Sicherer Wasserstofftransport: Das Element lässt sich wie von einem Schwamm aufsaugen und wieder freisetzen

Die Erde wird immer wärmer. Deshalb müssen wir schnellstmöglich zu sauberen Energien übergehen. Wasserstoff spielt in einem klimaneutralen Energiesystem eine wichtige Rolle. Er ist das leichteste Element im Universum und liefert dreimal so viel Energie wie Benzin. Dabei verbrennt er sauber – ohne Treibhausgasemissionen.

Aber die Nutzung des vielversprechenden Elements geht mit einigen Herausforderungen einher. Wasserstoff kommt nur gebunden in der Natur vor. Deshalb muss er mithilfe anderer Energiequellen produziert werden. Damit er grün ist, müssen diese Quellen erneuerbar sein. Eine Möglichkeit der Herstellung ist die Wasserelektrolyse, bei der Wassermoleküle durch Strom aus Wind und Sonne aufgespalten werden.

Und weil Wasserstoff so leicht ist, lässt er sich nur schwer von Orten mit viel Sonne oder Wind transportieren, ohne an Stabilität und Leistung einzubüßen. „Man muss ihn quasi direkt dort einsetzen, wo er produziert wird“, erklärt Farnaz Sotoodeh, Gründerin des niederländischen Start-ups C2CAT.

Sie begann bereits vor 15 Jahren über Wasserstoffspeicherung und -mobilität nachzudenken, als sie an der kanadischen University of British Columbia im Fach Chemical Engineering promovierte. 2020 gründete sie C2CAT. Das Start-up entwickelt maßgeschneiderte Katalysatoren für die Wasserstoffproduktion und -speicherung.

Mit seinem Durchbruch in grüner Wasserstofftechnologie stand C2CAT 2023 im Finale des Wettbewerbs für Soziale Innovation der Europäischen Investitionsbank. Dort werden Unternehmen geehrt, die eine positive soziale, ethische oder ökologische Wirkung erzielen.

Aufgesaugt wie von einem Schwamm

Wasserstoff wird heute generell in Gasflaschen oder Tankwagen transportiert, nachdem er zuvor unter hohem Druck komprimiert oder bei tiefkalten Temperaturen verflüssigt wurde. Diese Möglichkeiten sind teuer, ineffizient und sogar gefährlich, denn komprimierter Wasserstoff ist hochentzündlich, wenn er mit Luft in Berührung kommt.

Laut Sotoodeh ist die Speicherung in einer chemischen Bindung die beste Option. Dafür wird ein flüssiger organischer Wasserstoffträger eingesetzt, der das Element wie ein Schwamm aufsaugt und bei Bedarf wieder freisetzt. Ein Katalysator bindet dabei den Wasserstoff chemisch an den flüssigen Träger. Diese Verbindung ist stabil, ähnelt einem Pflanzenöl und kann in einem Ölkanister gelagert werden. Das ist platzsparender als ein Drucktank.

Aber auch diese Methode hat ihre Tücken. Die meisten handelsüblichen Katalysatoren sind ineffizient und ungeeignet. Sie benötigen für die Wasserstoffspeicherung Rohstoffe wie Platin und Palladium. Die sind sehr teuer und verlieren bei Wiederverwendung ihre Wirksamkeit.

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© C2CAT

Deshalb will C2CAT maßgeschneiderte, leistungsstarke Katalysatoren speziell für die Wasserstoffspeicherung herstellen, die sicher und zuverlässig sind, zehnmal weniger Platin enthalten und fünfmal mehr Leistung und Stabilität bieten. „Das ist umweltfreundlicher und auch billiger für Unternehmen, weil es die Kosten für die Wasserstoffproduktion aus Erneuerbaren reduziert“, betont Sotoodeh.

Jahrelange Forschung bringt die Lösung

Sotoodeh hat viele Jahre in die Entwicklung dieser innovativen Technologie gesteckt. „Ich liebe Forschung, sie ist meine größte Leidenschaft“, sagt sie. „Und ich bin gerne von Menschen umgeben, die ein Ziel vor Augen haben und etwas Neues schaffen wollen.“

Das Ergebnis ihrer Forschung ist unglaublich komplex. Es vereint innovative Synthesetechnologie mit Quantenchemie, molekularer Modellierung und künstlicher Intelligenz. Zusammen ermöglichen diese Techniken ein besseres Verständnis der Chemie eines Katalysators im Nanobereich.

C2CAT synthetisiert jeden Katalysator im Labor und validiert ihn dann mit den Kunden in realen Situationen. Die Zielkunden des Start-ups sind in der Chemie-, Automobil- und Schiffindustrie angesiedelt, und die Katalysatoren sind speziell auf jede Anwendung zugeschnitten. Einige kleinere Kunden nutzen die Technik bereits, andere probieren sie gerade aus.

„Wir wissen, dass es im Labor funktioniert, aber die Kunden müssen die Technik erst im großen Maßstab in ihren eigenen Anlagen testen“, erklärt Sotoodeh. „Danach gibt es einiges in puncto Scale-up, Synthese und Zertifizierungen zu klären.“

Obwohl dieser Prozess viel Zeit in Anspruch nimmt, ist Sotoodeh sicher, dass die Technologie bis 2026 im industriellen Maßstab angewendet wird.

Ein globaler Gamechanger

Vorerst beschränkt sich C2CAT auf den europäischen Katalysatormarkt, den Sotoodeh auf zehn Milliarden Euro schätzt. Aber das Unternehmen will viel mehr erreichen.

Aktuell werden weniger als 0,1 Prozent des weltweit produzierten Wasserstoffs durch Wasserelektrolyse hergestellt. Laut Sotoodeh könnten die Niederlande mit der grünen Wasserstofftechnologie von C2CAT jährlich allein 18 000 Tonnen CO2 einsparen. Das entspräche dem Ausstoß von 4 000 Autos. Weltweit angewendet, wären es jährlich eine Milliarde Tonnen CO2 weniger, so Sotoodeh.

„Wenn wir es schaffen, Wasserstoff sicher und unkompliziert zu transportieren, wird der Preis von grünem Wasserstoff sinken. Wir können ihn dann für alle möglichen Prozesse einsetzen, ohne ihn vor Ort produzieren zu müssen. Die Auswirkungen wären enorm.“

C2CAT stellt innovative Katalysatoren her und wird dadurch selbst zum Katalysator für eine nachhaltige Zukunft.