Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten begrüßten auf ihrer Sitzung in Brüssel eine neue Initiative der Europäischen Investitionsbank (EIB) für Regionen außerhalb der EU, die von der Flüchtlingskrise besonders betroffen sind. Als Antwort auf ein Ersuchen des Europäischen Rates im März legte EIB-Präsident Werner Hoyer dar, wie die EIB ihre Förderung ausweiten und auf die dringenden Bedürfnisse dieser Regionen eingehen kann. Sie will dazu Maßnahmen für mehr Wachstum und Beschäftigung, den Ausbau wichtiger Infrastruktur und den sozialen Zusammenhalt unterstützen.
Mit ihrer Krisenbekämpfungs- und Resilienzinitiative will die EIB die südlichen Nachbarländer Europas und den Westbalkan widerstandsfähiger machen und für mehr Beschäftigung sorgen, indem sie den Ausbau wichtiger Infrastruktur und den Privatsektor stärker fördert.
Bei einem Gespräch nach der Sitzung in Brüssel mit Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten sagte Präsident Werner Hoyer: „Ich freue mich, dass die Führungsspitzen der EU die heute von mir auf dem Europäischen Rat vorgestellte Initiative sehr positiv aufgenommen haben. Die derzeitige Flüchtlingskrise und auf längere Sicht die Migration stellen Herausforderungen für die Europäische Union und für deren Nachbarländer dar. Die EU muss mit konkreten Lösungen und nicht nur mit Ideen aufwarten. Ich habe heute einen konstruktiven Beitrag der Bank der EU angeboten, die aufgrund ihrer Erfahrung und ihres Know-how bestens gerüstet ist, Hilfe zu leisten und – falls sie dazu aufgefordert wird – eine führende Rolle zu übernehmen.“
„Es ist extrem wichtig, dass Europa Nachbarländer unterstützt, die eine große Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen. Die EIB wird diesen Regionen in den kommenden fünf Jahren 7,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Zusätzlich schlagen wir jetzt vor, ab diesem Jahr weitere 6 Milliarden Euro in Form von EIB-Darlehen für den öffentlichen und den privaten Sektor bereitzustellen. Dadurch würden weitere Investitionen in Höhe von 15 Milliarden Euro mobilisiert werden. Insgesamt sind das Investitionen von mehr als 35 Milliarden Euro, die vor Ort getätigt werden. Damit könnten Dienstleistungen wie sauberes Wasser, Energie und Strom in Regionen bereitgestellt werden, die an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gelangt sind, und die Bildung, die Gesundheitsfürsorge, der Nahverkehr und städtische Dienstleistungen verbessert werden. Dies würde dazu beitragen, dass sowohl Flüchtlinge als auch die Einwohner der Gastländer Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge haben. Wir können außerdem die Schaffung von Arbeitsplätzen durch mehr Unterstützung für Kleinst- und Kleinunternehmen fördern und diese und andere Unternehmen ermutigen, mehr junge Leute einzustellen, Ausbildungen anzubieten und bei der Integration von Flüchtlingen zu helfen.“
Präsident Hoyer sagte weiterhin: “Dank der heutigen positiven Reaktion der EU-Führungsspitzen können wir mit der konkreten Arbeit beginnen und die erforderlichen Zuschussmittel mobilisieren. Ich erwarte eine rasche Änderung des EIB-Mandats für Finanzierungen außerhalb der EU. Dann können wir diese ehrgeizige Initiative umsetzen. Die EIB-Initiative ist ausgereift und kann direkt umgesetzt werden. Der große Bedarf erfordert dringende Maßnahmen. Wir sehen keinen Grund, mit der Bereitstellung wichtiger Finanzierungsmittel für diese Regionen zu warten.“
„Unsere neue Krisenbekämpfungs- und Resilienzinitiative steht vollkommen in Einklang mit den jüngsten Äußerungen – die wir sehr begrüßen – der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini zu einem Investitionsplan außerhalb Europas. Sie kann als ein konkreter „erster Schritt“ gesehen werden, um die breitere Herausforderung der Migration zu bewältigen und die Wirkung der Entwicklungszusammenarbeit und der ausländischen Investitionen der EU zu verbessern. Langfristig gesehen ist das eine gewaltige Aufgabe. Es ist wie ein Marathon, der mit einem Sprint beginnen muss. Wir müssen jetzt handeln und die EIB ist bereit, den Anfang zu machen.“
Präsident Hoyer betonte heute, dass das EIB-Mandat für Finanzierungen außerhalb der EU ausgeweitet werden und dass ein Teil des Finanzierungsbedarfs durch Zuschussmittel ergänzt werden muss.
Hintergrundinformationen:
Vor dem Hintergrund der derzeitigen Flüchtlingskrise ersuchte der Europäische Rat die Europäische Investitionsbank (EIB) im März, rasch „zusätzliche Finanzmittel zur Unterstützung eines nachhaltigen Wachstums, wichtiger Infrastrukturen und des sozialen Zusammenhalts in den südlichen Nachbarländern und im Westbalkan zu mobilisieren.“
Was kann die Europäische Investitionsbank tun?
Die Europäische Investitionsbank, die Bank der EU, schlägt vor, ihre Unterstützung für die Entwicklung des privaten Sektors und für soziale und wirtschaftliche Infrastruktur in den beiden Regionen durch weitere 6 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren zusätzlich zu den bereits geplanten 7,5 Milliarden Euro zu erhöhen:
- 2 Milliarden Euro zusätzlicher Darlehensmittel für den öffentlichen und den privaten Sektor im Rahmen bestehender Vereinbarungen
- 1,4 Milliarden Euro zusätzlicher Darlehensmittel zu besonders günstigen Bedingungen an den öffentlichen Sektor, um dringend benötigte Infrastruktur bereitzustellen. Dies sollte von umfangreicher technischer Hilfe begleitet werden.
