Wirtschaftliche Turbulenzen und Energiekrise gefährden langfristige Investitionen in grüne Wende und Wachstum
Die Turbulenzen im Bankensektor haben das Vertrauen der Investoren in einem von wiederkehrenden Krisen geprägten wirtschaftlichen Umfeld weiter erschüttert. Der Stress hat die Aktienmärkte und die meisten Bankensektoren weltweit erfasst. Dabei sind europäische Banken noch stärker betroffen, seit die Credit Suisse unter starken Marktdruck geriet.
Die Auswirkungen auf den Bankensektor vor dem Hintergrund eines sich verändernden wirtschaftlichen Umfelds und der Folgen von Klimawandel und Digitalisierung – dieses Thema stand im Mittelpunkt des jüngsten Forums der Wiener Initiative, das die Nationalbank Nordmazedoniens vom 22. bis 24. März in Skopje organisierte.
Anpassung an risikoaverses Verhalten
Der Bankensektor in Europa und im Westbalkan setzt auf ein eher traditionelles Geschäftsmodell (Annahme von Einlagen und Vergabe von Krediten an Haushalte und Unternehmen). Dieses Modell ist weniger anfällig für Zinserhöhungen oder schnelle Einlagenabflüsse. Der Druck auf die Banken dürfte jedoch zu einer weiteren Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen und einer risikoscheuen Haltung führen. Insbesondere die Bedingungen für längerfristige oder risikoreichere Geschäfte (Finanzierung von Innovationen und immateriellen Gütern) verschlechtern sich. Auf diesen neuen Schock muss wirksam reagiert werden, um die langfristigen Folgen abzumildern. Der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill sagte vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs: „Eine gute Krise sollte man nie ungenutzt lassen.“
Die Serie von Schocks der letzten Jahre könnte die Regierungen dazu zwingen, einige wichtige öffentliche Investitionen in Innovation, Energie und Digitalisierung aufzuschieben. Wir glauben, dass diese Investitionen der Schlüssel zum grünen Wandel sind, zumal sie – neben der Bildung – auf lange Sicht die wichtigsten Motoren für das Wirtschaftswachstum sind. Deswegen dürfen sie nicht aufgeschoben werden.
Dies gilt auch für den Privatsektor. Aus der EIB-Investitionsumfrage 2022 für Mittel-, Ost- und Südosteuropa geht klar hervor, dass wirtschaftliche Unsicherheit, hohe Energiekosten und mangelnde Qualifikationen die drei größten Hindernisse für langfristige Investitionen sind, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen.
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Gerechter Übergang zur Klimaneutralität
Diese Probleme können nicht allein mit öffentlichen Mitteln angegangen werden, da diese niemals ausreichen werden. Um private Investitionen in diesen Schlüsselbereichen zu fördern, müssen die Staaten die richtigen Anreize setzen. Vereinfachte und digitale Verwaltungsverfahren, um Haushalte und Unternehmen etwa bei Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu begleiten, sind eine gute Idee. Nachhaltige Investitionen von öffentlicher und privater Seite bleiben die wichtigsten Wachstumsmotoren in Europa. Sie machen uns fit für die Zukunft und beenden die Abhängigkeit von alten, energieintensiven Technologien.
Die EIB ist in allen wichtigen Sektoren aktiv, um die dringend benötigte Unterstützung zu leisten, nicht zuletzt für besonders wirksame Projekte, die manchmal mit höherem Risiko verbunden sind. Seit sich die EIB-Gruppe 2020 verpflichtet hat, bis 2030 grüne Investitionen von einer Billion Euro anzuschieben, hat sie mit Investitionen von insgesamt 222 Milliarden Euro bereits fast ein Viertel ihres Ziels erreicht. Im Jahr 2022 beliefen sich unsere Finanzierungen für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit auf 36,5 Milliarden Euro bzw. 58 Prozent unseres gesamten Finanzierungsvolumens.
