Die Europäische Investitionsbank (EIB) hat gemeinsam mit der Initiative Making Finance Work for Africa ihre jährliche Befragung von Banken in Afrika für das Jahr 2022 abgeschlossen. Für Finance in Africa in 2022: Auf Kurs bleiben in turbulenten Zeiten, den siebten Bericht dieser Reihe, befragten wir zwischen April und Juni 2022 70 Banken in Subsahara-Afrika. Wir wollten wissen, wie der Krieg in der Ukraine sich auf die Banken auswirkt und wie sie zu Klimafinanzierungen, genderorientierten Finanzierungen und der immer schnelleren Digitalisierung des Sektors stehen.
Die Banken konnten sich in der Pandemie gut behaupten und stellten damit die Robustheit des Sektors unter Beweis. Der Krieg in der Ukraine lässt jedoch neue Befürchtungen aufkommen. Da die Zentralbanken vieler Länder ihre inländischen Zinssätze erhöhen und die Anleihenfinanzierung sich durch restriktivere globale Finanzkonditionen verteuert, zeigen sich deutlich mehr Banken besorgt über die Finanzierungskosten. Dieser Faktor spielte im Vorjahresbericht noch kaum eine Rolle. Damals galt die Sorge der Banken vor allem den Auswirkungen der Pandemie auf die Qualität der Aktiva.
EIB Chief Economist Debora Revoltella: „Die Abschwächung der Weltkonjunktur und die verschärften Finanzierungsbedingungen verstärken die wirtschaftlichen Probleme Afrikas. Während die Kosten der Schuldenbedienung im öffentlichen Sektor steigen, besteht die Gefahr, dass die privaten Investitionen nachlassen. Aber der Investitionsbedarf ist weiterhin hoch, und die Länder in Subsahara-Afrika müssen versuchen, die Auswirkungen auf die private Kreditvergabe zu begrenzen. Es ist von größter Bedeutung, dass die Unternehmen in einem Abschwung der Weltwirtschaft weiterhin Zugang zu Krediten haben. Mit der Europäischen Investitionsbank hat die Region einen starken Partner. Wir investieren seit 1965 in Afrika. Alleine 2021 hat die EIB unter einer speziellen AKP-Investitionsfazilität Vereinbarungen unterzeichnet, die Projekten im Umfang von zwei Milliarden Euro in Subsahara-Afrika zugutekommen.
Banken vorsichtig optimistisch
Die Aktivaqualität bleibt in diesem Jahr für viele Banken ein problematischer Punkt, vor allem bei Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen. Die Gesamtzahlen für notleidende Darlehen zeigen nicht das ganze Bild — ein erheblicher Teil der Darlehen wird gestundet oder umgeschuldet. Die Besorgnis der Banken über die Verschlechterung der Aktivaqualität legt nahe, dass es sich um ein größeres Problem handelt, als die offiziellen Daten vermuten lassen. Deshalb wird der Anteil der notleidenden Darlehen in einigen Ländern voraussichtlich steigen, wenn die Hilfsmaßnahmen zurückgefahren werden und die schwierige globale Wirtschaftslage anhält. Die Banken erwarten eine steigende Kreditnachfrage und planen eine Ausweitung ihrer Aktivitäten, was wiederum eine Verstärkung ihrer Refinanzierungstätigkeit erfordert. In der Befragung für 2022 ist der Anteil der Banken, die eine Ausweitung ihrer Kreditaktivitäten planen, etwas höher als 2021. Trotz der deutlichen Besorgnis bezüglich der Aktivaqualität scheint die Stimmung im Sektor von vorsichtigem Optimismus geprägt zu sein.
Banken verstärken Aktivitäten in der genderorientierten Kreditvergabe
Bei der Verbesserung des Zugangs von Frauen zu Finanzmitteln sind Fortschritte zu verzeichnen: 70 Prozent der von uns befragten Banken verfolgen eine Genderstrategie und unterstützen Frauen und genderorientierte Initiativen. Das sind 10 Prozentpunkte mehr als in der Befragung von 2021. Im Hinblick auf die Qualität der Aktiva stellten vier von zehn Banken fest, dass der Anteil der notleidenden Darlehen bei von Frauen geführten Unternehmen niedriger ist als der Durchschnitt für ihre Darlehensportfolios. In einigen Ländern war der Unterschied sogar noch größer. In Nigeria beispielsweise beobachteten 71 Prozent der Banken bei Frauen niedrigere Quoten von notleidenden Darlehen, in Kenia waren es 50 Prozent.
