Gründungskapital hilft afrikanischen Start-ups auf die Beine, wenn noch niemand an ihren Erfolg glaubt
Von Yusuf Yassin
Die Zeichen standen nicht gut, als die ägyptischen Brüder Ashraf und Haytham El Fadeel im Jahr 2009 Kngine auf den Markt brachten: eine Online-Suchmaschine, die Fragen beantwortet und den Kundendienst automatisieren kann. Die frischgebackenen Hochschulabsolventen brauchten dringend Geld, um ihre Suchmaschine weiterzuentwickeln. Sie klopften bei mehreren Investoren an, aber ohne Erfolg.
Erst 2011 wachte die Investorenszene auf – nachdem der Kairoer Risikokapitalgeber Sawari Ventures den Brüdern 275 000 US-Dollar gegeben hatte. Kngine drehte eine weitere Finanzierungsrunde und wurde 2017 vom südkoreanischen Elektronikriesen Samsung übernommen.
Frühes Kapital ist wichtig
Wael Amin, ein Partner von Sawari Ventures, sieht in Nordafrikas Technologiebranche noch weitere wachstumsstarke Jungunternehmen wie Kngine. Es komme nun darauf an, sie zu finden und dann zu fördern.
„Da draußen gibt es fantastische Start-ups mit tollen Bewertungen, die sich durchaus zu Global Playern entwickeln können“, prognostiziert er.
Bis vor Kurzem investierte Sawari Ventures ausschließlich eigenes Kapital in regionale Talente. Das änderte sich im vergangenen Jahr mit dem Sawari Ventures North Africa Fund I. Der neue Fonds warb 35 Millionen US-Dollar von anderen Investoren ein, darunter 11,3 Millionen US-Dollar von der Europäischen Investitionsbank.
300 neue Unternehmen und 5 000 Arbeitsplätze in Afrika
Der Sawari Ventures North Africa Fund I richtet sich an Unternehmen in der Früh- und Wachstumsphase in Ägypten, Tunesien und Marokko. Sawari will mit dem Kapital 300 Unternehmen in Nordafrika unterstützen und bis zu 5 000 Arbeitsplätze schaffen oder sichern. Ein weiterer Fonds, gespeist von ägyptischen Einrichtungen, soll zusätzliche 25 Millionen US-Dollar für Start-ups bringen.
Erst die Beteiligung der Europäischen Investitionsbank zog weitere Investoren an, glaubt Amin: „Die EIB war die erste Finanzierungsinstitution, die Interesse an unserem Projekt gezeigt hat. Ohne ihre Beteiligung hätte die Mitteleinwerbung nicht geklappt.“
Afrikanische Talente wandern ins Ausland ab
Ägyptens Universitäten bringen jedes Jahr Tausende talentierte Informatiker und Ingenieure hervor. Da es im Land jedoch kaum Arbeitsmöglichkeiten gibt, gehen viele von ihnen im Ausland auf Jobsuche, etwa in Dubai. Nach Angaben der Weltbank liegt die Jugendarbeitslosigkeit in Ägypten bei 34 Prozent.
Seit sich in der Region eine Start-up-Szene entwickelt, wandern weniger Talente ab. Zehn Prozent des Sawari North Africa Fund gehen an Flat6Labs, ein von Sawari Ventures eingerichtetes Gründerzentrum, das regionale Start-ups begleitet und sie mit einem großen Mentoren-Netz in Kontakt bringt.
Innovationen fördern
Mit ihrer Beteiligung am neuen Fonds von Sawari Ventures unterstützt die Europäische Investitionsbank erstmals ein Projekt aus der Risikokapitalfazilität der Resilienzinitiative. Dabei kombiniert die Bank eigene Mittel mit Geldern anderer Geber. Acht EU-Länder – Kroatien, Italien, Litauen, Luxemburg, Italien, die Slowakei, Slowenien und das Vereinigte Königreich – haben dafür insgesamt 25 Millionen Euro bereitgestellt.
Felix Knidlberger, bei der EIB für Kapitalbeteiligungen zuständig, ist sich sicher: Ohne diese Geber wäre die Beteiligung am Fonds nicht zustande gekommen. „Risikokapital hat ein höheres Verlustrisiko. Deshalb darf die Bank dafür nur begrenzt eigene Mittel einsetzen. Folglich waren wir auf die Gebermittel angewiesen.“
Nun könnte man fragen, warum Start-ups nicht einfach einen Kredit aufnehmen. Aber Amin winkt ab. Zusätzliche Schulden würden Unternehmer von Innovationen abhalten: „Wer unter einer Schuldenlast ächzt, geht ungern Risiken ein und bleibt lieber beim Bewährten.“
Der Uber unter den Bussen
Mit der ersten Investition aus dem North Africa Fund I unterstützte Sawari Ventures ein ägyptisches Busunternehmen namens Swvl (gesprochen: „Swiffel“). Das Unternehmen betreibt in den beiden größten Städten des Landes – Alexandria und Kairo – mehr als 650 Buslinien. Damit will es gegen ein eklatantes Problem angehen: zu viele Autos und zu wenig öffentliche Verkehrsmittel.
Swvl bezeichnet sich gern als „Uber unter den Bussen“. Über seine mobile App können Fahrgäste Busfahrern in Echtzeit signalisieren, wo sie zusteigen möchten. Bezahlt wird auch über die App. So können sich die Fahrer ganz auf die Straße konzentrieren. Seit Jahresbeginn ist Swvl auch in Kenia aktiv. Weitere afrikanische Märkte sollen dazukommen.
Auch Knidlberger will die App von Swvl herunterladen, bevor er das nächste Mal nach Afrika fliegt.