Ohne die Wracks aus dem 2. Weltkrieg verkehren Schiffe sicherer und schneller auf der Donau. Das ist gut für die Umwelt und für Serbiens Wirtschaft
Die Donau ist seit Jahrhunderten Lebens- und Verkehrsader für Menschen und Volkswirtschaften in Europa. Durch die beispiellose Hitzewelle in diesem Sommer sank ihr Wasserspiegel so stark, dass am Taldurchbruch des Eisernen Tors in Serbien stumme Zeugen der Geschichte auftauchten.
Nach der schlimmsten Dürre seit 500 Jahren waren plötzlich wieder alte Kirchen und versunkene Dörfer zu sehen. Aber auch die Schiffswracks aus dem Zweiten Weltkrieg am Hafen von Prahovo. Dort verengen sie seit 75 Jahren die Fahrrinne von 180 auf nur 80 Meter, gefährden damit die Sicherheit und halten die Schifffahrt auf.
„Die Wasserstraße ist wirklich eng, und die Schifffahrt auf der Donau ist auch nicht mehr dieselbe wie früher“, erklärt der Heimatforscher Velimir Miki Trailović aus Prahovo. „Heute passieren hier 700 bis 1 000 Kreuzfahrtschiffe im Jahr, die kaum aneinander vorbeikommen.“
Derzeit dauert das zwischen 40 Minuten und vier Stunden, eine ziemliche Wartezeit.
Die EU finanziert deshalb die Bergung der versenkten Schiffe mit rund 30 Millionen Euro. 16,5 Millionen Euro sind ein Zuschuss aus dem Investitionsrahmen für den westlichen Balkan. Der Rest wird mit einem Darlehen der EIB finanziert. Es ist Teil eines größeren Projekts zum Ausbau der Binnenwasserstraßen, das 2018 mit der Republik Serbien unterzeichnet wurde.
„Einen Kilometer weiter liegt die Schleuse Eisernes Tor 2, da müssen die Schiffe heute durch“, berichtet Prahovos Hafendirektor Damir Vladić. „Wenn die Wracks erst mal geräumt sind, erleichtert das enorm die Zufahrt zur Schleuse, flussaufwärts wie flussabwärts.“
Das Darlehen für einen besseren Wasserverkehr auf der Donau und der Save in Serbien gilt als strategische Investition in eine nachhaltige Anbindung der gesamten Region. Mit auf dem Programm: die Sanierung von Häfen an Donau und Save und der Schleusen Eisernes Tor 1 und 2. Die Schleuse Eisernes Tor 1 ist bereits vollständig saniert, sie arbeitet jetzt 30 Prozent zuverlässiger, effizienter und schneller. Die Sanierung der Schleuse Eisernes Tor 2 ist angelaufen.
„Mit den Geldern der EU und der EIB unterstützen wir nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort, sondern stellen auch die Binnenschifffahrt breiter, sicherer und verlässlicher auf“, ist sich Alessandro Bragonzi sicher, Leiter der EIB-Vertretung im Westbalkan. „Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel für die nachhaltige Mobilität, in die wir investieren wollen, und wir orientieren uns dabei an unseren Klimaverpflichtungen im Klimabank-Fahrplan und den neuen Leitlinien für Verkehrsfinanzierungen.“
Unternehmen „Donau Elf“
Die Wracks gehörten einst der deutschen Kriegsmarine, die 1944 – beim Rückzug nach Kladovo in Serbien – ihre eigenen Kriegsschiffe versenkte, damit sie nicht der vorrückenden Roten Armee in die Hände fielen: das Unternehmen „Donau Elf“.
Nach dem Krieg gab die jugoslawische Armee ihre Versuche, einige der über 200 Schiffe am Donaugrund zu heben, wieder auf. Trotz der Gefahr durch nicht gezündete Munition.
2021 vermaß ein Team von Minenräum-Experten das Gebiet mit einem Fächerecholot. Weitere Tests und Tauchgänge folgten, die ebenfalls aus dem EIB-Darlehen finanziert wurden. Die Untersuchungen brachten 38 Schiffe zutage, deren Räumung die Schifffahrt auf der Donau zwischen Serbien und Rumänien erleichtern wird. Der technische Bericht ist Voraussetzung für eine sichere und erfolgreiche Bergung der Schiffe, die den Weg zur nächsten Phase des Projekts ebnet und Engpässe auf einer Handelsroute beseitigt.
Wrackfreie Donau kurbelt Tonnage an
Die serbischen Behörden haben sich ungeachtet der großen Hindernisse mächtig ins Zeug gelegt, um den Fluss schiffbar zu machen.
„Es ist uns trotz des Rekordniedrigstands gelungen, die Donau auf ihrer gesamten Länge in unserem Land befahrbar zu halten, denn der Fluss ist ein wichtiger Güterverkehrskorridor“, freut sich Tomislav Momirović, serbischer Minister für Bau, Verkehr und Infrastruktur.
Nach Angaben seines Ministeriums verliert Serbien durch die unsicheren und schwierigen Schifffahrtsbedingungen jedes Jahr rund fünf Millionen Euro. „Ist der Fluss nicht passierbar, ist er auch nicht voll nutzbar“, gibt Momirović zu bedenken.
2019 erreichte das Frachtvolumen auf der Donau 12,7 Millionen Tonnen. Davon passierten knapp 11 Millionen Tonnen auf 12 500 Schiffen die Schleuse Eisernes Tor 2. Bis 2040 soll durch die Beseitigung von Engpässen wie der Wracks aus dem Zweiten Weltkrieg das jährliche Frachtaufkommen auf 25 Millionen Tonnen klettern.
Binnenschifffahrt wird grüner und sauberer
Ein besser befahrbarer Fluss bedeutet nicht nur mehr Tonnage, sondern auch mehr Umweltschutz. „Der Binnenschiffsverkehr ist wirtschaftlich, energieeffizient und umweltfreundlich, gerade auch beim Transport großer Gütermengen“, schwärmt der EU-Botschafter in Serbien Emanuele Giaufret. „Ein Schiff kann so viel Getreide befördern wie 120 Lkws.“
Giaufret weiter: „Diese Investitionen zeigen anschaulich, wie sich die EU für den Wirtschafts- und Investitionsplan und die Grüne Agenda starkmacht, deren Fokus Mitgliedstaaten und Kandidatenländer sind.“
Der europäische Grüne Deal will 75 Prozent des Straßengüterverkehrs auf alternative Verkehrsträger wie Schiene und Binnenwasserstraßen verlagern. Ziel ist, den Güterverkehr über Binnenschifffahrt und Kurzstreckenseeverkehr bis 2030 um 25 Prozent zu erhöhen. Dafür müssen Wasserstraßen, wasserseitige Infrastruktur, Umschlaganlagen und Binnenschifffahrtsflotten modernisiert und ihre Kapazitäten ausgebaut werden.
„Da der Verkehr zunehmend multimodal und international wird, kommt es für eine effiziente und sichere Beförderung von Personen und Gütern immer mehr auf nahtlose Verbindungen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern und über Ländergrenzen hinweg an“, stellt EIB-Vizepräsidentin Lilyana Pavlova fest.
„Projekte dieser Art ermöglichen eine unterbrechungsfreie, gefahrlose Schifffahrt und damit die schrittweise Umstellung auf weniger umweltschädliche Verkehrsmodelle, was dem Umwelt- und dem Klimaschutz dient. Das ist eine unserer Prioritäten als Klimabank der EU.“