Die digitale Transformation beschleunigen
Die Pandemie hat zu einer Beschleunigung der Digitalisierung im Bankensektor geführt, da die Banken ihre Kunden nur noch über digitale Kanäle erreichen konnten. Neunzig Prozent der Banken gaben an, dass die Pandemie ihre interne digitale Transformation beschleunigt hat, und siebzig Prozent haben ihre digitalen Dienstleistungen für die Kunden ausgebaut. Die zunehmende Digitalisierung ist jedoch auch mit Hindernissen verbunden, wobei drei Viertel der Banken die Cybersicherheit als größtes Problem betrachten. Das schnelle Wachstum des Finanztechnologiesektors war ein weiterer Katalysator für die verstärkte Digitalisierung. Das gesamte FinTech-Ökosystem in Afrika ist auf mehr als 1 000 aktive Unternehmen im April 2022 angewachsen, verglichen mit 450 im Jahr 2020. Davon wurden 80 Prozent in Afrika gegründet und nur 20 Prozent außerhalb Afrikas. Zahlungsdienste und Kredite sind weiterhin die vorherrschenden Produkte, doch der Sektor hat sich diversifiziert. Der zunehmende Wettbewerb aus diesem Sektor ist für die Banken sehr beunruhigend, und über die Hälfte der Banken betrachtet ihn als eines ihrer drei größten Probleme.
Klimathemen weiterhin im Fokus
Fast 42 Prozent der Banken ermittelten 2021 das Klimarisiko ihres Portfolios. Im Jahr 2022 stieg diese Zahl auf 46 Prozent, und weitere 26 Prozent planen jetzt eine solche Risikobestimmung, die 2021 noch bei keiner von ihnen auf dem Plan stand. Fast 70 Prozent der Banken betrachten Klimafinanzierungen als Möglichkeit zur Bekämpfung des Klimawandels. Bisher hat nur ein Fünftel der Banken grüne Darlehensprodukte eingeführt, sodass viel Wachstumsspielraum für grüne Darlehen bleibt — wenn die Banken dabei unterstützt werden. Etwa 60 Prozent geben an, dass sie der Mangel an Fachwissen, Daten und geeigneten Tools daran hindert, sich verstärkt mit Klimarisiken und -chancen zu befassen. Zwei Drittel der Banken sind zudem der Ansicht, dass internationale Finanzinstitutionen (IFIs) ihnen durch Schulungen und technische Unterstützung bei der Ausweitung grüner Finanzierungen helfen können. Dies zeigt eine klare politische Aufgabe der IFIs bei der Ausweitung grüner Finanzierungen.
Auch die Finanzmärkte unterstützen den Klimaschutz. Die Ausgabe von ESG-Anleihen durch afrikanische Emittenten stieg 2021 deutlich auf fast 5,1 Milliarden US-Dollar und stellte damit den bisherigen Rekord von 3 Milliarden US-Dollar im Vor-Pandemie-Jahr 2018 weit in den Schatten. Die Vergabe nachhaltigkeitsorientierter Darlehen und die Emission von Nachhaltigkeitsanleihen nahmen spürbar zu. Banken und Staaten waren 2021 die wichtigsten Emittenten von ESG-Finanzierungen in Afrika. In der Vergangenheit waren ESG-Emittenten in Afrika meist Unternehmen. Die jüngsten Entwicklungen deuten somit darauf hin, dass ein breiterer Kreis von Akteuren in die ESG-Finanzierung einsteigt.
Dennoch ist der Markt für grüne Darlehen in Afrika im globalen Vergleich immer noch klein, und die Kosten grüner Finanzierungen werden durch das hohe staatliche Ausfallrisiko aufgebläht.
Privates Kapital
Der afrikanische Markt für privates Kapital erlebte 2021 ein gutes Jahr. Die Mitteleinwerbung erreichte vorpandemische Höhen, nachdem sie während der Pandemie deutlich zurückgegangen war. Die privaten Investitionen, die sich in der Pandemie recht beständig gezeigt hatten, stiegen um 48 Prozent jährlich auf 6,3 Milliarden US-Dollar. Damit übertrafen sie den früheren Spitzenwert von 5,4 Milliarden US-Dollar im Zeitraum 2014/2015. Die Investitionen wurden im Jahr 2021 vor allem durch den Risikokapitalsektor angetrieben, in dem der Transaktionswert von 485 Millionen US-Dollar im Jahr 2020 auf 3,23 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 stieg. Etwa die Hälfte dieser Investitionen flossen in Finanztechnologie. Nigeria war 2021 der größte Markt für Private-Equity-/Risikokapitalinvestitionen, gefolgt von Südafrika. Privates Beteiligungskapital trägt auch zum Wachstum grüner Finanzierungen bei. Die Mitteleinwerbung für klimaorientierte Investitionen stieg in den letzten Jahren stark an. Ebenso wie bei den grünen Finanzierungen ist jedoch aufgrund der schwierigeren Marktbedingungen im Jahr 2022 nicht mit einer Wiederholung der Rekordbeträge von 2021 zu rechnen.
Hintergrundinformationen
Die Hauptabteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB
Die Abteilung Volkswirtschaftliche Analysen der EIB erstellt volkswirtschaftliche Analysen und Studien. Sie unterstützt damit die Bank bei ihrer Arbeit und Positionierung und bei der Festlegung ihrer Strategien und Leitlinien.
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