• Widerstandsfähigkeit der Finanzsektoren und Zugang zum Finanzsystem verbessern sich
  • Afrikanische Bankensektoren haben trotzdem großen Aufholbedarf gegenüber denen anderer Regionen
  • Präzisere Sanierungs- und Abwicklungsgesetze sollen Finanzintermediation erleichtern
  • Weiterentwicklung des Finanzsektors soll Infrastrukturengpässe beseitigen

Auf dem Africa Day in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba hat die Europäische Investitionsbank ihre neue Studie vorgestellt: „Banking in Africa: Delivering on Financial Inclusion, Supporting Financial Stability“. In der vierten Auflage des Wirtschaftsberichts werden aktuelle Entwicklungen im afrikanischen Bankensektor analysiert, unter anderem anhand einer Befragung afrikanischer Bankengruppen. Der Bericht zeigt strukturelle Probleme und Investitionsmöglichkeiten auf dem Kontinent und strategische Handlungsmöglichkeiten für alle Anspruchsgruppen. Außerdem stellt der Bericht die aktuellen Bankensanierungs- und ‑abwicklungsgesetze in Afrika dar und erläutert strategische Finanzierungsoptionen für den Infrastrukturausbau. Die Studie erklärt auch, welche finanzielle Unterstützung und technische Hilfe die EIB den afrikanischen Finanzsektoren bieten kann.

Barbara Marchitto, Leiterin der Abteilung für Länder- und Finanzsektoranalysen bei der EIB: „Diese Publikation verdeutlicht, wie schwierig es für private Unternehmen in Afrika ist, Finanzierungen für produktive Investitionen und insbesondere langfristige Kredite zu erhalten. Kleinere, neu gegründete innovative Unternehmen sind davon oft am stärksten betroffen. Viele von ihnen könnten mit geeigneten Finanzierungen wachsen, Innovationen umsetzen und Arbeitsplätze schaffen und sichern. Die EIB fördert Unternehmen des afrikanischen Privatsektors über Finanzintermediäre wie lokale oder regionale Banken, Finanzinstitute oder Fonds. Viele erhalten neben einem EIB-Darlehen auch andere Unterstützung, z. B. technische Hilfe. Davon profitieren nicht nur die Unternehmen, sondern auch die lokalen und regionalen Finanzsektoren.“

Die Studie beinhaltet neben internen Forschungsergebnissen auch Beiträge führender Marktexperten von Geschäftsbanken der Region, internationaler Finanzierungsinstitutionen und weiterer Institutionen.

Die wichtigsten Ergebnisse:

Subsahara-Afrika erholt sich vom stärksten Wachstumseinbruch der beiden letzten Jahrzehnte. Die Erholung ist instabil und dürfte weiterhin ungleichmäßig in den einzelnen Ländern verlaufen. Obwohl das Pro-Kopf-BIP der Region seit 2017 steigt, reicht dies nicht aus, um die Armut wesentlich zu verringern. Steigende Staatsschulden wirken sich negativ auf die Schuldentragfähigkeit aus, und gleichzeitig sorgen die weltweit schwierigen Finanzierungsbedingungen und geringere Rohstoffpreise für zusätzliche Abwärtsrisiken.

Die nordafrikanischen Länder sind bei dem derzeitigen wirtschaftlichen Wandel um regionale Integration und Teilhabe bemüht. Der Wirtschaftsausblick für Nordafrika bleibt aufgrund erheblicher struktureller und makroökonomischer Reformbemühungen positiv. Die Region muss ihre Anstrengungen für ein Wachstum, das alle einschließt, und hochwertige, nachhaltige Arbeitsplätze dennoch fortsetzen. Die Finanzintermediation ist in Nordafrika schon relativ weit fortgeschritten, allerdings haben Nichtbank-Finanzinstitute noch einen weiten Weg vor sich. Kleinstunternehmen sowie kleinere und mittlere Unternehmen brauchen trotz der bereits deutlichen Verbesserung einen leichteren Zugang zu Finanzprodukten und ‑dienstleistungen. Ein Großteil der Unternehmen scheint vom Finanzsystem "abgekoppelt“. Sie verpassen selbst bei Vollauslastung Investitions- und Wachstumschancen.(1) Für kleine und innovative Unternehmen ist es häufig schwierig, an Kredite zu kommen.

Die Vertiefung der Bankenmärkte stagnierte in den vergangenen beiden Jahren in vielen Ländern südlich der Sahara. Dennoch konnten Systemkrisen erfolgreich abgewendet werden – ein Indikator für die höhere Widerstandsfähigkeit der Finanzsysteme. Trotzdem steigt die Zahl notleidender Kredite. Auch die Eigenkapitalausstattung von Banken und die Aktivaqualität haben sich seit der letzten umfänglichen Studie im Jahr 2016 verschlechtert. In fortgeschrittenen Volkswirtschaften haben sich Banken aus der Region zurückgezogen, während regionale Bankengruppen nun stärker vertreten sind. Kleinere einheimische Banken hatten zu sehr mit der schwierigen Wirtschaftslage zu kämpfen, um die frei werdenden Nischen zu besetzen.

