Philippe de Fontaine Vive, für den Mittelmeerraum zuständiger EIB-Vizepräsident, und Henri-Luc Thibault, Direktor von „Plan Bleu“, haben heute Vormittag in Paris eine Studie zum Thema „Klimaschutz, Energie und Wasser im Mittelmeerraum“ vorgestellt. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Bevölkerung der Maghreb- und der Maschrik-Länder werden erheblich sein, wobei jedoch Korrekturen vorgenommen werden können: Das im Energiebereich vorgesehene Maßnahmenpaket wird ab 2015 jährliche Gewinne von mindestens 30 Milliarden USD ermöglichen.
Der Mittelmeerraum ist besonders stark durch den Klimawandel gefährdet
Wissenschaftliche Prognosen sagen einen Temperaturanstieg um 2,2° bis 5,1, eine Verringerung der Niederschlagsmenge um 4% -27%, einen Anstieg des Meeresspiegels um durchschnittlich 35 cm sowie eine stärkere Häufung klimatischer Extreme (Hitzewellen, Dürreperioden oder Überschwemmungen) voraus. Diese Entwicklungen verändern den Wasserkreislauf und verringern die Artenvielfalt, sie verschlimmern die durch menschliche Aktivitäten in Küstenregionen verursachten Umweltschäden (bereits jetzt sind 80% der Meeresverschmutzung auf den Menschen zurückzuführen) und beeinträchtigen in hohem Maße die Landwirtschaft, die Fischerei, den Fremdenverkehr und die Stromerzeugung durch Wasserkraft.
Diese Veränderungen erfolgen genau zu einem Zeitpunkt, wo der Energiebedarf in den südlichen und östlichen Mittelmeerländern explosionsartig ansteigt. Man muss sich in diesem Zusammenhang vor Auge führen, dass die Länder in dieser Region für eine Gesamtbevölkerung von 240 Millionen Menschen derzeit weniger Strom erzeugen als Frankreich. Die Stromproduktion in diesen Ländern muss mindestens verdoppelt werden, damit den demografischen Herausforderungen (Schaffung von 22–58 Millionen Arbeitsplätzen in den kommenden 15 Jahren) und dem Anstieg der Nachfrage Rechnung getragen werden kann, die durch die Intensivierung des Wasserkreislaufs (Entsalzung, Aufbereitung, Transport, Bewässerung), die exponentiell zunehmende Urbanisierung (die bis 2025 auf 74% ansteigen wird) und ein nachhaltiges Wachstum (5%-8% pro Jahr) bedingt wird.
Die Politik in den Bereichen Energie, Wasserwirtschaft und Stadtentwicklung muss überdacht werden, um den Trend umzukehren
Der Klimawandel im Mittelmeerraum kann noch abgeschwächt werden. Durch heutige Investitionen in die Energieeffizienz, in erneuerbare Energien und in die Modernisierung der Stromerzeugung können Arbeitsplätze geschaffen und ab dem Jahr 2015 jährliche wirtschaftliche Gewinne erzielt werden, die sich bei einem Ölpreis von 120 USD/ Barrel auf 30 Mrd USD (dies entspricht dem derzeitigen BIP von Tunesien), bei 175 USD/Barrel auf 43 Mrd EUR sowie auf 49 Mrd EUR belaufen können, wenn verstärkt Anstrengungen zur Entwicklung erneuerbarer Energien unternommen werden.
Dies setzt jedoch einen neuen Ansatz im Bereich des Energiemanagements und der Energiepreise, umfangreiche Transfers von technischem Know-how sowie eine umfassendere Abstimmung zwischen energiepolitischen Maßnahmen und dem Management in den Bereichen Wasserwirtschaft, Stadtentwicklung und Fremdenverkehr voraus.
Eine Zusammenfassung dieser Studie und ihrer Schlussfolgerungen ist auf der Website der EIB unter http://www.eib.org/infocentre/publications/all/study-on-climate-change-and-energy-in-the-mediterranean.htm verfügbar.
Die FEMIP – der Partner im Mittelmeerraum
Im Zeitraum 2002–2007 hat die FEMIP – das EIB-Instrument zur Unterstützung der neun Mittelmeer-Partnerländer – bereits mehr als 1,1 Mrd EUR für rund 100 Vorhaben bereitgestellt, die dem Schutz oder der Verbesserung der Umwelt im südlichen und östlichen Mittelmeerraum dienen. Sie hat ferner gemeinsam mit der Europäischen Kommission einen Aktionsplan zur Eindämmung der Verschmutzung des Mittelmeers vorgeschlagen, in dessen Rahmen 44 vorrangige Projekte im Gesamtumfang von 2,1 Mrd EUR ermittelt wurden (der Aktionsplan wurde im April in Brüssel vorgestellt; eine Zusammenfassung der Studie steht auf der Website der EIB unter http://www.bei.org/projects/publications/horizon-2020-hot-spot-investment-programme.htm zur Verfügung.
Aufgabe der FEMIP ist es, die Entwicklung von neun Ländern – Algerien, Ägypten, Palästinensischen Autonomiegebieten, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien und Tunesien – zu fördern. Ihre beiden Prioritäten sind die Unterstützung des privaten Sektors, der entscheidend zum stetigen Wachstum beiträgt, und die Schaffung eines günstigen Investitionsklimas mit leistungsfähigen Infrastrukturen und modernen Bankensystemen. Die FEMIP hat seit 2002 mehr als 7 Mrd EUR bereitgestellt und ist damit der wichtigste Finanzierungspartner im Mittelmeerraum. Des Weiteren fördert sie auf institutioneller Ebene den Dialog zwischen den EU- und den Nicht-EU-Ländern des Mittelmeerraums sowie darüber hinaus auch den Dialog mit Vertretern des privaten Sektors und der Zivilgesellschaft.
Informationen zu „Plan Bleu“
Der „Plan Bleu“, eine Art Denkfabrik und Observatorium für die Umwelt und die nachhaltige Entwicklung im Mittelmeerraum, ist ein regionales Aktivitätenzentrum des Umweltprogramms der Vereinten Nationen/ Mittelmeeraktionsplans, das von den Mittelmeer-Anrainerländern und der Europäischen Kommission eingerichtet, finanziert und gelenkt wird. Sein Zweck, der 1977 auf der zwischenstaatlichen Konferenz in Split definiert wurde, besteht darin, die regionale Zusammenarbeit zu fördern, um einen Wissenspool aufzubauen und bereitzustellen, der eine umweltfreundliche und nachhaltige Entwicklung erleichtern soll. Der „Plan Bleu“ erstellt prospektive Analysen über die Umwelt und die Entwicklung, fungiert als eine Art Observatorium für die nachhaltige Entwicklung im Mittelmeerraum und ist ferner das wichtigste Support-Zentrum der Mittelmeerkommission für nachhaltige Entwicklung.