- Coronahilfen auf EU- und nationaler Ebene haben Unternehmen durch die Krise geholfen und Investitionen gestützt
- Führungsrolle der EU beim Klimaschutz zahlt sich aus: 43 Prozent der Unternehmen in der EU haben bereits Klimainvestitionen getätigt, verglichen mit 28 Prozent in den Vereinigten Staaten
- 46 Prozent der EU-Unternehmen haben die Krise genutzt, um ihre Digitalisierung voranzutreiben
- Mangel an qualifizierten Arbeitskräften bleibt großes Investitionshindernis
Erwartungen der Unternehmen in der EU und den USA zu den langfristigen Auswirkungen der Coronakrise
Quelle: Investitionsumfrage der EIB 2021 – Frage: Gehen Sie davon aus, dass die Coronakrise langfristige Auswirkungen auf folgende Faktoren haben wird?
Der Aufschwung übertrifft die Erwartungen, und die Marktbedingungen entspannen sich. Daher gehen europäische Unternehmen davon aus, dass sie wieder mehr investieren werden. Die Finanzhilfen während des Lockdowns waren entscheidend, um die Wirtschaft am Laufen zu halten: Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der EU-Unternehmen haben während der Pandemie finanzielle Hilfe erhalten. Vier von fünf Unternehmen in der EU (82 Prozent) glauben trotz der schwierigeren Bedingungen, dass sie in den zurückliegenden drei Jahren im richtigen Umfang investiert haben – etwa so viele wie in den USA. Dies sind einige der wichtigsten, heute veröffentlichten Ergebnisse der aktuellen Investitionsumfrage der Europäischen Investitionsbank.
Die sechste Ausgabe der EIB-Investitionsumfrage liefert in ihrer Art einzigartige Einblicke in Investitionsentscheidungen und -finanzierungen von Unternehmen in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Sie beleuchtet die Investitionstätigkeit in den Bereichen Klimaschutz sowie Digitalisierung und geht der Frage nach, wie sich die Coronapandemie und die staatlichen Maßnahmen ausgewirkt haben. Die EIB-Gruppe, die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten nutzen die Umfrage als ein Instrument, um Investitionsbedarfe zu ermitteln und Investitionshürden zu verstehen.
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Eine Zusammenfassung der Umfrageergebnisse finden Sie hier.
EIB-Vizepräsident Ricardo Mourinho Félix: „Die Pandemie erforderte schnelles und entschlossenes Handeln. Und dem haben die Regierungen und die Europäische Union entsprochen. Die EIB-Gruppe war eine der ersten EU-Institutionen, die auf den Coronavirus-Ausbruch reagierte. Unverzüglich stellten wir Finanzierungen für Unternehmen in Not in ganz Europa bereit. Unsere jüngste EU-weite Investitionsumfrage bestätigt es: Diese Unterstützung hat entscheidend dazu beigetragen, dass Unternehmen die Lockdowns überstanden haben. Sie half, die dringend benötigte Investitionskapazität sicherzustellen, um die grüne und digitale Transformation voranzutreiben.“
EIB-Chefvolkswirtin Debora Revoltella: „Die Unterstützung auf europäischer und nationaler Ebene zielte darauf ab, den Unternehmen den Zugang zu Krediten zu erleichtern und sie damit widerstandsfähiger zu machen und Arbeitsplätze zu sichern. Gezielte finanzielle Anreize sind nach wie vor sehr wichtig, um transformative Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung zu fördern und zu beschleunigen. Beim pandemiebedingten Digitalisierungsschub geht es beispielsweise weniger darum, fortschrittliche digitale Technologien einzuführen. Vielmehr sollen Unternehmen befähigt werden, ihre ‚Digitalisierungsreise‘ zu beginnen, indem sie Telearbeit ermöglichen oder den Online-Verkauf einführen. Dafür bedarf es politischer Unterstützung, insbesondere für mehr Digitalkompetenz und -ausbildung, um diese Dynamik weiter anzufachen und Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.“
Öffentliche Unterstützung war entscheidend, um die Investitionskapazität der Unternehmen zu erhalten
Die Coronapandemie hat die Wirtschaft schwer getroffen. Auf die Frage nach den Auswirkungen der Krise auf ihren Absatz oder Umsatz berichtet etwa die Hälfte aller EU-Unternehmen (49 Prozent) über einen Rückgang ihrer Verkaufszahlen im Vergleich zu Anfang 2020, d. h. bevor Corona die Wirtschaft in Mitleidenschaft zog.
