Frankreichs erste öffentliche Einrichtung für Energieeffizienz – der SPEE – nutzt ELENA, eine Fazilität für technische Hilfe der EIB, für „Picardie Pass Rénovation“. Mit diesem Programm wurden in der Picardie bereits mehr als tausend private Wohnungen und Einfamilienhäuser energetisch saniert.
Herr und Frau Ilic – als Eigenheimbesitzer auch auf Energieeinsparungen bedacht – hatten in ihrem Haus in der Vergangenheit bereits in Eigenregie neue Fenster eingebaut und den über zwanzig Jahre alten Heizkessel ausgetauscht. Das Ergebnis: Nach diesen Sanierungsmaßnahmen heizten sie vor allem gegen Zugluft an, und die monatlichen Heizkosten summierten sich schließlich auf 300 Euro. „Am Programm Picardie Pass Rénovation gefiel uns vor allem die schlüsselfertige Durchführung – wir mussten uns um nichts kümmern. Als wir feststellten, dass sich unser Projekt aufgrund der errechneten künftigen Energieeinsparungen praktisch von selbst tragen würde, waren wir von dem Angebot überzeugt. Endlich würden wir mit einem höheren Wohnkomfort belohnt“, erklärt das Ehepaar.
Trotz zahlreicher Aktionen zur Förderung der Wärmedämmung von Wohngebäuden gab es diverse Hürden, die Privatpersonen vor solchen Maßnahmen zurückschrecken ließen. Als mitten in der Wirtschaftskrise die Herausforderungen des Klimawandels zunehmend in den Vordergrund rückten, erwies sich die Initiative Picardie Pass Rénovation als gute Lösung, um Heizkosten zu reduzieren und gleichzeitig die Lebensqualität der Menschen in der Picardie zu verbessern. Herr und Frau Lambert, ein Rentnerehepaar aus Feuquières, verbrachten viele Jahre in einem kalten Haus. Sie erinnern sich: „Picardie Pass Rénovation hat unsere Wohn- und Lebensqualität deutlich verbessert. Gleichzeitig sank unsere Heizkostenrechnung. Die monatlichen Rückzahlungsraten von 130 Euro über 25 Jahre können wir gut aufbringen, und falls wir das Ende des Rückzahlungszeitraums nicht mehr erleben, wird der Restbetrag aus dem Hausverkauf beglichen.“
Die Initiative Picardie Pass Rénovation wurde Ende 2013 von der damaligen französischen Region Picardie und der Regionaldirektion der französischen Agentur für Umwelt und Energiewirtschaft (ADEME) eingeführt. Bis 2018 sollen, so das ambitionierte Ziel, 2 000 Wohnungen und Einfamilienhäuser renoviert werden. Anschließend sind 10 000 Einheiten jährlich geplant. Mit Unterstützung des ELENA-Programms bietet die Initiative Beratung sowie eine maßgeschneiderte Begleitung bereits vor Beginn der Arbeiten an. Letztere umfasst sowohl eine ausführliche energetische Bestandsaufnahme als auch die Erarbeitung eines individuellen Sanierungsplans unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer. Die eigentlichen Sanierungsmaßnahmen werden dann von Fachleuten der entsprechenden Gewerke begleitet. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, den Energieverbrauch in den ersten fünf Jahren nach der Sanierung überwachen zulassen. „Bis Ende 2017 soll das Konzept im Rahmen der Pilotprojekte von Picardie Pass Rénovation getestet und verfeinert werden. Um diese Phase erfolgreich abschließen zu können, wurde technische Hilfe aus dem ELENA-Programm beantragt“, erklärt Reinhard Six, Ingenieur in der Abteilung Energieeffizienz und kleine Energieprojekte der Europäischen Investitionsbank.
Eine zentrale Anlaufstelle
Das aus dem EIB-Darlehen unterstützte Geschäftsmodell der Initiative Picardie Pass Rénovation sieht eine zentrale Anlaufstelle vor Ort vor, wo Wohneigentümer Beratung und auf Wunsch auch eine Finanzierung erhalten, die in monatlichen Raten in Höhe der entsprechenden Einsparungen zurückgezahlt wird, sodass Finanzierungsschwierigkeiten in den Hintergrund rücken. Die Teilnehmer der Initiative haben zwei Möglichkeiten: Sie können lediglich die technische Komponente in Anspruch nehmen oder einen Komplettservice, der sowohl die technische Begleitung als auch eine maßgeschneiderte Finanzierungslösung umfasst (Rückzahlung über 15-25 Jahre bei einem Zinssatz von 2,5 Prozent). „Bislang entscheiden sich 70 Prozent der Teilnehmer des Programms für den Komplettservice“, so Céline Willierval, die bei Picardie Pass Rénovation für Kommunikation und Marketing verantwortlich ist.
