Jobiri – so heißt die digitale Beratungsplattform der Brüder Sponchioni, die künstliche Intelligenz nutzt und die Jobsuche ins 21. Jahrhundert führen soll
Von Chris Welsch
Den Brüdern Claudio und Roberto Sponchioni aus Mailand kam die Idee zu ihrem sozialen Unternehmen unabhängig voneinander vor vier Jahren.
Roberto arbeitete in Dublin in der IT-Branche, als ihn ein Freund um Hilfe bei der Jobsuche bat. Er war überrascht, wie begrenzt die Online-Optionen für Stellensuchende waren. Die Kompetenzen seines Freundes konnten nicht einfach und systematisch auf die verfügbaren Jobs abgestimmt werden. Es war auch nicht möglich, sich einen klaren Überblick über den Arbeitsmarkt zu verschaffen.
Zur selben Zeit war sein Bruder Claudio als Projektmanager für einen der größten europäischen Personalvermittler in Mailand tätig. Dort beschäftigte er sich mit Projekten, die darauf abzielten, Jobsuchende leichter zu vermitteln. Auch er sah hier eine riesige Marktlücke.
Gemeinsam diskutierten sie über eine Online-Toolbox, die sowohl Arbeitssuchenden als auch Vermittlungsagenturen und Unternehmen mit offenen Stellen hilfreich wäre. Nach zwei Jahren intensiven Forschens brachten die beiden schließlich Jobiri auf den Weg, eine digitale Beratungsplattform, die mittels künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen Jobsuchende und Arbeitgeber zusammenbringt.
„Momentan läuft das alles noch sehr traditionell ab“, erklärt Claudio an einem sonnigen Sommernachmittag am Unternehmensstandort in Mailand. „Wenn du einen Job suchst und Hilfe brauchst, gehst du zu einem menschlichen Ansprechpartner, der dir sagt, was zu tun ist. Wenn du alles alleine machst, können Fehler passieren, und du brauchst mehr Zeit.“ Die Brüder sahen jedoch, dass die steigende Nachfrage mit dem jetzigen System nicht zu bewältigen war. „Wir erkannten unsere Chance.
... Heutzutage wechselt man sieben- bis zehnmal im Leben den Arbeitsplatz. Die Begleiteinrichtungen – Schulen, Personalvermittler, Beschäftigungszentren – haben nicht die Kapazitäten, um all diese Leute zu unterstützen.“
Die Plattform der Brüder Sponchioni ist eine zentrale Anlaufstelle für Arbeitssuchende, die gegen eine geringe monatliche Gebühr oder unentgeltlich über eine Begleiteinrichtung Zugang zur Website erhalten. Sie bietet Karriereplanung, Beratung und einen Überblick über offene Stellen – alles aus einer Hand.
„Unser Angebot ist weit mehr als nur eine Summe von Dienstleistungen“, erklärt Claudio. „Wir multiplizieren Know-how, Ideen und Technologie.“ Je mehr Leute Jobiri nutzen, desto wirksamer wird es – dank maschinellem Lernen.
Eine digitale Beratungsplattform begleitet die Jobsuchenden auf ihrem Weg zum idealen Kandidaten. Sie können ein Probeinterview aufnehmen und erhalten Feedback, wie sie sich am besten präsentieren können. Dabei wird alles analysiert, vom Blickkontakt bis hin zu den Antworten. Jobiri hilft auch beim Motivationsschreiben, beim Lebenslauf und bei der Formulierung besonderer Kompetenzen. Das soll sicherstellen, dass ein künftiger Arbeitgeber auf einen Kandidaten aufmerksam wird und seinen potenziellen Wert erkennt.
„Die Zeiten ändern sich, und wir müssen uns anpassen“, sagt Roberto und zieht sein eigenes Fachgebiet als Beispiel heran. „Vor einiger Zeit waren PHP-Entwickler sehr gesucht. Angesichts der Entwicklungen in den Bereichen maschinelles Lernen und Datenanalyse werden nun Python- und R-Entwickler benötigt.“
Jobiri ist in Italien rasch gewachsen, da dort mehrere Arbeitsvermittlungen die Plattform für die Jobsuche einsetzen.
Eine der größten ist CIOFS (das italienische Zentrum der Don-Bosco-Schwestern), eine gemeinnützige Organisation. Sie vertritt rund 60 Berufsbildungszentren, in denen jedes Jahr über 16 000 Personen in ganz Italien eine Aus- und Weiterbildung erhalten.
Schwester Angela Elicio ist die nationale Vorsitzende von CIOFS. Mit Jobiri, so sagt sie, lassen sich die Daten über die Auszubildenden und den Arbeitsmarkt besser abgleichen, und die Beratung ist effizienter.
Erster Kunde der Plattform war die Katholische Universität Mailand. Der Leiter des dortigen Career Centers, Roberto Reggiani, ist von Jobiri auch ganz angetan.
„Jobiri ist äußerst nützlich, weil die meisten Jobsuchenden gar nicht wissen, welche Talente, Fähigkeiten und Grenzen sie haben“, schwärmt er. Über diese Plattform kann das Center viel mehr Studierende erreichen. Im letzten Jahr leistete Jobiri schätzungsweise 4 000 Stunden Beratung für die Studierenden der Universität. Dadurch wurde das Beratungspersonal deutlich entlastet.
Maria Carmen Russo leitet das Zentrum für die Beschäftigung junger Menschen in der norditalienischen Stadt Cremona. Sie arbeitet mit einer auf ihr Zentrum zugeschnittenen Version der Plattform, die die Studierenden recht hilfreich finden. „Jobiri verwendet eine sehr direkte Sprache und richtet sich an junge Leute“, so Russo. „Besonders gut gefällt mir der Teil mit den Anleitungen. Junge Leute verstehen dadurch, wie wichtig ein Lebenslauf ist und erhalten gleichzeitig Anregungen und strategische Tipps.“
Claudio erzählt, dass Jobiri letztes Jahr bei rund 350 Nutzern eine Umfrage zur Kundenzufriedenheit durchführte. Danach fanden 75 Prozent der Nutzer innerhalb von 1,4 Monaten einen Job. Dieses Ergebnis liegt deutlich unter dem italienischen Durchschnitt von vier bis acht Monaten.
Als nächste Schritte sind laut Roberto die Verbesserung der Website und eine intensivere Unterstützung von Arbeitgebern bei der Suche nach dem richtigen Kandidaten geplant. Auf der neuen Webseite soll die Arbeit der Jobsuchenden „gamifiziert“ und so abwechslungsreicher gestaltet werden.
Claudio und Roberto wollen anderen den Einstieg ins Berufsleben und die Suche nach ihrem Traumjob erleichtern.
„Aktuell ist die Jobsuche ziemlich schwierig“, so Claudio. „Und nicht jeder erhält dabei die richtige Unterstützung. Mit Jobiri wollen wir sicherstellen, dass alle diese Unterstützung für eine bessere Zukunft erhalten.“