Eröffnungsansprache von EIB-Präsidentin Nadia Calviño auf der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg zum Jahresbericht 2023 der EIB
Es gilt das gesprochene Wort.
Merci, Monsieur le Président. Merci beaucoup. Es ist mir eine große Ehre und Freude, zum ersten Mal als Präsidentin der Europäischen Investitionsbank-Gruppe vor diesem Haus zu sprechen. Ich habe im Europäischen Parlament zuletzt die spanische Ratspräsidentschaft vertreten. Schon damals habe ich mich sehr gefreut, so viele bekannte Gesichter, so viele Freunde, Kolleginnen und Partner zu sehen.
In den acht Wochen seit meinem Amtsantritt als Präsidentin der Europäischen Investitionsbank-Gruppe habe ich mit den verschiedenen Stakeholdern gesprochen; letzte Woche traf ich Präsidentin Metsola. Heute haben wir eine Absichtserklärung unterzeichnet über die Kommunikation mit den europäischen Bürgerinnen und Bürgern im Vorfeld der Europawahl und über eine Vertiefung unserer Zusammenarbeit, insbesondere mit dem Europäischen Parlament. Dies wird künftig eine meiner obersten Prioritäten sein. Ich möchte dem Berichterstatter, Monsieur Cormand, und den Schattenberichterstattern ganz herzlich für ihre hervorragende Arbeit danken. Die Entschließung, über die Sie heute abstimmen, ist aus meiner Sicht überaus wichtig und kommt zur rechten Zeit.
Die Europäische Investitionsbank-Gruppe und das Europäische Parlament können sich als strategische Partner aufeinander verlassen. Wir bringen europäische Programme auf den Weg, die elementar wichtig sind, wenn die Bank ihr Potenzial bei der Finanzierung der notwendigen Investitionen für Europa voll ausspielen soll – Programme wie InvestEU und NDICI, die gestrige Annahme der Ukraine-Fazilität und die STEP-Programme. All diese Programme sind Garantien und Förderprogramme aus dem europäischen Haushalt, mit denen die EIB private Investitionen mobilisieren und so die Lücke bei der grünen und digitalen Wende schließen kann.
Letzte Woche hatte ich Gelegenheit, den europäischen Finanzministerinnen und -ministern unsere Kernprioritäten für die Zukunft vorzustellen. Diese Prioritäten stießen bei ihnen auf große Zustimmung – allen voran natürlich die Festigung unserer Position als Klimabank der EU. Mehr Investitionen in Adaptation, Mitigation und die Energiewende stehen für die EIB ganz oben auf der Liste. Dabei geht es um den Ausbau erneuerbarer Energien, aber auch um die Herstellung von Netto-Null-Technologien in der EU und die Finanzierung neuer, hochmoderner Technologien. Wir werden an einem neuen Wasserprogramm für Länder arbeiten, die besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, und an einem Programm zur KMU-Förderung in Europa. So bringen wir Investitionen in neue, energieeffiziente und wirtschaftlich rentable Technologien auf den Weg.
Unsere zweite Priorität ist, die Digitalisierung und technologische Innovation voranzutreiben. Denn eines ist klar: Für seine Zukunft braucht Europa Spitzentechnologien und einen Spitzenplatz im Technologierennen. Deswegen unterstützen wir ein neues, schnelleres Programm, nämlich einen Fonds, um den Weg zu strategischen Technologien und wirtschaftlicher Resilienz zu beschleunigen. Dabei geht es um Netto-Null-Technologien, aber auch um Chips, künstliche Intelligenz, Life Sciences, neue Werkstoffe und kritische Rohstoffe.
