BAKU – Die diesjährige Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29) in Baku findet vor einem geopolitisch turbulenten Hintergrund statt. Neben wechselnden strategischen Allianzen, Handelsspannungen und gewaltsamen Konflikten hat das Superwahljahr 2024 eine Phase hitziger politischer Rhetorik mit sich gebracht und zu Regierungswechseln geführt.
Aber das darf uns nicht vom aktuellen Zustand unseres Planeten und der Realwirtschaft ablenken. Die Auswirkungen und Kosten des Klimawandels nehmen zu. Immer häufigere und stärkere Extremwetter-Ereignisse wie Hurrikans in der Karibik, verheerende Überschwemmungen in Europa und Dürren im Amazonasgebiet erhöhen das Risiko finanzieller Instabilität, vor allem in den vulnerabelsten und hoch verschuldeten Ländern der Welt.
Gleichzeitig ist die Energiewende bereits in vollem Gange: Der Einsatz erneuerbarer Energien nimmt exponentiell zu, und es wird jährlich weitaus mehr in saubere Energien als in fossile Brennstoffe investiert. Zudem sind sich die Menschen und Unternehmen zunehmend bewusst, dass dringend in die Klimaanpassung investiert werden muss. Die jüngste Klimaumfrage der Europäischen Investitionsbank-Gruppe zeigt, dass in Europa 94 Prozent und in den USA 88 Prozent der Befragten Anpassungsmaßnahmen befürworten; für etwa die Hälfte sollten solche Maßnahmen eine nationale Priorität sein.
Dank technologischer Durchbrüche und Innovationen in den Bereichen grüner Strom und Energieeffizienz, die den Klimaschutz und die Wettbewerbsfähigkeit voranbringen, entkoppelt sich das Wirtschaftswachstum zudem rasch von CO2-Emissionen. Die Europäische Union leistet in diesem Bereich Pionierarbeit: Seit 1990 hat sie ihre Treibhausgasemissionen um mehr als ein Drittel gesenkt, während ihre Wirtschaft seitdem um 68 Prozent gewachsen ist. Laut Prognosen der Internationalen Energieagentur werden erneuerbare Energien 2030 fast die Hälfte des weltweiten Strombedarfs decken. Trotz steigender Wirtschaftsleistung sinken die Emissionen der EU, der Vereinigten Staaten und der meisten Industrieländer, während Chinas Emissionen in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen könnten – viel früher als erwartet.
Schnellere grüne Wende
Nach Jahren der Warnungen und Forderungen, endlich zu handeln, gibt es nun Anzeichen, dass der Übergang zu einer grünen Wirtschaft in Gang gekommen ist. Der Grund liegt auf der Hand: Vor allem durch verbesserte Batteriespeicher ist saubere Energie heute billiger und effizienter als fossile Brennstoffe. Daher sind die richtigen Maßnahmen für unseren Planeten jetzt auch klug für unsere Wirtschaft. Jeder US-Dollar, der in Klimaanpassung und Klimaresilienz investiert wird, kann zwischen fünf und sieben US-Dollar an künftigen Katastrophenkosten einsparen, von geretteten Menschenleben und Existenzgrundlagen ganz zu schweigen.
Die meisten Unternehmen wissen um diese Einsparmöglichkeiten und handeln entsprechend. Rund 60 Prozent der über 12 000 befragten EU- und US-Unternehmen investieren in die grüne Wende, 90 Prozent haben Maßnahmen zur Emissionsminderung ergriffen. Abfallreduzierung, Kostensenkungen und Stärkung der Resilienz sind wirtschaftlich sinnvoll. Genau das – mehr noch als internationaler Druck, leidenschaftliche Rhetorik und öffentliche Bekenntnisse – wird Unternehmen und Investoren dazu bewegen, die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft zu finanzieren.
Die EIB-Gruppe vergibt mehr als die Hälfte ihrer jährlichen Finanzierungen – fast 50 Milliarden Euro (53 Milliarden US-Dollar) – für Projekte, die die grüne Wende in Europa und weltweit beschleunigen. Investitionen in Klimaresilienz und Klimaanpassung im eigenen Land schützen Infrastruktur, Landwirtschaft und Lebensgrundlagen und ermöglichen eine nachhaltige, rasche Erholung von Katastrophen wie den verheerenden Überschwemmungen, die im September ganze Städte in Mitteleuropa und im Oktober auch mein Heimatland Spanien heimsuchten.
Eine nachhaltige und gerechte Zukunft
Ein erfolgreicher Übergang muss jedoch rasch und gerecht vonstattengehen, damit niemand zurückbleibt. Entwicklungsländer und Haushalte mit niedrigem Einkommen sind anfälliger für die Gefahren der Erderwärmung und die mit dem grünen Übergang verbundenen Verteilungseffekte, da neue Technologien traditionelle Industrien und etablierte Geschäftsmodelle verdrängen. Die EIB erhöht daher den Anteil grüner Finanzierungen außerhalb der EU, unterstützt kleine Inselstaaten, die vom Klimawandel besonders betroffen sind, finanziert weltweit widerstandsfähige Infrastruktur und fördert den internationalen Markt für grüne Anleihen.
Multilaterale Entwicklungsbanken übernehmen hier eine Vorreiterrolle. Sie haben 2023 die Rekordsumme von 125 Milliarden US-Dollar in grüne Projekte investiert und im Vergleich zu 2022 doppelt so viele privatwirtschaftliche Mittel mobilisiert. Wir haben unsere Zusagen nicht nur übertroffen, sondern sind auch fest entschlossen, in den kommenden Jahren gemeinsam weiter Klimafinanzierungen anzustoßen.
Globale Zusammenarbeit ist der einzige Weg, um den Übergang auf globaler Ebene voranzutreiben. Die grüne Wende ist im Gange, auch dank unserer gemeinsamen Anstrengungen. Aber es gilt, auf Kurs zu bleiben und die bestehenden internationalen Foren und Entscheidungsrahmen zu nutzen, um Win-Win-Lösungen zu finden, die Sicherheit, Stabilität und das Wohlergehen aller Länder stärken.
Dieser Artikel wurde zuerst von Project Syndicate veröffentlicht.