Afrikas Wachstum hängt von der Ausbildung einer neuen Führungskräftegeneration ab – die Schüler einer Schule in Kenia sind auf dem besten Weg
An einem Feldweg abseits der Hauptstraße nach Nakuru in Westkenia schuftet eine Gruppe von Männern auf einem Holzplatz, tief über die Stämme gebeugt. Hin und wieder strecken sie ihren müden Rücken, um einem Besucher nachzusehen. Dieses Bild von Afrika – arm, unterentwickelt und rau – ist uns allen vertraut.
Doch nach dem Maisfeld am Ende des Feldwegs beginnt Afrikas Zukunft. Hinter einem grünen Tor, das mit rosafarbenen Flamingos aus Eisen verziert ist, wird an der Greensteds International School die nächste Führungskräftegeneration des Kontinents ausgebildet. Das ist von immenser Bedeutung, weil das weltweite Bevölkerungswachstum in diesem Jahrhundert vor allem in Afrika stattfinden dürfte. Dieser Trend eröffnet gewaltige Chancen für wirtschaftliches Wachstum, wenn es dem Land gelingt, effektive und verantwortungsvolle Führungspersönlichkeiten für Spitzenpositionen in Wirtschaft und Politik auszubilden.
„Wir verwenden viel Zeit auf die Charakterbildung unserer Schüler, damit sie zu integren Führungspersönlichkeiten werden können“, erklärt John Murray Walker, der 46-jährige Direktor der Schule.
Ein Mädchen auf dem Greensteds-Campus
Afrikas Bildungsbedarf
Afrika hat 1,2 Milliarden Einwohner und beheimatet damit 16 Prozent der Weltbevölkerung. Prognosen der Vereinten Nationen zufolge dürfte sich diese Zahl bis 2050 verdoppeln. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird die Weltbevölkerung voraussichtlich um 3,8 Milliarden Menschen anwachsen – davon 3,2 Milliarden Afrikaner. 39 Prozent der Weltbevölkerung dürften dann in Afrika leben.
Afrikas starkes Bevölkerungswachstum geht vor allem auf die Fortschritte im Gesundheitswesen zurück: Afrikaner, die im Jahr 1955 geboren wurden, hatten eine Lebenserwartung von lediglich 37 Jahren – heute liegt sie bei 60 Jahren.
Natürlich kann dieses Wachstum auch zu einer Verschärfung bestehender Probleme führen. Ein Bereich, in dem dringend Fortschritte notwendig sind, ist das afrikanische Bildungswesen. Weniger als 20 Prozent der afrikanischen Frauen sind je zur Schule gegangen. Die Hälfte der Kinder, die weltweit keine Schule besuchen, lebt in Afrika – das sind rund 30 Millionen Jungen und Mädchen.
Brian Mugabe, oberster Aufsichtsschüler von Greensteds, vor dem neuen Wohnheim der Schule
Der spätere Arbeitsort? Natürlich in Afrika!
Das Beispiel von Brian Mugabe macht Mut.
Mit 18 Jahren ist Mugabe oberster Aufsichtsschüler in Greensteds. Er kam mit 13 aus seinem Heimatort Kampala in Uganda an die Schule. Obwohl er weit von seiner Familie entfernt in einem Internat lebte, fühlte er sich schon bald zu Hause. „Am Anfang hatte ich etwas Angst“, erzählt er. „Aber alle hier waren sehr nett zu mir.“
Als Schwerpunktfächer hat der junge Mann Chemie, Geographie und Sport gewählt. Sein Ziel ist es, an einer Universität in Großbritannien zu studieren.
Viele Menschen in seiner Lage würden nach dem Studium vielleicht im Ausland bleiben wollen, um sich in einem reicheren Land eine Zukunft aufzubauen. Doch Mugabe will als Lehrer nach Afrika zurückkehren.
„Die Schule hat meine Führungsqualitäten geweckt und gefördert“, sagt er. „Als ich ankam, war ich ein kleiner, schüchterner Junge. Heute gehe ich offen auf Menschen zu. Diese Persönlichkeitsentwicklung verdanke ich Greensteds.“
Die EIB investiert in Afrikas Bildungseinrichtungen
Mugabes Freunde aus der Kindheit, die in Uganda geblieben sind, haben nicht eine solche Schulbildung erhalten wie er. „Ich denke, ich habe heute bessere Chancen als sie. Sie fragen mich nach Universitäten, und ich kann ihnen immer helfen, weil die Lehrer in Greensteds mir geholfen haben. Hier werde ich bestens beraten.“
„Es gibt in ganz Uganda keine Schule wie Greensteds.“
Greensteds wurde kürzlich um ein neues Wohnheim für die männlichen Schüler erweitert. Der Bau kostete eine Million Euro und wurde unter anderem mit einem Darlehen der ABC Bank finanziert, das fast die Hälfte der Projektkosten abdeckte. ABC erhielt die Mittel aus einem günstigen Darlehen der Europäischen Investitionsbank. Das Darlehen im Umfang von über 20 Millionen Euro ist eines von mehreren, die die Bank der EU in Afrika bereitstellt. Zwischengeschaltete Institute wie ABC nutzen Finanzierungsmittel der EIB für Investitionen in Projekte, die vor Ort etwas bewirken.
Der Greensteds-Campus bei Nakuru
Bildung in Afrika: Hoffnung und Vision
Die meisten Schüler von Greensteds kommen aus Ostafrika, viele von ihnen aus der 17 Kilometer nördlich gelegenen Stadt Nakuru. Auch die Mitarbeiter der Schule stammen aus der Region. Greensteds wurde 1936 gegründet und zählt heute zu den größten Arbeitgebern in Nakuru. Die meisten Lehrer sind Briten und wurden aufgrund ihrer Erfahrung mit dem britischen Lehrplan eingestellt, nach dem an der Schule unterrichtet wird. Einige Lehrer kommen auch aus Kenia.
Direktor Murray Walker, den es aus dem südenglischen Southampton nach Afrika zog, schickt seine Schüler auf Universitäten rund um die Welt. Aber er will, dass sie zurückkommen. „Unsere Hoffnung und unsere Vision ist, dass unsere Schüler eine Universität außerhalb von Ostafrika besuchen“, sagt Walker. „Ich hoffe jedoch gleichzeitig, dass die Mehrheit von ihnen nach dem Studium wieder nach Ostafrika zurückkehrt, um hier etwas zu bewegen. Und ich glaube fest daran.“
Moderne Einrichtungen
Die Kinder im Alter von 2 bis 18 Jahren beschreiben die Einrichtungen der Schule mit sichtlicher Begeisterung. Das Wohnheim für die 16- bis 19-jährigen Jungen, das von der EIB mitfinanziert wurde, ist ein moderner Bau aus regionalem Stein mit Aufenthaltsräumen und einladenden Schlaf- und Arbeitszimmern. Dieses Gebäude hat „einen sehr positiven Einfluss darauf, wie die Schüler lernen und leben“, erklärt Murray Walker.
„Die Jungen sind sehr glücklich mit dem Wohnheim“, fährt der Direktor fort. „Daher wollen die Mädchen jetzt auch eins.“
Zwei Greensteds-Kids