Aus der Umfrage geht hervor, dass 56 Prozent der Unternehmen in der EU finanzielle Unterstützung in Form von Kreditgarantien sowie bei der Zahlung oder Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen erhielten. 35 Prozent der kleineren Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor in Europa geben an, dass sie ohne die Hilfen in ihrer Existenz bedroht gewesen wären.
Die Daten zeigen auch, dass die öffentliche Unterstützung vor allem jenen Unternehmen zugutekam, die größere Einnahmeverluste verkraften mussten. Bei Firmen, die Finanzhilfen erhielten, war der Zusammenhang zwischen Einnahmeverlusten und gekürzten Investitionsplänen signifikant schwächer – Firmen, die Hilfen bekamen, hielten also eher an ihren Investitionsprogrammen fest.
In der EU geben lediglich 57 Prozent der Unternehmen an, dass sie wegen Corona mindestens eine kurzfristige Maßnahme ergriffen, etwa die Entwicklung neuer Produkte oder die Digitalisierung oder Verkürzung ihrer Lieferkette. In den Vereinigten Staaten liegt dieser Anteil bei 74 Prozent.
Führungsrolle der EU beim Klimaschutz zahlt sich aus
43 Prozent der EU-Unternehmen haben bereits Klimainvestitionen getätigt. Zugleich ist der Anteil der Firmen, die solche Investitionen planen, von 41 Prozent auf 47 Prozent gestiegen. In den Vereinigten Staaten haben nur 28 Prozent der Unternehmen bereits in den Klimaschutz investiert und nur 40 Prozent haben derartige Pläne.
Die Umfrage zeigt auch, dass der Klimawandel zunehmend als Realität wahrgenommen wird: Etwa drei Fünftel (58 %) der Unternehmen in der Europäischen Union berichten, dass sich Wetterereignisse auf ihr Geschäft auswirken.
Der Klimawandel wirkt sich auf EU- und US-Unternehmen aus
Quelle: Investitionsumfrage der EIB 2021 – Frage: Welche Auswirkungen werden die strengeren Klimastandards und -vorschriften in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich auf Ihr Unternehmen haben?
Angesichts des sich schnell verändernden klimapolitischen Umfelds gehen 41 Prozent der Unternehmen in der EU davon aus, dass sich die strengeren Klimastandards und -vorschriften auf ihr Geschäft auswirken werden. In den Vereinigten Staaten sehen mehr Unternehmen darin eher ein Risiko als eine Chance (44 Prozent gegenüber 20 Prozent).
Die Pandemie hat viele Unternehmen zu einer schnelleren Digitalisierung gezwungen, aber einige hinken weiter hinterher
46 Prozent der befragten Unternehmen in der EU geben an, dass sie im letzten Jahr digitaler geworden sind. Das sind jedoch weniger als in den Vereinigten Staaten, wo dies 58 Prozent der Firmen von sich sagen. Von den Unternehmen, die noch keine modernen digitalen Technologien eingeführt hatten, nutzten 34 Prozent die Krise, um die Digitalisierung in Angriff zu nehmen. Firmen, die bereits vor der Pandemie in die Digitalisierung investiert hatten, erwiesen sich als widerstandsfähiger.
Viele geben an, dass sie wegen der Pandemie verstärkt digitale Technologien nutzen. Aber ein erheblicher Teil (26 Prozent) der EU-Unternehmen hat noch nicht in die Digitalisierung investiert. Sie stellen ein Drittel der Arbeitsplätze in der Europäischen Union. Diese nicht digitalen Unternehmen könnten einen schwerwiegenden Einfluss auf die Beschäftigungslage und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa haben. Eine stärkere Unterstützung könnte ihnen helfen, nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten.
