Die Europäische Investitionsbank und die italienische Förderbank sind in der Coronakrise Hoffnungsträger für kleine italienische Unternehmen
Giuliano Annigliato liebte es als Kind, an den Fernsehknöpfen zu spielen und zwischen den zwei damals einzigen Fernsehkanälen hin- und herzuschalten. Damit war sein Weg ins Lokalradio und Lokalfernsehen im Arbeiterviertel Bagnoli am Rand von Neapel wahrscheinlich vorgezeichnet.
Annigliato erinnert sich noch heute daran – wie auch an den tödlichen Herzinfarkt seines Vaters. Das war ein schwerer Schlag für den damals 19-Jährigen. Die Fabrik, in der sein Vater gearbeitet hatte, bot ihm einen Job an, aber er lehnte ab: „Nein danke. Ich gehe meinen eigenen Weg.“ Und das tat er auch: Nach zehn Jahren im Mediengeschäft gründete er die Werbeagenturen A&C Network und Uno Outdoor.
Drei Jahrzehnte lang war Annigliato mit seinem Geschäft erfolgreich. Mit einer seiner cleveren Ideen spart er Neapel und anderen Städten Geld bei der Restaurierung ihrer Denkmäler. Doch dann brach im März 2020 Covid-19 über Italien herein – und auch über Annigliatos Firma. Denn die meisten seiner Kunden kamen aus dem Bekleidungssektor, einem der größten Krisenverlierer.
Neue Hoffnung brachte ein Kredit über 2,3 Millionen Euro von der Monte dei Paschi di Siena, der ältesten Bank der Welt. Möglich wurde er durch eine Zusammenarbeit der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der italienischen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP). Dabei stellte die EIB insgesamt 1,5 Milliarden Euro für italienische Kleinunternehmen bereit – ihre erste Covid-19-Soforthilfe und die größte Finanzierung der Bank der EU für ein einzelnes Land in der Pandemie.
„Wir stehen den italienischen Klein- und Kleinstunternehmen zur Seite“, sagt Kreditreferentin Claudia Barone von der EIB. Sie begleitet die Sofortmaßnahmen seit Ausbruch der Krise. Nach der Genehmigung durch den Verwaltungsrat der EIB im April wurden bis Juli bereits mehr als 600 Millionen Euro an kleine Betriebe ausgezahlt.
Wir stehen den italienischen Klein- und Kleinstunternehmen zur Seite
Werbung deckt Restaurierungskosten
Wenn Sie in Neapel ein Denkmal sehen, das in ein riesiges Werbeplakat von Original Marines gehüllt ist, dann war das wahrscheinlich die Idee von Giuliano Annigliato: „Mit der Werbung finanziert Neapel die Restaurierung historischer Denkmäler.“
Unternehmen wie Original Marines, Burger Italy, Lui Jo und die Wäschemarke Enrico Coveri haben Neapels Obelisken, Brunnen und Denkmäler als vorübergehendes „Schaufenster“ für sich entdeckt. Und die Stadt holt mit den Plakaten die Kosten für die Restaurierung wieder herein.
In Neapel mit seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit als einst wohlhabende Hauptstadt des Königreichs beider Sizilien gibt es viel zu restaurieren. Dennoch hatte Annigliato auf dem Höhepunkt der Pandemie im März und April kaum noch Aufträge. Auch seine Rücklagen für schwere Zeiten hätten seine 36 Beschäftigten nicht lange über Wasser gehalten. Einige musste er vorübergehend beurlauben.
Ende April, als alles über ihm zusammenzubrechen schien, erhielt Annigliato endlich dringend benötigte Liquidität. Ein Kredit der EIB über die CDP und die Monte dei Paschi di Siena machte es möglich. Mit diesem finanziellen Polster konnte er einen großen Onlineauftrag der französischen Kultmarke Rossignol annehmen. „Das war ein Geschenk des Himmels“, erinnert sich Annigliato. In seiner Stimme schwingt Freude und Begeisterung mit, aber auch die Erleichterung eines Mannes, der am Abgrund stand.
Es war ein Geschenk des Himmels
Jetzt findet Annigliato im Onlinegeschäft neue Kanäle für seine Produkte. Wenn uns die Krise etwas gezeigt habe, so Annigliato, dann, dass sie auch Chancen biete, die wir nicht vergeben sollten. „Heute ist es ein Virus, morgen irgendetwas anderes. So ist das im Leben. Wir müssen es nehmen, wie es kommt.“
Zu klein, zu riskant? Kein Problem!
Annigliato vergleicht die Pandemie mit einem Kampf, in dem man Leidenschaft und Entschlossenheit braucht, aber auch einen kühlen Kopf behalten und flexibel bleiben muss. Anders wäre auch die gemeinsame Finanzierung der Europäischen Investitionsbank und der Cassa Depositi e Prestiti nicht zustande gekommen. Beide Einrichtungen arbeiten schon seit Langem zusammen und kennen sich gut. Das schafft Sicherheit und Vertrauen.
„Wir haben mit der CDP unsere Kräfte gebündelt, um kleinen Unternehmen in Italien zu helfen,“ sagt Barone von der EIB. Das war viel Arbeit und wir mussten auch lange, komplexe Verfahren vereinfachen.“
Aber es hat sich gelohnt. Die EIB unterstützt die Unternehmensplattform der CDP mit Krediten zu günstigen Konditionen, und die CDP leitet diese Gelder über Finanzpartner wie die Monte dei Paschi di Siena an Geschäftsleute wie Annigliato weiter. Durch die Zusammenarbeit mit der CDP erreicht die EIB nun auch Unternehmen, die normalerweise nicht in den Genuss ihrer günstigen Konditionen kommen würden, weil sie zu klein sind oder das Risiko zu hoch ist. Und da die CDP nicht gewinnorientiert ist, reicht sie die günstigen Zinsen der EIB ohne Aufschlag an Kleinunternehmer wie Annigliato weiter.
Wir haben mit der CDP unsere Kräfte gebündelt, um kleinen Unternehmen in Italien zu helfen
Dessen nächstes Projekt ist die Restaurierung des Maschio Angioino, einer mittelalterlichen Burg im Herzen Neapels und eines der bekanntesten Bauwerke der Stadt. Ihre Türme haben schon viele Seuchen und Krisen in Neapel erlebt – und überstanden. So wie auch Giuliano Annigliato und sein Unternehmen diese Krise überstehen werden. Dank der Bank der EU und der CDP.