Die Investitionsumfrage der EIB zeigt, wo der Bedarf liegt: bessere digitale Infrastruktur und Bildung sowie öffentliche Mittel für Forschung und Entwicklung

Die endlosen Diskussionen darüber, wofür die Europäische Union steht und wohin sie sich entwickelt, haben ein Umfeld begünstigt, in dem sehr konträre politische Reaktionen aufeinandertreffen. Aber im Grunde lässt sich das, was die EU tun muss, auf einen simplen Nenner bringen: Anpassen, Reformieren, Investieren. Die Investitionsschwäche, die sich nach der Krise hartnäckig verfestigte, bremst die Wirtschaft in unseren Ländern. Sie ist dafür verantwortlich, dass Unternehmen ihr Potenzial nicht nutzen und zu wenig Arbeitsplätze entstehen. Die jüngste Umfrage der Europäischen Investitionsbank bestätigt das.

Unsere Ökonomen führten eine Umfrage unter mehr als 12 500 Firmen in den 28 Mitgliedstaaten der EU durch. Das Ziel: Aufschluss über die Situation von Unternehmen unterschiedlicher Größe in den wichtigsten Wirtschaftszweigen gewinnen. In Polen beteiligten sich daran 479 Unternehmen. Wir wollten wissen, wo die Probleme liegen, damit wir uns auf die Suche nach Lösungen begeben können.

Positive Signale

Wir haben durchaus positive Signale in der EU gefunden. So gaben 84 Prozent der Unternehmen an, dass sie im abgelaufenen Geschäftsjahr Investitionen getätigt hatten. Bei kleinen und mittleren Unternehmen waren es 79 Prozent. Hoffnungsvoll stimmt auch, dass in diesem Jahr die Zahl der Firmen, die höhere Investitionen als in der Vergangenheit planen, größer ist als die Zahl derer, die ihre Investitionen zurückfahren möchten.

Die EIB unterstützt Unternehmen, die investieren wollen. So vergab sie im Dezember ein Darlehen von 60 Millionen Euro an Maspex. Der Lebensmittelkonzern kann damit seine Produktion erweitern und auf den neuesten Stand bringen sowie drei moderne Logistikeinrichtungen in Lublin, Olsztynek und Łowicz bauen. Das Darlehen wird zur Hälfte durch die Investitionsoffensive für Europa abgesichert. Dieses EU-Programm soll innovative Unternehmen fördern und wird Maspex auch helfen, seine Erneuerbare-Energien- und Energieeffizienzvorhaben durchzuführen. Vor wenigen Wochen haben wir außerdem eine bahnbrechende Fremdkapitalfinanzierung mit dem Energiekonzern Tauron unterzeichnet. Dabei setzen wir ein neuartiges Hybridanleiheprodukt ein.


Das geplante Logistik- und Produktionswerk von Maspex

Das geplante Logistik- und Produktionswerk von Maspex

Beunruhigende Signale

Es gibt aber auch beunruhigende Signale in Europa. 15 Prozent der Unternehmen gaben an, dass sie in den vergangenen drei Jahren zu wenig investiert hatten, um demnächst expandieren zu können. In Polen investieren nach eigener Einschätzung 18 Prozent der Unternehmen zu wenig. Tatsächlich liegen die Investitionen in Forschung und Entwicklung deutlich unter dem EU-Durchschnitt.

Zwar erholen sich die Unternehmensinvestitionen in Europa. Aber das Tempo ist sehr verhalten. Nur ein Drittel der europäischen Unternehmen rechnet 2017 mit höheren Investitionen. Im Vergleich zu früheren Perioden ist das ein sehr schwacher Anstieg.

Es bleibt noch viel zu tun, um die Investitionslücke in Europa zu schließen. Deshalb ist die Investitionsoffensive für Europa, an der die EIB maßgeblich mitwirkt, so wichtig. Die Lücken werden nicht von alleine verschwinden. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, die zweite Säule der Investitionsoffensive, die europäische Plattform für Investitionsberatung (EIAH), zu stärken. Sie soll nun besser vor Ort vertreten sein. Wir glauben, dass die Initiative „EIAH Going Local“ und die Zusammenarbeit mit nationalen Partnern wie der polnischen BGK dazu beitragen werden, dass europäische Unternehmen mehr bankfähige Projekte hervorbringen.

