Ein deutsches Unternehmen macht den Digitaldruck schneller und effizienter – und gibt Ihrem Müsli dadurch einen ganz persönlichen Touch.

Der Heidelberger mymuesli-Shop am Rand der historischen Altstadt liegt in direkter Nähe zur ältesten Universität Deutschlands, gleich neben dem Neckar. Hier hat die Zukunft des Digitaldrucks und der industriellen Innovation bereits begonnen.
 
Im luftigen, hellen Verkaufsraum steht hinter den pink und gelb bedruckten Behältern mit Getreide und Beeren in Bioqualität eine gläserne schwarze Maschine, die mehr als mannshoch und so breit wie ein Getränkeautomat ist. Dort wählen Sie eine Müslidose aus, die dann von einem mymuesli-Mitarbeiter in pinkfarbenem T-Shirt in die Maschine eingelegt wird. Nun geben Sie auf einem Touchscreen einen individuellen Text ein und laden ein Foto, beispielsweise von Ihren Kindern, hoch. Die Maschine rollt die Dose unter ein violettes Licht, erzeugt durch ein innovatives Inkjet-Drucksystem. Sekunden später überreicht Ihnen der mymuesli-Mitarbeiter Ihre persönlich gestaltete Müslidose mit dem aufgedruckten Foto und Text.

Die Botschaft auf dem Frühstückstisch könnte beispielsweise lauten: Über die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem Markt für Digitaldruck entscheidet die Heidelberger Druckmaschinen AG, das Unternehmen, von dem die schicke schwarze Maschine im mymuesli-Shop stammt. Der Druckmaschinenhersteller treibt auch die Digitalisierung der Produktion voran – ein entscheidender Faktor für die Zukunft der europäischen Wirtschaft. Die vierte industrielle Revolution, in der zunehmend Maschinen und nicht mehr Menschen betriebliche Entscheidungen treffen, ist weltweit in Gang gekommen.

„Genau das ist Industrie 4.0“, meint Jason Oliver, bei Heidelberger Druckmaschinen für das Geschäftsfeld Digitaldruck zuständig. „Heidelberger Druckmaschinen verändert sich derzeit rasant, um die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Wir setzen jedenfalls auf den Digitaldruck.”

100 Millionen Euro für den Digitaldruck

Die Weichen dürften richtig gestellt sein, nachdem Heidelberger Druckmaschinen jahrelang unter einem rückläufigen Markt und der Rezession nach der Finanzkrise 2008 gelitten hatte. Das Unternehmen ist Weltmarktführer beim traditionellen Offsetdruck, bei dem die Tinte mittels eines Plattenzylinders auf die Verpackung aufgebracht wird. Nun will es seine Präsenz im wachsenden Digitalmarkt ausbauen. Beim Digitaldruck wird keine feste Druckplatte benötigt, um die Tinte aufzubringen. Deshalb kann der Aufdruck leichter auf einem Computerbildschirm bearbeitet und geändert werden.
 
Allerdings ist das digitale Drucken teurer und langsamer als der Offsetdruck in großem Maßstab. Die Heidelberger Druckmaschinen steht deshalb vor der Aufgabe, für digitale Druckanwendungen schnellere und preisgünstigere Verfahren als die Konkurrenz zu entwickeln.

Die Verlagerung vom Offsetdruck zum Digitaldruck ist der Grund, warum das Unternehmen bei der Europäischen Investitionsbank ein Darlehen für Forschung und Entwicklung beantragte. Die EU-Bank unterzeichnete mit Heidelberger Druckmaschinen am 31. März ein Darlehen in Höhe von 100 Millionen Euro, das im Rahmen des Investitionsplans für Europa abgesichert wird. Die Garantie wird über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) bereitgestellt. Dieser soll bis Mitte 2018 Investitionen von insgesamt 315 Milliarden Euro ermöglichen. Heidelberger Druckmaschinen erhält als erstes deutsches Unternehmen ein EFSI-Darlehen.

„Das Unternehmen muss sich auf den neuen Bedarf der Kunden einstellen, um dauerhafte Stabilität zu erreichen“, meint Franz Derler, der Kreditreferent der EIB, der an dem Projekt beteiligt war. „Deshalb sind Investitionen in Forschung und Entwicklung so wichtig.“

Der EFSI soll technologische Innovationen in europäischen Unternehmen vorantreiben. Diesem Zweck dient auch das Darlehen an Heidelberger Druckmaschinen. Eine im Februar veröffentlichte Studie von Ökonomen der EIB zeigt: Europa benötigt 130 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr, um das EU-Ziel zu erreichen, 3 Prozent des BIP in Forschung und Entwicklung zu investieren. Dann hätten wir uns den FuE-Quoten anderer führender Volkswirtschaften angenähert. Weitere 90 Milliarden Euro muss Europa aufwenden, um mit modernen Fertigungstechnologien Schritt zu halten.

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Partner in Japan

Heidelberger Druckmaschinen gibt seine Stärke im traditionellen Offsetdruck aber nicht auf. Schließlich entfällt auf den Offsetbereich immer noch der Großteil der 400 Milliarden Euro, die jährlich in der Druckbranche erwirtschaftet werden. Allerdings hat das Unternehmen keinen Alleingang vor. Es tut sich bei der Entwicklung mit den japanischen Herstellern Ricoh und Fujifilm zusammen – Japan ist immerhin führend in der Digitaldrucktechnologie.
 
Aber das Unternehmen stellt nicht nur Druckmaschinen her. Zwangsläufig ist es auch ein Softwareunternehmen, denn seine Ingenieure müssen die Programme für den Betrieb der Maschinen entwickeln. „Wir wollen den Kunden entscheiden lassen, ob der Offsetdruck oder der Digitaldruck für ihn wirtschaftlicher ist“, meint Jason Oliver. „Letztlich wollen wir ein System, das selbst entscheiden kann, welche Option die bessere ist.“
 
In Zukunft werden wir dank der Softwareentwickler der Heidelberger Druckmaschinen noch viel mehr Produkte so individuell wie die Müslidosen in der Heidelberger Altstadt gestalten können.