Als Bank, die 2008 die ersten grünen Anleihen begab, unterstützen wir innovative grüne Projekte wie schwimmende Windparks, Batteriespeicher und grünen Wasserstoff. Wir sind uns aber auch der anderen Seite der Medaille bewusst. Die grüne Wende wird Wachstum und Arbeitsplätze schaffen, gleichzeitig aber vulnerable Gruppen und Regionen benachteiligen. Der Ansatz der EIB für den gerechten Übergang umfasst daher Finanzierungs- und Beratungsinstrumente, um fragile Regionen und Länder auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung zu begleiten.
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Über die EU hinaus
Außerhalb der EU bauen wir unsere Zusammenarbeit mit internationalen Partnern im Rahmen der EIB Global aus, dem Geschäftsbereich der EIB-Gruppe für unsere Aktivitäten in den ganzen Welt. Damit ist die EIB auf dem besten Weg, mindestens ein Drittel der 300 Milliarden Euro an Investitionen in nachhaltige Projekte zu mobilisieren, die unter der Global-Gateway-Strategie der EU vorgesehen sind. Der Westbalkan wird von dieser Strategie auch durch den Wirtschafts- und Investitionsplan der Europäischen Kommission profitieren. Dieser Plan sieht bis zu 30 Milliarden Euro an Investitionen vor, um den EU-Beitrittsprozess, die grüne und digitale Wende, die Konnektivität, das Wachstum des Privatsektors und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen. Dabei wollen wir auch eine Kombination aus EU-Investitionszuschüssen und technischer Hilfe zur Vorbereitung und Durchführung von Leitinitiativen anbieten.
Im Westbalkan ist es unsere Aufgabe, die Länder in die Lage zu versetzen, ihre Infrastruktur sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig auszubauen. Zusätzlich zu unseren Finanzierungen verbessert die projektbezogene technische Hilfe der EIB die Qualität der Projekte und erhöht die Entwicklungswirkung. Seit 2009 haben wir mehr als zehn Milliarden Euro für den Ausbau der Infrastruktur und des Privatsektors in der Region bereitgestellt.
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Netto-Null-Wirtschaft voll im Trend
Inmitten der Energiekrise müssen die Klimaziele auf die notwendige Sicherheit der Energieversorgung und die langfristige Versorgungsstabilität abgestimmt werden. Im Rahmen des REPowerEU-Plans der Kommission wird die EIB in den nächsten fünf Jahren zusätzliche Investitionen von 30 Milliarden Euro für saubere Energien unterstützen. Das hilft der EU, ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden, ihre Klimaziele zu erreichen und zur Dekarbonisierung beizutragen. 2022 finanzierte die EIB in der EU Energieinvestitionen in Rekordhöhe von 17 Milliarden Euro. Unternehmen, die in den letzten Jahren in Energieeffizienz investierten, haben mit Sicherheit klug gehandelt und wahrscheinlich deutlich höhere Renditen erzielt als bei vielen anderen Investitionen.
Die Netto-Null-Wirtschaft dürfte in den nächsten zehn Jahren exponentiell wachsen. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass der Investitionsbedarf bis 2030 auf 600 Milliarden Euro pro Jahr ansteigen wird. Dies ist eine große Chance für die EU und andere Länder weltweit.
Wenn wir diese Chance nutzen wollen, müssen wir zusammenarbeiten und sicherstellen, dass sich unsere Maßnahmen ergänzen. Um unsere Volkswirtschaften widerstandsfähiger gegen Schocks zu machen, ist gezielte Zusammenarbeit entscheidend. Langfristige Investitionen in Digitalisierung, Energiesicherheit, Dekarbonisierung und Innovation müssen mit kurzfristigen Antworten auf aktuelle Störungen einhergehen. Wir müssen grüne Technologien und grüne Produktion umfassend fördern, um unsere Klimaziele in Europa zu erreichen und wettbewerbsfähig und widerstandsfähig zu bleiben. Angesichts dieser großen Herausforderung ist die EIB als Bank der EU bereit, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, um ein neues eigenkapitalartiges Instrument zu schaffen, das die grüne industrielle Zukunft Europas vorantreibt.
Dieser Artikel wurde zuerst von Bloomberg Adria veröffentlicht.