- Koordinationsforum zur Abwehr von Bankenkrisen in der Region sieht sich für neue Herausforderungen gewappnet
Die Mitglieder der Wiener Initiative haben sich anlässlich des zehnjährigen Bestehens ihres öffentlich-privaten Forums erneut für eine tiefere Finanzintegration in den europäischen Schwellenländern ausgesprochen. Die Wiener Initiative war ins Leben gerufen worden, um der Region bei der Bewältigung der schweren globalen Wirtschaftskrise zu helfen.
Die Gründungsmitglieder und Partner der Initiative kamen am 27. und 28. März in Wien zusammen, um auf die erfolgreiche Arbeit des multinationalen Koordinationsforums zurückzublicken, das wesentlich zur Sicherung der Finanzstabilität in der Region beigetragen hat.
Vazil Hudák, Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank mit Aufsicht über Finanzierungen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa: „Die finanzielle Unterstützung durch die EIB und ihre Partner hat entscheidend dazu beigetragen, dass eine systemische Bankenkrise in der Region abgewendet werden konnte. Mittlerweile sind aber neue Faktoren ins Spiel gekommen, die das Wachstum bremsen. Die Region hinkt hinterher, was Innovationen betrifft, und kämpft mit einem wachsenden Qualifikationsdefizit. Es muss dringend mehr investiert werden, und dabei kann die EIB wirklich helfen.“
Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank und Gastgeber der Veranstaltung: „Der heutige Tag ist nicht nur ein Anlass zum Feiern. Er ist auch ein Anreiz, die gute Arbeit fortzusetzen. Die Wiener Initiative wird auch künftig die Finanzstabilität stärken – mit fundierten Beiträgen zum internationalen Diskurs, aber auch mit ihrem Engagement für die Finanzintegration und für mehr Wachstum in den mittel-, ost- und südosteuropäischen Ländern.“
Politik und Bankensektor einigten sich 2009 auf Maßnahmen, die das weitere Engagement ausländischer Banken und die Liquiditätsversorgung von deren Tochtergesellschaften in der Region sicherten. So konnte eine Bankenkrise abgewendet werden, als die Wirtschaft einbrach.
Der geordnete Abbau von Risikoaktiva verschaffte den Ländern Zeit, sich Refinanzierungsalternativen aufzubauen, wie etwa inländische Einlagen. In manchen Ländern half dies auch bei der Verlagerung von Fremdwährungskrediten auf Kredite in Landeswährung und beschleunigte die Abwicklung der rasch wachsenden Bestände an notleidenden Krediten.
In der Wiener Initiative engagieren sich internationale Finanzierungsinstitutionen (IWF, EBWE, EIB, Weltbankgruppe), EU-Organe (Europäische Kommission, EZB als Beobachterin), Zentralbanken der Heimat- und Gastländer, Regulierungs- und Finanzbehörden sowie die größten in den europäischen Schwellenländern tätigen EU-Bankengruppen.
Grenzüberschreitende Bankgeschäfte
Die Teilnehmer in Wien sprachen sich für eine tiefere Finanzintegration aus. Dies sei die Voraussetzung für ein neues, ausgewogeneres Wachstumsmodell, bei dem die Finanzierung von Innovationen, KMU und Maßnahmen gegen den Klimawandel stärker in den Mittelpunkt rückt.
Daten für Mittel-, Ost- und Südosteuropa zeigen, dass die Wirtschaft von grenzüberschreitenden Bankgeschäften profitiert. Der direkte positive Wachstumseffekt der Finanzintegration übersteigt den indirekten negativen Effekt eines höheren Ansteckungsrisikos.
Das Wirtschaftswachstum in der Region liegt überwiegend auf Kurs, aber Risiken bestehen fort. Dazu zählen weltweite Handelsspannungen, die anhaltende geopolitische Instabilität und die hohe Verschuldung von Unternehmen.
Die Wiener Initiative wird auch in Zukunft Politik und Banken zusammenbringen, damit sie sich über den Umgang mit aktuellen und anstehenden Herausforderungen abstimmen – beispielsweise die Abwicklung von Problemkrediten, die Reform der Regulierung, eine tiefere Finanzintegration, die Bereitstellung von Finanzierungen für Innovationen und die Mobilisierung privater Mittel für Klima- und Energieziele.
Boris Vujčić, Gouverneur der kroatischen Notenbank und seit Kurzem Vorsitzender des Lenkungsausschusses der Wiener Initiative, betonte: „Die Wiener Initiative hat zweifellos geholfen, auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise einen ungeordneten Abbau von Risikoaktiva in der Region zu verhindern. Seither bemüht sie sich, ein gutes Umfeld zu schaffen für alle Interessenträger, Behörden im In- und Ausland, Banken, europäische Institutionen und internationale Finanzierungsinstitutionen (IFIs). Damit trägt sie zum reibungslosen Funktionieren des grenzüberschreitenden Bankgeschäfts und zur Stabilität des Bankensektors bei.
Die Wiener Initiative wird auch künftig als Plattform für den offenen Gedankenaustausch dienen und Maßnahmen aufgreifen, die im Interesse aller Akteure liegen.“
Gesamtforum
Die Jubiläumskonferenz wurde mit der diesjährigen Sitzung des Gesamtforums verbunden, in der die Arbeitsgruppen über den aktuellen Sachstand informierten:
- Die Umfrage zum Kreditgeschäft der Banken in Mittel-, Ost- und Südosteuropa ergab eine Verbesserung des Geschäftsumfelds und etwas mehr Optimismus, was die weitere Entwicklung betrifft. Zwischen den Ländern gibt es nach wie vor beträchtliche Unterschiede, aber insgesamt ist das Geschäft in der Region rentabler geworden. Dies zeigt, dass Mittel-, Ost- und Südosteuropa für internationale Bankengruppen attraktiv ist.
- Die Kreditqualität in der Region verbessert sich weiter. Seit dem Start der NPL-Initiative sind die Bestände an notleidenden Krediten nach und nach zurückgegangen. Besonders stark war der Rückgang in Albanien, Kroatien, Ungarn, Montenegro und Serbien.
- Laut dem Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zu Finanzierungsprodukten von IFIs für Investitionen in der Region tragen IFIs erheblich dazu bei, dass der Privatsektor besser Zugang zu Finanzierungen erhält. IFIs könnten eine Katalysatorfunktion beim Übergang der Volkswirtschaften in der Region zu einem neuen Wachstumsmodell spielen. Bessere und leichter zugängliche Informationen über die Tätigkeit und das Produktangebot der IFIs könnten helfen, Kunden und andere Akteure zu erreichen.
- Die Einhaltung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) kann für die in der Region tätigen Banken in den kommenden Jahren schwierig werden. Die Wiener Initiative bietet einen Rahmen, um mögliche Lösungen zu erörtern, die den Interessen der Heimat- und Gastländer Rechnung tragen.
Das Gesamtforum befasste sich außerdem mit den Auswirkungen der Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäsche/Terrorismusfinanzierung (AML/CFT) auf das Bankgeschäft in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Die Weltbank und der IWF legten die Entwicklung der Regulierungs- und Aufsichtsansätze dar und betonten, wie wichtig die Wirksamkeit der Konzepte ist. Ein weiteres Thema war die Verfügbarkeit nachhaltiger Finanzierungen, über die im Zusammenhang mit den Schlussfolgerungen des Netzwerks der Zentralbanken für ein grüneres Finanzsystem diskutiert wurde.