue Züge dafür an. Und für die, die trotzdem das Auto nehmen wollen: Lassen Sie nur emissionsfreie Autos in die Stadt, und schränken Sie die Parkmöglichkeiten weiter ein.
Klimalösungen für nachhaltige, saubere und grüne Städte
In der letzten Folge sprach ich darüber, wie wir energieeffizienter werden. Als Bürgermeister beginnen Sie am besten mit der Sanierung öffentlicher Gebäude. Nutzen Sie auch Ihre Planungsbefugnisse! Genehmigen Sie Neubauten und neue Viertel nur, wenn sie der Kreislaufwirtschaft entsprechen. Also zum Beispiel Stahlträger und andere Teile aus alten Gebäuden wiederverwenden. Oder Sie verlangen den Anschluss an ein lokales Stromnetz, das sich aus erneuerbaren Quellen speist. Seit Russland 2022 in die Ukraine einmarschierte, wissen wir: Energieeffizienz hilft nicht nur dem Klima und mindert Energiearmut; sie erhöht auch die Versorgungssicherheit.
Vieles von alldem müssen Sie sowieso tun, weil sich Städte verändern. Jetzt ist also eine Chance, die Städte nachhaltiger, sauberer und grüner zu machen.
Welche Veränderungen meine ich?
In den 1970er-Jahren verlagerte sich viel vom Stadtzentrum in die Vororte. Die Menschen fuhren zum Einkaufen nun weiter hinaus. Autobahnen führten quer durch die Städte. Im Zeitalter des Autos ging es um Effizienz. Die war wichtiger als die Lebensqualität in der Stadt.
Durch die Pandemie hat sich vieles geändert. Jetzt bestellen die Leute vieles online. Also müssen sie zum Einkaufen gar nicht mehr rausfahren ... So geht der Trend auch wieder zu kleinen Läden um die Ecke. Und zu Häusern, die nicht an der Straße liegen, nur damit man mit dem Auto bis vor die Tür fahren kann. Stattdessen entstehen um die Häuser öffentliche Flächen. Schließlich sind die Menschen jetzt mehr daheim, weil nicht mehr alle täglich pendeln. Manche arbeiten zumindest teilweise von zu Hause aus. Deshalb müssen sie auch nicht in der Großstadt wohnen. Sie können in eine Kleinstadt ziehen, was dort die Lebensqualität verbessert.
Klimalösungen für die 15-Minuten-Stadt
Wer aber in der Großstadt bleibt, lebt vielleicht bald in einer 15-Minuten-Stadt. Das ist ein neues Stadtkonzept, das gerade Fahrt aufnimmt. Wie der Name schon sagt: Städte sollen so gestaltet werden, dass alle Alltagswege zu Fuß oder mit dem Fahrrad in 15 Minuten zu bewältigen sind. Auch in der Großstadt soll niemand 45 Minuten mit dem Bus brauchen, nur um zur Arbeit zu kommen oder zum Einkaufen. Wohnen, arbeiten, lernen, einkaufen, Freizeit und Gesundheitsversorgung – alles soll in der näheren Umgebung möglich sein. Die Folge ist eine lebendige Nachbarschaft, die den Zusammenhalt und die Ortsverbundenheit stärkt.
Außerdem geht es nicht nur den Menschen besser, wenn sie weniger unterwegs sind. Auch der Erde tut das gut. Weniger Verkehr bedeutet weniger CO2-Emissionen.
Es ändert sich schon jetzt etwas. In Paris sind bereits viele Freiflächen entstanden, und es werden noch mehr. Sie sind nicht für einen bestimmten Zweck gedacht, sondern einfach als Orte, an denen man sich trifft und in Kontakt kommt. Man will die Einrichtungen des täglichen Bedarfs näher zu den Menschen bringen, die Menschen zusammenbringen – und so die Nachbarschaft beleben.
Paris hat schon besonders abgasintensive Autos aus dem Zentrum verbannt, Rad- und Fußgängerzonen an der Seine geschaffen und viele kleine Grünflächen in der Stadt angelegt. Mehr als 40 Schulhöfe wurden in Parks umgewandelt, die für alle offen sind. Und allein seit Ausbruch der Pandemie sind mehr als 50 Kilometer Radweg hinzugekommen.
Paris ist noch besser, als Sie denken
Städte in aller Welt tun es Paris gleich, wollen fußgängerfreundlich werden und alles gut erreichbar machen. Das Ding ist nur: Diese Veränderungen müssen Sie überall angehen, nicht nur in den teuren Vierteln. Die ärmeren Stadtteile müssen von Anfang an mit dabei sein. Es geht auch nicht nur um die Hauptstädte, wie Paris, Amsterdam oder Wien. Mehr als 370 europäische Städte haben sich beworben, eine von „100 klimaneutralen Städten“ der EU zu werden, und Tausende Städte weltweit gehören dem globalen Konvent der Bürgermeister an.
All das ist auch gut für die Gesellschaft, nicht nur für das Klima. In manchen Ländern gibt es Städte, in denen man keine alten und jungen Menschen sieht, sondern nur Berufstätige. Andernorts gibt es fast nur Alte. All das, was ich Ihnen als Bürgermeister nun geraten habe, soll ein Gleichgewicht schaffen – einen guten Bevölkerungsmix und eine gute Mischung aus Geschäfts- und Wohngebäuden. Außerdem auch bezahlbaren Wohnraum für Menschen, die in Schlüsselberufen arbeiten.
Denken Sie daran: Abonnieren Sie „Wege aus der Klimakrise 2122“. Auf Apple Podcasts, Spotify, Amazon Music oder einer der anderen großen Podcast-Plattformen. Hören Sie, wie Sie den Klimawandel in den Griff bekommen.