Wie in vielen anderen Dörfern Zyperns bekommen Familienbetriebe in Agros finanzielle Unterstützung, auf die sie seit Ausbruch der Bankenkrise angewiesen sind.
Die höchsten Erhebungen auf Zypern befinden sich im Troodos-Gebirge. Dort liegt auch das Dörfchen Agros – malerisch eingebettet zwischen Weinbergen und Rosenblüten. Doch auch die umliegenden Berge konnten die 1 000 Dorfbewohner nicht vor den Auswirkungen der Finanzkrise schützen, die die Mittelmeerinsel erschüttert hat.
Von 2011 bis 2013 litten vor allem die kleinen Unternehmen unter der Krise. Seither hat die Europäische Investitionsbank ihre Finanzierungen in Zypern deutlich ausgeweitet. Die Mittel kommen auch kleinen Unternehmen in Agros zugute. „Ohne diese Kredite hätten wir ein massives Problem“, erklärt Georgia Kafkalia, die in dem Bergdorf gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer Schwester eine Räucherei betreibt.
Die Darlehen der EIB in Zypern werden größtenteils über einheimische Banken und genossenschaftliche Kreditinstitute bereitgestellt, die enge Kontakte zu kleinen Unternehmen wie dem Familienbetrieb Kafkalia pflegen. Durch diese Darlehen zugunsten kleiner Unternehmen machte die Unterstützung der EIB in Zypern 2015 rund 15 Prozent des BIP aus. Die Bank hat in den letzten drei Jahren Beziehungen zu zehn einheimischen Finanzinstituten aufgebaut und dürfte bis Jahresende Darlehen von insgesamt 475 Millionen Euro zugunsten zyprischer KMU unterzeichnet haben, davon allein 175 Millionen Euro im Jahr 2016.
„Der hohe Zinssatz der einheimischen Banken war ein großes Problem für die kleinen Unternehmen“, erklärt Nicos Yiambides, der für Zypern zuständige Kreditreferent der EIB. „Wir können die Unternehmen mit längerfristigen Finanzierungsmitteln zu günstigeren Zinssätzen versorgen, und das hat eine sehr positive Wirkung.“
Bessere Kreditkonditionen für Zyperns KMU
Kleine Unternehmen sind wichtig für eine gesunde Wirtschaft. Für ein kleines Dorf wie Agros ist ihr Erfolg noch wichtiger. Allerdings ist es für sie schwierig, einen Kredit aufzunehmen, wenn sie expandieren oder modernisieren müssen. Der Familienbetrieb Kafkalia brauchte 80 000 Euro, um neue Maschinen für den Räucherraum sowie Computer und Programme für die Buchhaltung anschaffen zu können. Das Unternehmen ist seit 40 Jahren im Geschäft. „Trotzdem müssen wir weiter investieren, um dabei zu bleiben“, so Georgia Kafkalia.
Selbst Firmen, die die Finanzkrise gut überstanden haben, bekamen danach Probleme mit den hohen Zinssätzen. Vor 28 Jahren gründete Costas Tsiakkas gemeinsam mit seiner Frau eine Winzerei, in der er heute elf Mitarbeiter beschäftigt. In dem Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise stieg sein Umsatz. Aber als er einige Terrassen und Bewässerungssysteme sanieren musste, verlangten die einheimischen Banken für einen Kredit neun Prozent Zinsen.
Tsiakkas ging zur Troodos-Genossenschaft und bekam einen Kredit über 100 000 Euro. Die Mittel dafür stellte die Cooperative Central Bank in Nicosia bereit. Und diese hatte dafür wiederum ein Darlehen von der EIB bekommen. Für seinen Kredit bezahlt der Winzer einem Zinssatz von 2,6 Prozent! „Da dachte ich mir: Es gibt ja doch noch günstige Kredite“, so Tsiakkas. „Unser Problem war immer der hohe Zinssatz.“
Heute produziert seine Winzerei 160 000 Flaschen pro Jahr. Der Erfolg des Unternehmens ist wichtig für die einheimische Wirtschaft, denn Tsiakkas kauft die meisten Trauben bei Weinbauern aus der Umgebung. Auch die Zukunft seiner Familie hängt davon ab. Zwei seiner Söhne machen derzeit eine Winzerausbildung, und Tsiakkas geht davon aus, dass auch die anderen beiden später in den Familienbetrieb einsteigen.
Zyperns KMU tragen die einheimische Wirtschaft
Die Cooperative Central Bank ist eine Partnerbank der EIB und leitet deren Mittel an zyprische Genossenschaftsbanken weiter. Die einzelnen Kredite belaufen sich im Durchschnitt auf 100 000 Euro. Alle 18 einheimischen Genossenschaftsbanken haben aus EIB-Mitteln Kredite an zyprische KMU vergeben. „Mit diesen Krediten erreichen wir ausgesprochen viel“, so Dr. Kostantinos Vrachimis, Leiter der Retail-Produktentwicklung bei der Cooperative Central Bank. „Agros ist ein sehr abgelegenes Dorf. Die Familienbetriebe vor Ort beschäftigen Einheimische, und viele andere Firmen hängen von ihnen ab, weil sie sie mit Waren wie Fleisch oder Obst beliefern.“
Vrachimis ist in einem landwirtschaftlich geprägten Dorf aufgewachsen und fühlt sich den kleinen Unternehmen in Agros und anderen kleinen Gemeinden verbunden. „Diese Dörfer bedeuten mir etwas, und ich will dafür sorgen, dass das Leben dort so bleibt, wie es ist.“
Zyperns KMU führen Inseltraditionen fort
Die traditionellen Erzeugnisse Zyperns werden heute oft von kleinen Unternehmen hergestellt. In Agros hat sich Niki Agathocleous der Produktion traditioneller Desserts verschrieben. Die sogenannten „Spoon Sweets“ werden aus Kirschen, Wassermelonen, Quitten, Walnüssen oder Rosen hergestellt und mit starkem Mokka serviert. In ihrem Betrieb werden jedes Jahr 200 Tonnen Obst nach traditionellen Verfahren mit Vanille, Zimt oder Nelken zu Sirup verkocht. Niki Agathocleous beschäftigt 25 Mitarbeiter – hauptsächlich Frauen. Mit ihren Produkten, die sie in erster Linie in Zypern verkauft, erwirtschaftet sie einen Jahresumsatz von einer Million Euro.
Von der Troodos-Genossenschaft erhielt sie einen Kredit von 20 000 Euro, mit dem sie neue Anlagen kaufen und einige Gebäude renovieren konnte. „Es ist wirklich wichtig zu investieren und vorwärts zu kommen“, so Agathokleous, die das Unternehmen zusammen mit ihrem Ehemann und zwei Söhnen betreibt. „Die Finanzkrise war für uns eine schwere Zeit. Aber wenn Du Arbeit hast, hast Du ein Auskommen.“