- Firmen in der Region wollen trotz schlechterer Investitionsbedingungen im Schnitt mehr investieren
- Energiekosten mittlerweile für 87 Prozent der Firmen ein Hindernis; 39 Prozent investierten 2021 in Energieeffizienz
- Gut ein Drittel entwickelt oder nutzt neue Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen; Investitionsniveau insgesamt am höchsten in Slowenien (48 Prozent) und Polen (44 Prozent)
- Hälfte der Firmen bestätigt Geschäftsbelastung durch den Klimawandel, aber nur ein Drittel schützt sich dagegen, etwa durch Risikominderung oder Versicherungen
Unternehmen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa meldeten im zweiten Quartal 2022 eine deutliche Verschlechterung des Investitionsumfelds – noch stärker als im EU-Durchschnitt. Ihrer Erwartung nach wird sich das wirtschaftliche und politische Klima und das Geschäftsumfeld in ihrem Sektor weiter verschlechtern. Insgesamt wollten die Firmen in der Region 2022 dennoch stärker investieren als 2021. Ein Impuls dafür ging von der Pandemie aus. Viele Firmen haben ihre Digitalisierung vorangetrieben, neue Produkte entwickelt und ihre Lieferkette verkürzt. Der Einsatz innovativer digitaler Technologien wie Internet der Dinge, Big Data, künstliche Intelligenz 3D-Druck usw. nimmt zu. Insgesamt nutzten 67 Prozent der Unternehmen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa mindestens eine moderne digitale Technologie. Damit lag die Region etwa auf EU-Niveau (69 Prozent) und verringerte den Abstand zu den USA (71 Prozent). Bedingt durch den Anpassungs- und Innovationsdruck setzen in der Region mehr Firmen in den nächsten drei Jahren auf Innovation (27 Prozent) als in der EU (24 Prozent) und in den Vereinigten Staaten (21 Prozent).
Dies sind einige Ergebnisse der EIB-Investitionsumfrage 2022 in Mittel-, Ost- und Südosteuropa, die heute auf der Euromoney-Konferenz in Wien vorgestellt wurde. Die Umfrage unter 5 000 Firmen wurde zwischen April und Juli 2022 durchgeführt und liefert einzigartige Informationen, die direkt von den Unternehmen stammen. Sie beleuchtet neben Finanzierungsproblemen und sonstigen Herausforderungen wie Investitionshindernissen, Klimawandel oder der digitalen Transformation auch die Folgen des Ukrainekriegs und der Coronapandemie.
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EIB-Vizepräsidentin Lilyana Pavlova: „Unsere Investitionsumfrage zeigt, dass die aktuelle Energiekrise Mittel-, Ost- und Südosteuropa noch stärker trifft als andere Teile der EU. Der Schlüssel zu Europas Energiesicherheit liegt in nachhaltiger, erneuerbarer Energie. Um den grünen Wandel voranzutreiben und die Region weniger abhängig von fossilen Brennstoffen zu machen, will die EIB ihre Finanzierungen für saubere Energien ausbauen und 115 Milliarden Euro mobilisieren: für Energieeffizienz, Erneuerbare, Netze, Ladeinfrastruktur und Speicherung.“
Debora Revoltella, Chefvolkswirtin der EIB: „Die verschiedenen Schocks der letzten drei Jahre haben Unternehmen in der EU und in Mittel-, Ost- und Südosteuropa vor viele Probleme gestellt. Letztere handeln jetzt. Sie setzen verstärkt auf Innovation (mehr als im EU-Durchschnitt), sie bleiben exportorientiert, und sie digitalisieren (und schließen in diesem Bereich zur EU und den Vereinigten Staaten auf). Der Anteil der Firmen, die in immaterielle Vermögenswerte investieren (Forschung und Entwicklung, Software, Weiterbildung), ist allerdings kleiner als in der EU. Die wichtigsten langfristigen Investitionshindernisse sind Unsicherheit, Fachkräftemangel und die Energiekosten.“
Mehr Geld für Klimaschutz und Innovation
Rund die Hälfte der Unternehmen meldete eine Beeinträchtigung ihres Geschäfts durch den Klimawandel, davon 10 Prozent in erheblichem Umfang. Maßnahmen gegen die damit verbundenen physischen Risiken ergriff im vergangenen Geschäftsjahr allerdings nur ein Drittel. Hier sind vor allem Unternehmen aus Rumänien (49 Prozent) und Estland (40 Prozent) zu nennen, während Ungarn mit 21 Prozent das Schlusslicht bildete. Die meisten Unternehmen bemühen sich, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern. Rumänien (93 Prozent) und Polen (90 Prozent) sind hier die Vorreiter, Bulgarien hinkt mit 70 Prozent etwas nach.
Anders als in der EU sehen Firmen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa in strengeren Klimastandards eher ein Risiko als eine Chance. Vor allem der Infrastruktursektor betrachtet den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren als Risiko (41 Prozent). Unternehmen in Rumänien sehen darin am ehesten eine Chance, ihre Pendants aus Litauen dagegen meist ein Risiko (43 Prozent). In Litauen ist der Anteil der Firmen, die bereits in Klimamaßnahmen investiert haben oder dies in den kommenden drei Jahren planen, am höchsten, gefolgt von Rumänien und Slowenien.
Internationaler Handel
Unternehmen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa waren weiter extrem exportorientiert und offen für den internationalen Handel. Allerdings hatten sie mit verschiedenen Handelsstörungen zu kämpfen. Im verarbeitenden Gewerbe (94 Prozent) und unter den Großunternehmen (79 Prozent) sind die meisten Firmen nach eigenen Angaben im internationalen Handel tätig, allen voran in Slowenien und der Slowakei. Acht von zehn Unternehmen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa meldeten Handelsstörungen seit 2021, und fast die Hälfte gab an, dass sowohl der Ukrainekrieg als auch Covid-19 ihr Geschäft beeinträchtigten. Maßnahmen gegen die Störungen waren hier häufiger als in der EU (45 Prozent gegenüber 37 Prozent). 63 Prozent der Unternehmen in der Region federten die Risken durch eine Ausweitung ihrer Handelspartner ab, vor allem in Rumänien (86 Prozent).