In den Amazonaswäldern kann Kaffee die Bodenzerstörung eindämmen – ein Fonds hilft Bauern, effizienter und nachhaltiger anzubauen
Von Yusuf Yassin
Wie schon seine Eltern und Großeltern baut Gilbert Carranza Barboza in der nordperuanischen Provinz Utcubamba Kaffee an. Aber er und viele andere Kleinbauern in diesem Teil des Amazonaswaldes verkaufen nicht genug Kaffee, um sorgenfrei zu leben oder zu expandieren.
Um ihre Erträge zu steigern und auf internationale Märkte zu gehen, schlossen sich Gilbert und 230 andere Produzenten Café Selva Norte an, einem Verbund von Genossenschaften aus der Land- und Forstwirtschaft. Café Selva Norte vergibt Kredite an Bäuerinnen und Bauern und berät sie, wenn sie Hilfe bei der Bewirtschaftung und Sanierung geschädigter Böden in Nordperu brauchen. Auch Gilberts Genossenschaft erhielt Geld. Damit konnte sie eine Verarbeitungsanlage bauen und ein Vertriebsteam einstellen, sodass die Bäuerinnen und Bauern nun die volle Kontrolle über die Kaffeeproduktion haben. Die Produktion von Gilbert stieg daraufhin um das Fünffache.
Gegründet und finanziert wurde Café Selva Norte von Ecotierra, einem kanadischen Unternehmen, das Mittel und Beratung für land- und forstwirtschaftliche Projekte weltweit bereitstellt. Die Europäische Investitionsbank hilft Ecotierra und den peruanischen Bäuerinnen und Bauern, indem sie in den Land Degradation Neutrality Fund investiert. Das ist ein Investitionsfonds, der von den Vereinten Nationen eingerichtet wurde und von der französischen Fondsgesellschaft Mirova verwaltet wird. Sein Ziel ist es, geschädigte Böden weltweit zu retten. Die Europäische Investitionsbank ist ebenso wie der Staat Luxemburg und die französische Entwicklungsbank Agence Française de Développement ein Ankerinvestor.
Nachhaltig Kaffee anbauen
Durch Ecotierra entdeckte Gilbert neue Methoden, etwa die, seine Kaffeepflanzen stärker zu beschatten. „Wir pflanzen Bäume. Mit ihrer Hilfe regulieren wir die Temperatur in unseren Plantagen, schaffen das richtige Mikroklima für die Reifephase und tragen gleichzeitig zur Nachhaltigkeit unseres Planeten bei“, erklärt der 37-Jährige.
Gilberts Jahresproduktion hat sich verfünffacht, seit er Bäume anpflanzt. Er baut jetzt auch hochwertigen Bio-Kaffee an, ein Spitzenprodukt, das höhere Preise erzielt.
Café Selva Norte will 23 000 Hektar geschädigten Boden in fruchtbare Flächen umwandeln, den CO2-Ausstoß um jährlich 1,3 Millionen Tonnen senken und bessere Lebensbedingungen für 2 400 Kaffeebäuerinnen und -bauern schaffen.
Weite Teile der Amazonaswälder wurden zerstört und mussten der Landwirtschaft weichen. Peru will diese Entwicklung umkehren und 3,2 Millionen Hektar geschädigten Boden erneuern. Dazu braucht das Land aber Hilfe von außen.
Genau da setzt Ecotierra mit dem Urapi Sustainable Land Use an. Aus diesem Fonds werden langfristige Kredite für Projekte wie Café Selva Norte bereitgestellt. Café Selva erhielt einen 12,7 Millionen-Dollar-Kredit, Urapi wiederum erhielt 13 Millionen Dollar aus dem Land Degradation Neutrality Fund der UNO.
Der Bodenzerstörung bis 2030 ein Ende setzen
Den Vereinten Nationen zufolge sind rund 30 Prozent aller Bodenflächen weltweit geschädigt, und jährlich gehen etwa 12 Millionen Hektor fruchtbaren Landes verloren – fast die Fläche Griechenlands. Der Grund: Die Menschen beuten den Boden aus und investieren nicht genug in seine Erhaltung.
Das UN-Ziel 15 für eine nachhaltige Entwicklung lautet, die Umweltzerstörung zu bekämpfen, indem geschädigte Flächen saniert und nachhaltig bewirtschaftet werden. Bis 2030 – so hofft die UNO – wird die Sanierung und nachhaltige Nutzung des Bodens die Zerstörung überwiegen. Die UNO nennt das „Neutralität der Bodendegradation“. Umfangreiche Investitionen sind erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.
Öffentliche und private Mittel
Eine Möglichkeit, mehr Mittel bereitzustellen, sind Vehikel wie der Land Degradation Neutrality Fund. Dieser Fonds wurde aufgelegt, um mehr private Investoren für Projekte zur nachhaltigen Landbewirtschaftung zu gewinnen. Er ist einer der wenigen, der öffentliche und private Mittel kombiniert und für die UN-Nachhaltigkeitsziele einsetzt.
Gautier Queru, Fondsdirektor bei Mirova, erklärt seine Ziele: Er investiert in Projekte, die der Bodensanierung dienen und die örtlichen Gemeinschaften fördern, gleichzeitig aber auch eine Rendite bieten. Die Darlehen für land- und forstwirtschaftliche Projekte werden in der Regel aus den Verkaufserlösen von Holz und Bio-Kaffee zurückgezahlt. Solarmodule werden aus den Stromerlösen finanziert.
2016 sagte die Europäische Investitionsbank bis zu 45 Millionen US-Dollar für den Fonds zu, während der luxemburgische Staat 5 Millionen Euro bereitstellte. Für andere Investoren war der Einstieg der Europäischen Investitionsbank und der Klimafinanzierungsplattform Luxemburg-EIB der Anlass, ebenfalls mitzumachen. Der Fonds konnte bereits die Hälfte seines Zielvolumens von 300 Millionen Dollar einwerben.
Martin Berg ist Leiter des Referats Umwelt- und Klimafinanzierung bei der Europäischen Investitionsbank. Er sagt, dass die Beteiligung der EIB und Luxemburgs wesentlich zum Erfolg des Fonds beigetragen hat. „Diese Zusagen haben den Fonds auch für risikoscheue Investoren attraktiver gemacht“, erklärt er.
In Peru ist Gilbert überzeugt: Wenn die Bäuerinnen und Bauern Zugang zu Krediten haben, hilft ihnen das über Generationen hinweg. Er jedenfalls konnte seine Anbaufläche von einem auf sechs Hektar vergrößern und sieht nun die Zukunft seiner Familie in rosigeren Farben.
„Ich erkläre jetzt meinen zwei Kindern, wie Agroforstwirtschaft funktioniert, und hoffe, dass sie einmal mein Geschäft übernehmen werden“, sagt er.