„Die Teilnahme am Programm kostet 1 860 Euro. Wenn die Arbeiten von uns auch bezahlt werden, kann dieser Betrag auf Anfrage in die Finanzierung integriert werden. Andernfalls begleicht der Eigentümer die Summe bei der Abnahme der Arbeiten“, erklärt Vincent Pibouleu, Direktor bei Picardie Pass Rénovation.
Eine französische Erfolgsgeschichte
In den ersten drei Jahren registrierte die Initiative Picardie Pass Rénovation 4 107 Anfragen. Die Bilanz: 2 223 energetische Bestandsaufnahmen und 1 390 bereits renovierte oder noch in der Renovierungsphase befindliche Wohnungen und Einfamilienhäuser mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 29 Millionen Euro. „Zahlreiche Delegationen aus Frankreich und Europa, die mehr über diese Initiative erfahren wollten, haben uns in der Picardie besucht. Angesichts dieses Interesses würde es mich nicht überraschen, wenn das erfolgreiche Konzept auch in anderen Regionen Frankreichs und Europas eingeführt wird.“
Die Sanierungsmaßnahmen setzen an den üblichen Stellen an und erstrecken sich von der Wärmedämmung über den Einbau neuer Fenster bis zur Modernisierung der Heiz- und Lüftungsanlage. Besonders im Fokus stehen elektrisch oder mit Öl beheizte Wohnungen und Häuser. Damit sie rentabel sind, müssen die Sanierungsmaßnahmen Energieeinsparungen von 50 Prozent bis 75 Prozent ermöglichen. Dies erklärt die durchschnittlichen Kosten – sie liegen bei 18 000 Euro für Wohnungen und bei 38 000 Euro für Einfamilienhäuser.
Das Programm eignet sich für Haus- und Wohnungseigentümer jeden Alters und kann mit anderen Förderangeboten kumuliert werden (zum Beispiel mit Zuschüssen der französischen Agentur für Wohnungswesen ANAH, Steuergutschriften, zinslosen Ökokrediten oder Beihilfen der Gebietskörperschaften). Die sechsköpfige Familie Coppin-Wachnicki konnte sich dank dieses frankreichweit einzigartigen Programms ihren Traum erfüllen: „Wir wohnten seit 2008 direkt gegenüber dem Haus, das wir inzwischen gekauft haben. Wir waren begeistert von seinem Potenzial. Allerdings wussten wir auch, dass neben dem Kaufpreis noch umfangreiche Renovierungskosten auf uns zukommen würden. Ohne Picardie Pass Rénovation hätten wir dieses Projekt nicht so entspannt angehen können. Es war unsere einzige Finanzierungslösung neben dem Bankkredit für den Kauf des Hauses.“
Spürbare Auswirkungen auf den lokalen Arbeitsmarkt
Mittlerweile sind 650 lokale Unternehmen auf der Beschaffungsplattform der Initiative registriert. 250 dieser Unternehmen arbeiten regelmäßig für das Programm – dies entspricht 2 730 Arbeitsplätzen. „Picardie Pass Rénovation hat 300 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert“, unterstreicht Vincent Pibouleu nicht ohne Stolz.
Das Ergebnis kommt nicht von ungefähr: Die Initiative Picardie Pass Rénovation arbeitete von Anfang an eng mit Berufsverbänden wie der französischen Bauföderation (FFB) oder der Arbeitgebervereinigung des Bauhandwerks CAPEB zusammen, um die Teilnahme kleinerer Handwerksbetriebe an den Ausschreibungen zu fördern: „Kleine Handwerksbetriebe schrecken häufig vor Ausschreibungen zurück. Wir haben viel Überzeugungsarbeit bei diesen Betrieben geleistet, damit sie den Markt nicht einfach den großen Unternehmen überlassen“, erklärt Vincent Pibouleu.
Hierzu gehört auch, dass die Initiative Picardie Pass Rénovation die besondere Situation kleiner Handwerksbetriebe berücksichtigt. Deshalb kommt sie ihren Partnerunternehmen mit einer Anzahlung von 30 Prozent bei Beginn der Arbeiten entgegen, damit diese nicht mit eigenen Mitteln in Vorlage gehen müssen.