EIB-Vizepräsident Thomas Östros hielt die Eröffnungsrede beim gemeinsam von der Bank und Project Syndicate ausgerichteten Event Climate & Development Finance: What Works?

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Es gilt das gesprochene Wort.


 

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Meine Damen und Herren, herzlich willkommen hier in New York und an alle, die online zugeschaltet sind.

Ich muss sagen: Der Titel unseres heutigen Events gefällt mir – What Works? – das ist es im Kern, worum es in dieser Woche hier geht. Gemeinsam Lösungen zu finden für die Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Wir müssen einander nicht mehr davon überzeugen, dass wir einen Klimanotstand haben. Auch nicht, dass er die globale Entwicklung maßgeblich beeinflusst.

Was wir TUN müssen, ist, eine neue Dynamik für den globalen Klimaschutz als „Business Case“ entwickeln.

Vera Songwe (die heute bei uns ist, worüber ich mich sehr freue), Nicholas Stern, Amar Bhattacharya und andere Ökonomen sagen: Die Entwicklungsländer brauchen mindestens 350 Milliarden US-Dollar mehr pro Jahr an günstigen Krediten, um klimaresilienter zu werden und ihre Gesundheitssysteme für Pandemien zu wappnen.

Das schaffen wir nur, wenn wir diesen „Bedarf“ als „Investition“ verstehen. Ich bin überzeugt: Klimaschutz ist in den kommenden Jahren der starke Wachstumsmotor in Entwicklungsländern … und die wesentliche Quelle für eine bessere Resilienz der Vulnerabelsten.

Dekarbonisierung bedeutet NICHT De-Industrialisierung, im Gegenteil.

Dekarbonisierung bedeutet Innovation, Technologie, Wachstum, Entwicklung und damit Stabilität und Wohlstand für künftige Generationen.

Wir müssen im großen Stil umsetzen, was heute funktioniert, und mehr Erfindergeist in neue Lösungen stecken, die sich schnell hochskalieren lassen.

Die öffentliche Hand und multilaterale Entwicklungsbanken können entscheidend helfen, indem sie:

  • Risiken übernehmen, die der Privatsektor nicht schultern will, 
  • Sektoren fördern, in denen die wirtschaftliche Rentabilität noch unklar ist, und
  • geduldiges“ Kapital, wie wir es nennen, in den Markt bringen.

Die Bridgetown-Initiative unter der Führung von Ministerpräsidentin Mia Mottley aus Barbados und UN-Generalsekretär António Guterres drängt auf eine Reform der internationalen Finanzarchitektur, um dem Entwicklungsbedarf im Globalen Süden gerecht zu werden.

Internationale Finanzinstitutionen und multilaterale Entwicklungsbanken wie die Europäische Investitionsbank müssen ihren Teil beitragen. 

Für uns heißt das: Wir hebeln jeden Cent, den unsere Anteilseigner uns geben, indem wir private Investoren mit an Bord holen. Für Projekte, die Emissionen senken und Länder widerstandsfähiger machen – gegenüber dem Klimawandel, aber auch gegenüber anderen Krisen, wie etwa Pandemien.

Dabei möchte ich betonen: Wir müssen weit mehr tun als das, was schnell erreichbar ist. Wir müssen erhebliche Summen in wirklich transformative Technologien stecken, etwa für Branchen wie die Stahl- und Zementindustrie, in denen die Emissionsminderung schwierig ist. Da brauchen wir wirklich ganz neue Lösungen.

Wir können – und müssen – uns den Herausforderungen stellen und den Kampf gegen den Klimawandel gewinnen. Nicht mit Angst, die nur lähmt, sondern indem wir die Chancen nutzen, die Mut machen.

 

Ich weiß, wie viel Arbeit ein Klimaprojekt macht, bis es losgeht – vor allem, wenn es um Klimaanpassung geht. Bis ein Projekt bankfähig und so geplant ist, dass es die gewünschte Wirkung bringt.

Wir müssen unseren Partnern gut zuhören. Dann können wir dem berechtigten Wunsch der Entwicklungsländer nach Lösungen entsprechen und das Unmögliche schaffen:

  • trotz knapper Ressourcen und mangelnder Fachkompetenz Projekte auf den Weg bringen,
  • trotz eines massiven Investitionsbedarfs die Schuldentragfähigkeit sichern und
  • trotz einer hohen Anfälligkeit für Katastrophen investieren.

Dazu haben wir bei der EIB kürzlich beschlossen, die Laufzeit unserer Kredite an Staaten auf bis zu 30 Jahre zu verlängern, mit einer tilgungsfreien Zeit von bis zu zehn Jahren. Wir haben auch unsere globale Präsenz ausgebaut, damit wir näher bei unseren Kunden sind und unser Fachwissen weitergeben können. Und um andere Ideen mit Leben zu füllen: unsere Debt-for-Nature- und Debt-for-Climate Swaps etwa. Außerdem nehmen wir Klimaklauseln in unsere Finanzierungen auf.

 

Europa wacht jetzt auf, denke ich. Aber wir sind immer noch zu langsam: Wir brauchen einen starken Kaffee.

Der kollektive Weckruf war ziemlich traumatisch, mit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022.

Unsere Abhängigkeit von russischem Gas ging auch zulasten der Marktanreize für den Umstieg auf Erneuerbare. Es war eine bittere Lektion: In fossile Energie investieren ist einfach eine schlechte Idee – auch aus finanzieller Sicht.

Bei der EIB hatten wir schon 2019 beschlossen, Projekte mit fossilen Energieträgern ohne CO2-Minderung künftig nicht mehr zu finanzieren, einschließlich Erdgas.

Und 2020 sagten wir zu, spätestens 2025 mindestens die Hälfte unserer Mittel für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit bereitzustellen und bis 2030 eine Billion Euro in grüne Projekte zu lenken.

Wir liegen gut im Plan – nicht nur beim Finanzierungsvolumen, sondern auch in puncto Wirkung und beim Fokus unserer Projekte, nämlich auf Technologien für die grüne Wende.  

 

Der Weckruf hat noch etwas gebracht: Endlich achten wir weltweit mehr auf Partnerschaften auf Augenhöhe – Partnerschaften auf der Grundlage von innovativem Klimaschutz, einer festen Zusage für Klimaanpassung und eines Brückenschlags für Investitionen in aller Welt.

Die Argumente für Klimaschutz sind stärker denn je.

Damit möchte ich schließen und wünsche Ihnen einen erfolgreichen Morgen.

Vielen Dank!