Unsere dritte Priorität lautet: mehr Investitionen in Sicherheit und Verteidigung. Europa weiß, dass es seine Fähigkeiten im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ausbauen muss. Und daran arbeiten wir bereits. In den vergangenen acht Jahren haben wir Projekte in den Bereichen Forschung und Entwicklung, neue Technologien, kritische Infrastruktur, Cybersicherheit, Weltraum sowie Dual-Use-Technologien und -Güter gefördert. Das bedeutet: Investitionen in Drohnen, Grenzschutz und Sicherheit in Städten. Ich weiß, dass das für die besonders exponierten Länder Priorität hat. Die Strategische Europäische Sicherheitsinitiative wurde letztes Jahr erst auf acht Milliarden Euro aufgestockt. Bisher wurden lediglich zwei Milliarden Euro investiert. Im Januar hat der Europäische Investitionsfonds ein neues 175-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, die europäische Defence Equity Facility, die sich an KMU und Start-ups in diesem Bereich richtet. Wir sind bereit, mehr für gemeinsame Projekte zu tun, die die europäische Industrie stärken und unsere Verteidigungsfähigkeit, aber auch unsere Abschreckungswirkung gegenüber Drittstaaten erhöhen. Ich bin Präsidentin von der Leyen sehr dankbar dafür, dass sie diesen Ansatz heute unterstützt hat.
Die vierte Priorität ist unser Beitrag zu einer modernen Kohäsionspolitik. Sie ist Teil unserer DNA und strategisch richtig und notwendig, wenn wir Chancen und Talente zusammenbringen wollen. Talentierte Köpfe finden sich überall in der EU – Chancen nicht. Wir müssen Klimaschutz, Kohäsion und Wettbewerbsfähigkeit so verbinden, dass die grüne Wende ein europäischer Erfolg wird.
Unsere fünfte Priorität ist die Entwicklung innovativer Finanzierungen für die Landwirtschaft und die Bioökonomie. Hier prüfen wir neue Versicherungen und Programme zur Risikominderung für diesen Kernbereich der europäischen Wirtschaft.
Unsere sechste Priorität sind mehr Investitionen in soziale Infrastruktur, also Bildung, Kompetenzen, natürlich Gesundheit und bezahlbarer Wohnraum. Dies sind Schlüsselbereiche für unsere Ziele: ein nachhaltiges Wachstum, an dem alle teilhaben, und die Steigerung des europäischen Wachstumspotenzials.
Die siebte Priorität liegt auf Pionierarbeit für die Kapitalmarktunion. Die Europäische Investitionsbank-Gruppe kann andere Finanzinstitute in die Aufgabe einbinden, die Bausteine für eine echte, tiefe und breite Kapitalmarktunion zu schaffen, und dafür wegweisende europäische Finanzierungsinstrumente entwickeln.
Und nicht zuletzt müssen wir unsere Arbeit außerhalb der EU an unseren strategischen Prioritäten ausrichten. Die Unterstützung der Ukraine steht dabei natürlich ganz oben auf der Liste, weshalb die Annahme der Fazilität EU für die Ukraine extrem hilfreich ist. Gemeinsam mit der EBWE und anderen wichtigen Finanzpartnern und nationalen Regierungen möchten wir der Ukraine weiter helfen – jetzt und künftig beim Wiederaufbau.
Dies, wenn der Krieg vorbei ist, so bald wie möglich hoffentlich. Weitere Ziele sind ein erfolgreicher Erweiterungsprozess, Hilfe für unsere Nachbarschaft, Maßnahmen für Afrika, Lateinamerika und Asien und Unterstützung der Global-Gateway-Initiative. Dies sind unsere Top-Prioritäten für die Zukunft, um Europas Stimme in der Welt zu stärken.
Lassen Sie mich zusammenfassen, meine Damen und Herren: Die Europäische Investitionsbank-Gruppe, die Bank der EU, investiert in Europas Zukunft. Sie investiert in unsere gemeinsame Zukunft. Ihre Prioritäten sind eng miteinander verknüpft und gehen zentrale Herausforderungen an. Sie stehen voll in Einklang mit den europäischen Zielen und mit den Zielen, die das Europäische Parlament aufgezeigt hat und die in der Erklärung und dem Bericht zusammengefasst sind, über die heute abgestimmt wird. Damit wollen wir die Investitionslücke bei der grünen und digitalen Wende schließen und den Zusammenhalt und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa, unsere strategische Autonomie sowie unsere Sicherheit und Widerstandsfähigkeit stärken. Ich freue mich sehr darauf, mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission weiter daran zu arbeiten, dass wir den Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger gerecht werden.
Vielen Dank!