Ein finnisches Unternehmen setzt gegen den Klimawandel auf autonomes Fahren. Mit seiner Software klappt das bei Wind und Wetter

Extremwetter in den dunklen und kalten finnischen Wintern ist für Harri Santamala und Jussi Suomela nichts Neues. Pragmatisch passen sich die beiden Finnen an das Wetter an. Als Gründer von Sensible 4 haben sie nun eine Software entwickelt, die autonomes Fahren auch bei starkem Nebel und Regen ermöglicht.

>@Sensible4
© Sensible4

Harri Santamala

Auf unseren Straßen gibt es immer mehr autonome Fahrzeuge. Aber diese innovative Technologie hat ein Problem mit etwas ganz Banalem: dem schlechten Wetter. Selbst die modernsten autonomen Fahrzeuge können bei strömendem Regen oder Nebel nicht fahren, weil ihre Sensoren wegen Dunkelheit und fehlenden Orientierungspunkten schlecht funktionieren.

Die Lösung für dieses Problem heißt DAWN™. Die Software von Sensible 4 ist seit letztem Monat auf dem Markt. „Mit unserer Software ist autonomes Fahren auch unter Wetterbedingungen möglich, unter denen das vorher undenkbar war“, sagt Santamala.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) unterstützte Sensible 4 im letzten Jahr mit einem Kredit über acht Millionen Euro, der im November unterzeichnet wurde. Dazu nutzte sie den Europäischen Garantiefonds, der europäischen Firmen helfen soll, die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie in den Griff zu bekommen.



Autonomes Fahren wird wetterfest

Fahren bei schlechtem Wetter ist für Menschen schon schwer genug. Aber für ein autonomes Fahrzeug kann es noch viel tückischer sein. Es muss sich zum Navigieren auf Kameras und andere Sensoren verlassen und „sieht“ bei schlechtem Wetter einfach nicht genug, um schnell auf Hindernisse zu reagieren. Bei Extremwetter kann außerdem der Standort des Fahrzeugs nur schwer bestimmt werden, und GPS funktioniert nur mäßig.

Die Software DAWN von Sensible 4 löst dieses Problem durch die Kombination von Sensordaten. Sensorfusion wird diese Technologie genannt. „Verschiedene Sensoren wie Lidare, Radare und inertiale Messeinheiten (IMU) sammeln Daten über das Fahrzeug und seine Umgebung“, so Bilal Ahmad, ein Produktmanager bei Sensible 4. „Die Sensorfusion kombiniert diese Daten, um die Position des Fahrzeugs und eine genaue Abbildung der Umgebung zu erhalten. So können mögliche Hindernisse erkannt werden.“

Mit DAWN kann jedes Fahrzeug mit Automatisierungssoftware und einem Sensoren-Kit zu einem autonomen Fahrzeug werden. Bei Bedarf kann auch ein Mensch mehrere Fahrzeuge aus der Ferne überwachen und steuern.

Europäische Technologie für autonome Fahrzeuge

Überall auf der Welt entstehen neue Unternehmen für autonome Fahrzeuge. Bis 2030 dürfte sich die Marktnachfrage nach diesen Fahrzeugen auf 3,2 Millionen Stück erhöhen. Doch Europa liegt im Wettlauf um die künstliche Intelligenz hinter den Vereinigten Staaten und China.

Die EIB will mit dem Europäischen Garantiefonds Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken, indem sie Unternehmen unterstützt, die unter den wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie leiden. Viele von ihnen sind neue Tech-Firmen, die keine Kapitalrücklagen haben, aber Geld für die Expansion benötigen. Das ist besonders kritisch in Sektoren, in denen sich europäische Firmen ihre Finanzierungen sonst in den USA oder China suchen würden.

„Über den Garantiefonds können wir innovativen Unternehmen langfristige Venture-Debt-Lösungen anbieten und so eine Verwässerung ihrer Kapitalstruktur verhindern“, sagt Maximo Almodovar, Venture-Debt-Experte bei der EIB. „So müssen Gründer ihre Firmenbeteiligung nicht opfern und bleiben voll motiviert, das Wachstum ihres Unternehmens voranzutreiben.“

Für Sensible 4 bedeutet diese Finanzierung mehr Mittel für Wachstum und die Markteinführung seiner Produkte. „Der Name der EIB hat großes Gewicht“, so Santamala. „Die Unterstützung durch einen bekannten Investor wird vom Markt als Gütesiegel verstanden.“



Gutes Klima für nachhaltigen Verkehr

Für das finnische Unternehmen sind autonomes Fahren und geteilte Mobilität die Zukunft des nachhaltigen Verkehrs.

„Viele Menschen leben in weit abgelegenen Gegenden und werden vom ÖPNV und anderen Diensten schlecht versorgt“, sagt Ahmad. „Wir entwickeln deshalb On-Demand-Funktionen, damit sie Fahrten nach ihren Bedürfnissen anfordern können. So kommen sie zu den Hauptbuslinien und Bahnhöfen oder direkt ans Ziel und müssen nicht selbst ein Auto besitzen.

>@Sensible4
© Sensible4

DAWN eignet sich nicht nur für die letzte Meile, sondern auch für Industriefahrzeuge und die Logistik. Hier steuern Telefahrerinnen oder -fahrer gleichzeitig mehrere Fahrzeuge fern.

Santamala: „Die Nachfrage nach Gütern und Personen nimmt nicht ab. Deshalb brauchen wir neue Lösungen für eine umweltfreundlichere Mobilität. Wenn wir einen autonomen Pkw oder Bus teilen, verbessern wir nicht nur unsere CO2-Bilanz und vermeiden Staus. Diese Art von Mobilität ist auch viel effizienter und für alle verfügbar.“