Die 48-Stunden-Blockchain-Challenge der EIB

Das sieht man nicht alle Tage in der EIB:

Statt smarten Bankern in Maßanzug und Krawatte saßen dort unrasierte Kapuzenpulliträger in Jeans und Turnschuhen hinter ihren Laptops und Tablets. Was war passiert? Ganz einfach, die EIB hatte zu ihrer Blockchain Challenge eingeladen.

56 Programmierer aus aller Welt arbeiteten, aßen und schliefen in der Bank mit nur einem Ziel vor Augen: Finanzgeschäfte mit der Blockchain-Technik vereinfachen – und das in 48 Stunden.

Programmieren geht über Studieren

Bei einem solchen „Hackathon“ versuchen Teams von Programmierern, Softwareentwicklern, Projektmanagern und anderen Experten, eine Softwarelösung für ein reales Problem zu finden.

Matevž Nolimal aus der Direktion Finanzen der EIB war für das Blockchain-Team der Bank verantwortlich: „Ziel war es, Treasury-Prozesse zu vereinfachen, die derzeit noch oft per Hand ausgeführt werden müssen. Mit der Blockchain-Technologie kann man vieles schneller machen und automatisieren. Umständliche Verfahren und sogar Intermediäre können damit komplett wegfallen.“

>@Mireia Gonzalez Torrijos/EIB

Die Bank hatte ein eigenes Team aufgestellt

Aber was ist eine Blockchain eigentlich genau? Eine Blockchain ist eine Art digitales Datennetz, in dem geschäftliche Transaktionen in einzelnen Blöcken gespeichert werden. Damit können Geschäfte zwischen zwei oder mehreren Parteien effizient und sicher abgewickelt werden. Und da die Blockchain ein offenes System ist, können die Informationen zu einem Geschäft von allen beteiligten Parteien jederzeit eingesehen werden. Für Privatpersonen oder Institutionen bedeutet das, dass sie ihre Finanzgeschäfte direkt untereinander tätigen können – ohne den Umweg über Banken oder sonstige Mittler.

„Wir wollen mit der Challenge Finanzgeschäfte modernisieren“, erklärt Frank Roessig von Telindus, einem Luxemburger Unternehmen, das digitale Lösungen für die Finanzbranche entwickelt. Roessig hat die Blockchain Challenge zusammen mit der EIB sowie den Luxemburger Organisationen Nyuko und Luxembourg Open Innovation Club organisiert, die Unternehmern und innovativen Start-ups unter die Arme greifen.

>@Mireia Gonzalez Torrijos/EIB

„Wir wollen mit der Challenge Finanzgeschäfte modernisieren“, erklärt Frank Roessig von Telindus, einem Luxemburger Unternehmen, das digitale Lösungen für die Finanzbranche entwickelt.

„Die EIB braucht häufig kurzfristige Mittel für ihre Geschäfte. Wir wollen herausfinden, ob das mit der Blockchain schneller, billiger und effizienter geht“, so Roessig.

Die Blockchain-Technologie wurde erstmals 2009 als Gerüst für die Kryptowährung Bitcoin verwendet. Seitdem entwickelt sie sich ständig weiter und kommt mittlerweile auch in anderen sicheren Anwendungen zum Einsatz. Roessig: „Die Blockchain ist eine neue Technik, und um sie richtig auszuloten, muss man sie praktisch testen. Genau das hat die EIB gemacht. Sie hat die besten Programmierer der Welt eingeladen, um zu sehen, was dabei herauskommt.“

Coder und Banker Seite an Seite

Nach der Eröffnung der Veranstaltung durch Francisco Castro, den Leiter des Treasury-Backoffice der Bank, machten sich die Programmierer sofort ans Werk.

>@Mireia Gonzalez Torrijos/EIB

Francisco Castro, Leiter des Treasury-Backoffice der EIB, eröffnet die Blockchain Challenge

„Ich bin erst das zweite Mal bei so einer Veranstaltung dabei, aber ich bin ganz begeistert“, schwärmt Alicia English, Data Scientist von der Organisation der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Rom. „Wir können uns hier direkt an die Experten wenden, das ist ein echter Vorteil. Bei anderen Veranstaltungen war das nicht so.“

Parallel zur Blockchain Challenge lief eine Veranstaltung, die die Treasury-Abteilung der EIB jedes Jahr mit der Bankenbranche organisiert. So konnten sich die Programmierer bei Experten für Finanztechnologie und den Bankenpartnern der EIB sofort Antworten auf ihre Fragen holen. 

„Wir Programmierer sind quasi der Arzt, und die Banken sitzen uns als Patienten gegenüber. Sie sagen uns, wo es weh tut und wo wir helfen können“, sagt Miguel Diaz Montiel aus Mexiko.

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Miguel Diaz Montiel (rechts) und sein Team bei der Blockchain Challenge der EIB

Diaz Montiel reiste allein zu der Challenge an, schloss sich aber bald mit anderen unabhängigen Programmierern aus China, Luxemburg, Frankreich und Spanien zu einem Team zusammen. „Wir haben ganz spontan zusammengefunden, arbeiten aber wirklich gut zusammen“, freut er sich. Neben ihrem bunt zusammengewürfelten Grüppchen nahmen noch neun andere Teams an der Challenge teil. Zwei Programmierer versuchten es auf eigene Faust.

Drei Tage, zwei Nächte

Der Einsatz war hoch. Einige Teilnehmer blieben Tag und Nacht in der Bank. Um Zeit zu sparen, machten sie nur ein kurzes Nickerchen in ihren Schlafsäcken oder auf den Sofas der EIB, und dann ging es weiter. Die Bank half ihnen mit Getränken, Gebäck und einem Großaufgebot an Snickers, Twix und Bountys dabei, wach zu bleiben.

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Nach 48 Stunden war es dann soweit: Die Teilnehmer mussten ihre Ergebnisse der Jury präsentieren. Unter den vielen interessanten Lösungen wählte die Jury vier Finalisten aus, von denen schließlich das Team von Ernst and Young klar das Rennen machte. In ihren auffälligen gelben „EY“-T-Shirts waren sie nicht zu übersehen.

„Ich hatte mit dem Sieg gerechnet, weil wir wirklich hart darauf hingearbeitet haben“, verriet Angel Pavlov, Senior Manager von EY. „Wir haben in unsere Lösung neben der Blockchain auch Robotik eingebaut, und ich glaube, alle haben erkannt, dass das wirklich funktionieren kann.“

Matevž Nolimal erklärt, wie diese Lösung genau aussieht:

„Der Vorschlag von EY besteht darin, Blockchain-Technik und Robotik innerhalb der Verfahren zu nutzen, die wir schon haben. Die aktuelle Konstellation aus Gegenparteien, Zahlstellen und Zentralverwahrern wird dabei nicht angetastet. Stattdessen geht es darum, die internen Verfahren zu optimieren.“

Auch wenn der Sieg offenbar nicht ganz unerwartet kam, schien das EY-Team doch etwas überrascht. Vielleicht lag das an dem Scheck über 5 000 Euro für den Sieger. Oder an der Aussicht auf den sechsmonatigen Vertrag mit der Bank, um die siegreiche Lösung umzusetzen. Pavlov: „Wir feiern jetzt erstmal, und dann geht die Arbeit erst richtig los.“