Ein schwedisches Unternehmen baut eine Lachszucht an Land auf, um den nahrhaften Fisch nachhaltig und lokal zu erzeugen
Lachs gehört zur schwedischen Küche einfach dazu. An Weihnachten fehlt er auf keinem festlichen Smörgåsbord, und beim Mittsommerfest ist er der klassische Begleiter zum Aquavit. Kein Wunder also, dass Schweden beim Lachsverzehr europaweit mit an der Spitze liegt. Aber nicht einmal ein Prozent des Fischs kommt aus dem eignen Land; der Großteil wird aus Norwegen importiert.
RE:OCEAN will das ändern und in Säffle die erste große Lachsfarm des Landes aufbauen. Säffle ist nicht etwa ein schwedischer Fjord, in dem die Lachse schwimmen könnten. Es ist vielmehr eine Kleinstadt in der Provinz Värmland im westlichen Mittelschweden. Dort will RE:OCEAN eine Anlage errichten, in der die Fische vom Schlupf bis zur Verarbeitung und Verpackung in einer sorgsam kontrollierten Umgebung leben, die den natürlichen Bedingungen entspricht. Schon 2026 möchte das schwedische Unternehmen rund 10 000 Tonnen Lachs produzieren – ein Fünftel des heimischen Gesamtkonsums.
„Wir wollen den nachhaltigsten Lachs am Markt liefern – gesund für die Menschen und umweltverträglich“, erklärt Morten Malle, Chief Executive von RE:OCEAN.
Lachsfarm an Land entlastet das Meer
Lachse schlüpfen in Flüssen und Bächen aus weintraubengroßen Eiern. Als Jungfische wandern sie dann ins Meer. Nach einem Jahr oder später treten die erwachsenen Tiere die weite Rückreise an und finden über mehrere Tausend Kilometer hinweg in ihr Laichgewässer zurück. Unterwegs sind sie Fressfeinden und extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt; wenn sie aber ankommen, paaren sie sich, und der Kreislauf beginnt von Neuem.
Inzwischen ist der Wildlachs in seinem Bestand gefährdet; in vielen europäischen Ländern gilt er als bedrohte Art. Lebensraumzerstörung, Wasserverschmutzung, Überfischung und Klimawandel setzen den Fischen zu. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Lachs stetig an. Weltweit dürfte sich der Fischhunger bis 2050 verdoppeln. Deshalb muss die künftige Nachfrage auf nachhaltige Weise befriedigt werden.
Lachsfarmen an Land können helfen, den Wildbestand zu sichern und die natürliche Biodiversität der Ozeane zu schützen. Sie können das ganze Jahr über frischen Lachs liefern, sodass sich überfischte Bestände erholen.
Lachszucht in Mittelschweden
Um Lachs in Küstengewässern zu züchten, benötigt man eine Wassertemperatur von 8–14 Grad Celsius, eine geschützte Küstenlinie und ideale Lebensbedingungen. Diese Bedingungen sind jedoch nur in wenigen Ländern und Regionen erfüllt. An Land können Zuchtfarmen dagegen fast überall stehen.
In seiner 58 800 Quadratmeter großen Farm am Ortsrand von Säffle, einer von Wäldern und Flüssen umgebenen Industriestadt, will RE:OCEAN Atlantischen Lachs züchten – in Becken mit einer Wasserfläche von acht Fußballfeldern. Die Anlage soll mit modernster Aquakultur-Technologie arbeiten. Das Wasser wird fortlaufend gefiltert, aufbereitet und wiederverwendet.
„Bei einer Lachsfarm an Land kann man das Wasser genau überwachen, im Meer dagegen nicht“, sagt Jean-François De Saedeleer, Senior Engineer bei der Europäischen Investitionsbank. „So entsteht ein kontrolliertes Umfeld, in dem sich ein Seelausbefall – und damit auch ein Antibiotikaeinsatz – ausschließen lässt.“
Die Anlage soll die gesamte Produktionskette vom Schlupf bis zur Schlachtung, Verarbeitung und Verpackung unter einem Dach abdecken. Innerhalb von weniger als sechs Stunden will RE:OCEAN frischen Lachs direkt an schwedische Supermärkte und Restaurants liefern.
„Durch die Investition kann Schweden seinen Lachsbedarf zu 20 Prozent selbst decken. Das verkürzt die Transportwege und stärkt die Biowirtschaft in Schweden“, so Khalid Naqib, Venture Capital Investor bei der Europäischen Investitionsbank.
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Unterstützung für Innovationen in Schweden
Die Lachszucht an Land ist kompliziert und teuer. Bis zu zwei Jahre dauert es, bis die Fische in den Verkauf gehen.
Die Europäische Investitionsbank unterstützt RE:OCEAN mit einer Venture-Debt-Finanzierung von 530 Millionen schwedischen Kronen (47 Millionen Euro), die im Dezember 2022 unterzeichnet wurde. Das Projekt wird über InnovFin – Demonstrationsprojekte im Energiesektor gefördert – ein Fördertopf, aus dem die Europäische Investitionsbank und die Europäische Kommission Risikokapital an innovative Unternehmen in Europa vergeben und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken.
„Das Konzept der Kreislaufwirtschaft spielt für uns eine zentrale Rolle“, so Chief Executive Malle. „Die Anlage nutzt ausschließlich erneuerbare Energien und erzeugt keinerlei Emissionen. Die Abfälle aus der Verarbeitung werden extern verwertet und an eine Biogasanlage verkauft.“
Mit dem Geld von der Europäischen Investitionsbank kann RE:OCEAN den Bau der Anlage in Säffle vorantreiben.
Nachhaltigkeit wird bei der Lachsfarm mit integrierter Verarbeitung groß geschrieben – vom kundennahen Standort über die Nutzung erneuerbarer Energien und die Verarbeitung von Abfällen zu Tierfutter bis zur Biogaserzeugung aus Restschlamm. Auch für die Futtermittel gelten strikte Standards. Das komplexe Filtersystem minimiert den Wasserverbrauch und erlaubt die Wiedernutzung zu 99,99 Prozent.
„Von der Idee bis zur Umsetzung ist es ein langer Weg“, sagt Malle. „Aber die Vereinbarung mit der Europäischen Investitionsbank ist ein klarer Vertrauensbeweis und hat das Interesse an unserem Projekt gewaltig gesteigert.