Frauen stehen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie an vorderster Front und stellen weltweit 70 Prozent der Arbeitskräfte im Gesundheits- und Sozialbereich. Unseren Volkswirtschaften steht eine beispiellose Rezession bevor. Um langfristige Schäden zu vermeiden, ist eine massive und koordinierte Antwort gefragt. Dabei können auch Frauen eine entscheidende Rolle spielen. Wenn stärker auf Geschlechtergleichstellung geachtet wird und Gründerinnen und Unternehmerinnen gezielter gefördert werden, kann dies den Wiederaufbau beschleunigen – auch deshalb, weil von Frauen geführte Unternehmen tendenziell produktiver, wachstumsfähiger und innovativer sind. Eine stärkere Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt und mehr Präsenz in der Gründer- und Unternehmerszene könnten also Milliarden für die Wirtschaft bedeuten. Der Europäischen Kommission zufolge könnten durch eine konsequentere Geschlechtergleichstellung bis 2050 etwa 10,5 Millionen Arbeitsplätze geschaffen und die EU-Wirtschaft um 1,95 Billionen Euro bis 3,15 Billionen Euro angekurbelt werden.
In diesem Kontext bietet der neue Bericht „Funding women entrepreneurs: How to empower growth“ von „InnovFin – Beratung“, einer Initiative der EIB und der Europäischen Kommission, einen guten Marktüberblick über die Finanzierungslandschaft für frauengeführte Unternehmen. Der Bericht untersucht die Bedingungen ihres Zugangs zu Risikokapital und analysiert die Trends in der Europäischen Union, in den Vereinigten Staaten und in Israel bei der Risikokapitalfinanzierung von Unternehmen, die von Frauen geführt werden und von Frauen gegründet wurden. Der Bericht stützt sich auf Daten von PitchBook und Interviews mit Marktfachleuten aus der europäischen Risikokapital-Community und anderen Akteuren.
Lilyana Pavlova, Vizepräsidentin der EIB: „Bei allen unseren Krisenmaßnahmen haben die EU-Institutionen und die EIB-Gruppe eine einzigartige Gelegenheit, die Wirtschaft durch gezielte Beratung und Finanzierung frauengeführter Unternehmen zu stärken und diese für die Zukunft auf eine solidere Grundlage zu stellen. Es ist durch und durch sinnvoll, uns mit voller Kraft hinter Unternehmerinnen zu stellen. Darüber hinaus erkennen immer mehr Banker und Investoren, dass dies nicht nur ethisch und gesellschaftlich richtig ist, sondern auch das Wachstum unserer Volkswirtschaften beflügelt. In den letzten Jahren hat die EIB ihr finanzielles Gewicht für eine Reihe von Projekten in Europa und weltweit eingesetzt, die einen starken Genderaspekt hatten. Aber es bleibt noch viel zu tun.“
Anhaltende Finanzierungslücke, aber vielversprechende Trends
Der Bericht zeigt, dass Start-ups von Frauen nicht in gleicher Weise finanziert werden wie die von Männern. Sie stehen nur für einen kleinen Teil des Deal Flows und des insgesamt investierten Volumens. Dies liegt an einer Kombination von Faktoren: Frauen sind unter Gründern und Investoren nur schwach vertreten, Investitionsentscheidungen werden durch eine Voreingenommenheit gegenüber Frauen verzerrt, und die Risikoaversion ist größer. Aber trotz erheblicher struktureller Unterschiede fördert der Bericht deutliche Belege für einen optimistischen Ausblick zutage. Insgesamt deuten die Daten darauf hin, dass sich das Investitionsklima für Unternehmerinnen in der Europäischen Union langsam verbessert, auch wenn die Lage sehr heterogen ist.
Weniger Unternehmerinnen und Investorinnen
Wie der Bericht zeigt, sind Frauen in der europäischen Unternehmerlandschaft unterrepräsentiert: Frauen machen etwa 52 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, stellen aber nur 34,4 Prozent der Selbstständigen in der Europäischen Union und 30 Prozent der Start-ups. Dieses Ungleichgewicht geht einher mit der von Frauen selbst angegebenen Präferenz für Eigenfinanzierungsquellen („Bootstrapping“). Damit entsteht der Eindruck, als hätten ihre Unternehmen weniger Bedarf an externer Finanzierung.
Darüber hinaus sind Frauen in den Entscheidungsgremien von Risikokapitalgesellschaften unterrepräsentiert. Das hat Folgen: Investmentfirmen mit weiblichen Partnern investieren mit doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit in frauengeführte Unternehmen und mit dreimal so hoher Wahrscheinlichkeit in Unternehmen mit weiblichen CEOs.
Stärkeres Wachstum und mehr Geld für frauengeführte Unternehmen: Empfehlungen
Der Bericht gibt Empfehlungen zu einem schnelleren Übergang in eine Finanzierungslandschaft, die ausgewogener, fairer und funktionsfähiger ist.
Beispiele sind: die Einführung neuer geschlechtsspezifischer Parameter in allen einschlägigen EU-Programmen, die Entwicklung faktengestützter Entscheidungshilfen in der Politik, ein Exzellenzsiegel für Investoren, die explizit auf den Genderaspekt achten, der Aufbau eines europäischen Netzes von „genderbewussten“ Investoren, um Gründerinnen Zugang zu Kontakten und Finanzierungsmöglichkeiten zu bieten, und die Sondierung innovativer Lösungen wie „Gender-Anleihen“.
Vollständiger Bericht und Empfehlungen
Ihre Presse- und Interviewanfragen beantworten wir gern. Wenden Sie sich an EIB Communications Officer Jan Gerrit Wnendt (+352 691 284 340), j.wnendt@eib.org
Hintergrundinformationen:
„InnovFin – EU-Mittel für Innovationen“ ist eine gemeinsame Initiative der Europäischen Investitionsbank-Gruppe (EIB und EIF) und der Europäischen Kommission für das Programm Horizont 2020. InnovFin soll innovativen Unternehmen und Einrichtungen in Europa leichter und schneller Zugang zu Kapital ermöglichen.
InnovFin – Beratung hilft förderfähigen öffentlichen und privaten Partnern, große, komplexe Innovationsprojekte mit hohem langfristigem Investitionsbedarf bankfähig und für Investoren interessant zu machen.