Investitionshindernisse
Dank der starken öffentlichen Unterstützung scheint der Zugang zu Finanzmitteln ein geringeres Hemmnis für die Investitionstätigkeit der Unternehmen zu sein. Sie heben vielmehr strukturelle Hindernisse für ihre Entwicklung hervor. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften bleibt ein Haupthindernis für langfristige Investitionen, darauf weisen 79 Prozent der europäischen Unternehmen hin. Auch die Infrastruktur spielt eine Rolle: Der Zugang zur Digital- und Verkehrsinfrastruktur sowie die Energiekosten werden zunehmend als Investitionshemmnis in Europa wahrgenommen.
Die öffentliche Unterstützung hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Firmen weiter investieren, insbesondere in den grünen und digitalen Wandel. Künftig können gezieltere Maßnahmen und eine klare strategische Ausrichtung helfen, die Dynamik für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft aufrechtzuerhalten und zu beschleunigen.
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Hintergrundinformationen
Die Investitionsumfrage der EIB
Die jährliche Umfrage der EIB-Gruppe zur Investitionstätigkeit und Investitionsfinanzierung (EIBIS) erstreckt sich auf die gesamte EU. Wir sammeln darin qualitative und quantitative Informationen über die Investitionen kleiner Betriebe (5 bis 250 Beschäftigte) und größerer Unternehmen (mehr als 250 Beschäftigte), über ihren Finanzierungsbedarf und über die Schwierigkeiten, auf die sie stoßen.
Befragt werden rund 13 300 Unternehmen aus den 27 EU-Ländern, dem Vereinigten Königreich und seit 2019 auch aus den Vereinigten Staaten. Die Umfrage basiert auf einer geschichteten Zufallsstichprobe und ist daher repräsentativ, und zwar:
- auf Ebene der EU
- auf Länderebene
- auf Ebene der Sektoren (verarbeitendes Gewerbe, Dienstleistungen, Bau und Infrastruktur) und auf Ebene der Unternehmensgrößenklassen (kleinste, kleine, mittlere und große Unternehmen).
Alle Umfrageteilnehmer stammen aus der Datenbank ORBIS des Bureau van Dijk. Die Antworten können mit den ausgewiesenen Bilanz- und GuV-Daten der Unternehmen abgeglichen werden.
Die EIBIS-Umfrage wird seit 2016 jährlich durchgeführt. Sie dient dazu, einen Bestand von Unternehmensdaten aufzubauen. Dazu werden alle Unternehmen, die an der ersten Befragung teilgenommen haben, bei den nachfolgenden Umfragen erneut interviewt. Um den Stichprobenschwund auszugleichen und zu gewährleisten, dass alle Sektoren angemessen vertreten sind, wird die ursprüngliche Gruppe jedes Jahr entsprechend durch neue Unternehmen ergänzt.
Weitere Informationen: Investitionsumfrage der EIB-Gruppe (EIBIS) – weitere Informationen
Die Europäische Investitionsbank
Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist in rund 160 Ländern tätig und gehört zu den weltweit größten multilateralen Geldgebern für Klimafinanzierungen. Vor Kurzem kündigte sie an, den Klimaschutz und die ökologische Nachhaltigkeit stärker zu fördern und dafür im Zehnjahreszeitraum bis 2030 eine Billion Euro zu mobilisieren. Ab 2025 wird sie mindestens 50 Prozent ihrer Mittel für diese beiden Ziele einsetzen. Seit Ende 2020 richtet die EIB-Gruppe zudem alle neuen Finanzierungen an den Zielen des Pariser Abkommens aus.
Weitere Informationen über die Research-Arbeit der EIB finden Sie hier: Unser Research (eib.org)
Die Abteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB
Die Hauptabteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB betreibt volkswirtschaftliche Forschung und erstellt Studien sowie eine in ihrer Art einzigartige Analyse der Investitionstätigkeit in der Europäischen Union und in anderen Regionen. Sie unterstützt die Bank bei ihrer Arbeit und Positionierung und bei der Festlegung ihrer Strategien und Leitlinien. Das 40-köpfige Team wird von Chefvolkswirtin Debora Revoltella geleitet.