Innovation im Fokus

Für die EIB hat Innovation einen sehr hohen Stellenwert. Ohne Innovation kann Europa seine Wettbewerbsfähigkeit nicht steigern, ja nicht einmal das Erreichte bewahren. Wie die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen, verfolgen europäische Unternehmen mit ihren Investitionen nicht vorrangig das Ziel, ihre Kapazität zu steigern. Sie wollen vielmehr nur ihren Kapitalstock modernisieren. Lediglich 44 Prozent der Maschinen und Ausrüstung in Europa entsprechen heute dem Stand der Technik.

Die Zahlen in Polen könnten viel besser sein. Polnische Unternehmen bezeichnen lediglich 28 Prozent ihrer Maschinen als dem Stand der Technik entsprechend. Nur Bulgarien schneidet noch schlechter ab. Auch im Hinblick auf die Energieeffizienz von Gebäuden steht Polen an zweitletzter Stelle.

Daran könnte die Investitionsoffensive für Europa etwas ändern. Ihr Ziel ist es, die Schlagkraft der EIB zu erhöhen, indem der private Sektor stärker eingebunden wird. Dies wiederum wird Innovationen hervorbringen und ihre Umsetzung beschleunigen.

Logistikhalle des Lebensmittelkonzerns Maspex

Logistikhalle des Lebensmittelkonzerns Maspex

Ein guter Ort für qualifizierte Arbeitskräfte

Wir müssen die Bedingungen für ein besseres Investitions- und Innovationsumfeld schaffen. Das bedeutet: bessere Bildung, digitale Infrastruktur und öffentliche Förderung von Forschung und Entwicklung. Unsere Umfrage hat gezeigt, wie sehr ungewisse Zukunftsaussichten die Investitionsbereitschaft der Unternehmen bremsen.

Ein weiteres Thema ist die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte – ein wichtiger Punkt nicht nur in Polen, sondern in Mittel- und Osteuropa insgesamt. Investitionen in das Humankapital sind unumgänglich, wenn Länder wie Polen für hoch qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv sein sollen.

Durch die Investitionsoffensive für Europa kann die EIB eigene Mittel effizienter einsetzen und dabei eine EU-Haushaltsgarantie nutzen, um einige dieser Investitionslücken zu schließen. Wir haben unser ursprüngliches Ziel, bis 2018 Investitionen von 315 Milliarden Euro zu mobilisieren, schon zur Hälfte erreicht.

2016 wurden 1,42 Milliarden Euro der insgesamt 4,52 Milliarden Euro, die die EIB in Polen vergab, durch die Investitionsoffensive abgesichert. Damit wurden Investitionen von 4,91 Milliarden Euro mobilisiert.


Bessere Gesetze

Die Investitionsumfrage zeigt auch, dass Gesetzesreformen nötig sind, um Innovationen zu fördern, Arbeitsplätze zu schaffen und Europa auf der internationalen Bühne wettbewerbsfähig zu machen. Die EU ist weit davon entfernt, jener vollständig harmonisierte, kohärente, barrierefreie und investitionsfreundliche Ort zu sein, den wir uns alle wünschen. Wenn Unternehmen grenzüberschreitend investieren, navigieren sie mehr schlecht als recht durch einen Ozean von Unterschieden und uneinheitlichen Vorschriften.

Regulierer und Gesetzgeber auf nationaler und auf EU-Ebene müssen nun gemeinsam auf das Reformtempo drücken. Nur so können wir sicherstellen, dass Polen bei der nächsten Runde unserer Umfrage ein besseres Bild abgibt.

Wir sollten also keine Zeit mehr mit unseren Bedenken und Ängsten verlieren. Wir sollten handeln – und wenn es schiefgeht, wieder aufstehen und von vorn anfangen. Die EIB ist für Unternehmen da – sie ist da, um ihnen zu helfen, ihnen zuzuhören und sie zu begleiten. Sie sind nicht alleine.