- 2,6 Milliarden Euro für Vorhaben mit höherem Risiko und höherem Entwicklungseffekt zur Unterstützung der Entwicklung des privaten Sektors und der Beschäftigung
Das zusätzliche Finanzierungsvolumen von 6 Milliarden Euro würde in den entsprechenden Regionen bis zu 15 Milliarden Euro an zusätzlichen Projektfinanzierungsmitteln mobilisieren: Insgesamt sind das Investitionen von mehr als 35 Milliarden Euro, die vor Ort getätigt werden.
Was braucht die EIB, um diesen ehrgeizigen Plan durchzuführen?
Zusätzliche Garantien von 3,7 Milliarden Euro:
- eine umfassende Garantie, die neue EIB-Finanzierungen im öffentlichen Sektor von 1,4 Milliarden Euro abdeckt
- eine Garantie zur Deckung des politischen und des kommerziellen Risikos neuer Finanzierungen an den privaten Sektor von 2,3 Milliarden Euro
Garantien könnten entweder von den Mitgliedstaaten oder durch eine Ausweitung des Mandats für Finanzierungen außerhalb der EU bereitgestellt werden.
Zuschussmittel in Höhe von 730 Millionen Euro
- 300 Millionen Euro für sogenannte Finanzierungen mit besonderem Entwicklungseffekt, um private und öffentliche Initiativen mit hohem sozialen Nutzen jedoch geringer finanzieller Rentabilität zu unterstützen
- 340 Millionen Euro für Investitionszuschüsse, um Darlehen zu besonders günstigen Vorzugsbedingungen an den öffentlichen Sektor zu fördern
- 90 Millionen Euro für technische Hilfe, um Kompetenzaufbau und Projektdurchführung zu unterstützen
Welche Mittel kann die EIB als ihren Beitrag zur Finanzierung des Plans zur Verfügung stellen?
Die EIB würde darüber nachdenken, außerordentliche Anstrengungen zur Finanzierung der Initiative zu unternehmen, wie etwa einen Teil der operativen Aufwendungen zu übernehmen und zu den Mitteln für technische Hilfe beizutragen
In Betracht kommende Länder/Regionen:
Das unterzeichnete Engagement der EIB im Nahen Osten und Nordafrika, der Türkei und im Westbalkan beläuft sich derzeit auf 40 Milliarden Euro.
Der von uns vorgelegte Vorschlag betrifft nicht die Türkei, da diese unter das separate Abkommen EU-Türkei fällt. Der regionale Aktionsradius der Initiative (südliche Nachbarländer und Westbalkan) entspricht dem ausdrücklichen Ersuchen des Rates.
Unter den südlichen Nachbarländern verstehen wir den Nahen Osten und Nordafrika (MENA-Region). Dazu gehören: Jordanien, Libanon, Ägypten sowie Tunesien, Marokko, Gazastreifen und Westjordanland, Syrien (jedoch derzeit keine Darlehensvergabe). Praktisch gesehen würde der Schwerpunkt vor allem auf Jordanien und dem Libanon liegen, da diese Länder derzeit die größte Anzahl an Flüchtlingen beherbergen.
Zum Westbalkan gehören Albanien, Bosnien und Herzegowina, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, der Kosovo, Serbien und Montenegro.
Beispiele für richtungsweisende Projekte/Initiativen:
Ägypten und Libanon: Die EIB ist Ankerinvestor des Euromena-Fonds zur Unterstützung lokaler Unternehmen/Start-ups/KMU, der Risikokapital aus EU-Quellen erhält und mit anderen Geldgebern in ein ägyptisches Unternehmen investiert hat, das IT-Lösungen anbietet. Es hat eine E-Learning-Lösung für syrische Flüchtlinge entwickelt, die in einem Flüchtlingscamp im Libanon in einer Pilotphase erfolgreich eingesetzt wurde.
Zudem bereitet die EIB eine Fazilität von 71,5 Millionen Euro für den Mikrofinanzsektor in den südlichen Nachbarländern vor, deren Schwerpunkt auf Projekten in Jordanien und Libanon liegt. Die Mittel dafür werden von der Europäischen Kommission und von der EIB selbst bereitgestellt. Die ersten Finanzierungsbeiträge sollen ab September 2016 vergeben werden.
Jordanien: Mit EU-Zuschüssen kombiniertes EIB-Darlehen für das Projekt „Wadi Al Arab Water System II“ zur Linderung der Wasserknappheit im viertwasserärmsten Land der Welt. Jordaniens Problem hat sich durch die hohe Zahl syrischer Flüchtlinge weiter verschärft. Es handelt sich um eine Zusammenarbeit mit der Agence Française de Développement und der Europäischen Kommission im Rahmen der EU-Nachbarschaftsinvestitionsfazilität (NIF).
Bitte sehen Sie sich online die Videos zu Projekten in Jordanien an.
- Ein Mikrofonds für Frauen http://www.eib.org/infocentre/videotheque/eib-supporting-entrepreneurship-microfund-for-women.htm
- Badia Impact Fund: EIB unterstützt Technologie- und Medien-Start-ups und Unternehmensgründungen von Jungunternehmern in Jordanien http://www.eib.org/infocentre/videotheque/eib-backs-tech-and-youth-start-ups-in-jordan.htm