Obwohl sich die Finanzmärkte seit mehr als 15 Jahren in fast allen Ländern südlich der Sahara vertiefen, hinken die afrikanischen Bankensektoren denen anderer Regionen hinterher. Ein unzureichender Zugang zu Finanzierungen ist noch immer das Hauptproblem kleiner und mittlerer Unternehmen in Subsahara-Afrika. Vor allem ist dies auch darauf zurückzuführen, dass Banken in den letzten Jahren vermehrt Staatsanleihen halten. Obwohl internationale Finanzierungsinstitutionen Programme dafür entwickelt haben, um Geschäftsbanken Portfoliogarantien für Kredite an KMU bereitzustellen, benötigt der Großteil der Banken noch mehr solche Garantien.

Die Studie belegt, dass sich auf der Angebotsseite neue Technologien allmählich durchsetzen. Die Hälfte der Bankengruppen gibt an, allgemeine IT-Infrastruktur umfassend einzusetzen. Die Mehrheit ist aber gerade erst dabei, Onlinebanking-Technologien, Mobile Banking und Fintech zu nutzen oder hat dies vor.

Die übergeordneten Rechts-, Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen der Finanzsektoren in Subsahara- und Nordafrika müssen unbedingt gefestigt werden, um die Finanzintermediation voranzubringen. Die Abwicklung notleidender Darlehen und von Banken, die sich nicht mehr erholen können, sind für ein stärkeres Anlegervertrauen und somit für Investitionen in Subsahara-Afrika wesentlich. Die Verpflichtung von Banken, Restrukturierungs- und Abwicklungspläne aufzustellen, sowie die Einführung von Sanierungsschwellen für Banken könnten Anlegern ihre Unsicherheit nehmen.

Mit dem leichteren Zugang von Einzelpersonen und Kleinstunternehmen zu Finanzdienstleistungen entstehen auch immer neue Herausforderungen. Diese gilt es zu bewältigen, damit die Vertiefung der Finanzmärkte alle einschließt und gerecht und nachhaltig ist. Der Verbraucherschutz soll nicht nur das Vertrauen neuer Einleger und Nutzer von Finanzdienstleistungen stärken Er soll außerdem für einheitliche Wettbewerbsbedingungen mit regulierten Marktteilnehmern sorgen.

Im Zuge der weiteren Erholung afrikanischer Volkswirtschaften sollte die Chance einer Vertiefung der Finanzsektoren und der verstärkten Teilhabe aller nicht verpasst werden. Eine breitere Anlegerbasis sowie Haushaltskonsolidierungen und Strukturreformen, um den staatlichen Finanzierungsbedarf zu decken, können Bankbilanzen entlasten. Stärkere Kompetenzen der Banken für die Risikobewertung und Überwachung der Ausfallrisiken würden die wahrgenommenen Risiken verringern und die Finanzintermediation erleichtern. Auch könnten mehr Darlehen im Privatsektor vergeben werden, wenn Kunden dabei unterstützt würden, bankfähige Projekte zu identifizieren und vorzulegen.

Die Entwicklung des Privatsektors erfordert neben Finanzierungsmitteln auch technische Hilfe und Wissenstransfer. Entwicklungspartner könnten Kapital mobilisieren und den Privatsektor durch innovative Finanzierungsinstrumente und strategische Instrumente, darunter Fintech, Portfoliogarantien und Bankakademien, unterstützen.

Durch eine Vertiefung des Finanzsektors kann der Kontinent außerdem schwerwiegende Infrastrukturengpässe überwinden. Besonders in den Bereichen Energie und Verkehr besteht ein hoher Infrastrukturbedarf, der durch die schnelle Urbanisierung, das Bevölkerungs- und das Wirtschaftswachstum weiter verstärkt wird. Private Anleger können bei der Finanzierung wichtiger Infrastruktureinrichtungen in Afrika eine wesentliche Rolle spielen.

Hintergrundinformationen:

Über den Bericht

Der Bericht „Banking in Africa: Delivering on Financial Inclusion, Supporting Financial Stability“ wurde 2018 zum vierten Mal von der EIB-Hauptabteilung Volkswirtschaftliche Analysen veröffentlicht. Der erste Teil beschäftigt sich eingehend mit den Bankensektoren in Afrika. Im ersten Kapitel werden aktuelle Entwicklungen in den Bankensektoren Subsahara-Afrikas untersucht. Dies stützt sich auf eine Umfrage, die bei Bankengruppen in der Region durchgeführt wurde. In den weiteren Kapiteln werden aktuelle Trends im Bankensektor in West-, Zentral- und Ostafrika sowie im Südlichen Afrika erläutert. Diese Auflage enthält auch ein Kapitel über Nordafrika. So werden wir dem Ansatz unseres Partners UNIDO, der ganz Afrika einbezieht, gerecht.

EIB-Studie „Banking in Afrika: Delivering on Financial Inclusion, Supporting Financial Stability“

Bisherige Studien finden Sie hier.


(1) EIB, EBWE und Weltbankgruppe (2016). „Was bremst den Privatsektor in der MENA-Region? – Ergebnisse der Unternehmensumfrage”.