Die Hauptstadt von Gran Canaria erhält als erste Stadt in Spanien einen Schnellbus – damit die Menschen in Las Palmas schneller ans Ziel kommen und wieder durchatmen können.
Im 19. und 20. Jahrhundert wanderten viele Bewohner der Kanarischen Inseln nach Kuba aus. Sie nahmen ihre Traditionen mit auf die Karibikinsel und brachten kubanische Bräuche auf die Kanaren. Das kubanische Spanisch ist dem kanarischen Spanisch sehr ähnlich. Busse heißen beispielsweise hier wie dort Guaguas.
In Las Palmas de Gran Canaria, der bevölkerungsreichsten Stadt der Kanaren, fahren viele solcher Guaguas. Die Stadt hat sich entlang zweier natürlicher Buchten ausgedehnt und erstreckt sich von dort aus weiter über eine nach Nordosten hinausragende Halbinsel. Auf den umliegenden, von Schluchten durchzogenen Hügeln sind nach und nach neue Wohngebiete entstanden. Die Lage der Stadt stellt die Verkehrsplaner vor große Herausforderungen.
In diesem Sommer will die örtliche Busgesellschaft Guaguas Municipales – die schon die normalen Guaguas betreibt – gemeinsam mit der Stadt ein ehrgeiziges Projekt angehen, um die Probleme im Nahverkehr zu lösen. Das Projekt heißt MetroGuagua.
„Mit den heutigen Guaguas braucht man bis zu 50 Minuten von Hoya de la Plata nach Manuel Becerra“, beschreibt Las Palmas´ Bürgermeister Augusto Hidalgo Macario die Fahrt durch das verkehrsreiche Zentrum der Stadt. „Mit dem MetroGuagua wird es 20 Minuten dauern, egal, wie viel Verkehr ist. Er revolutioniert den Verkehr und wird das gesamte urbane Umfeld hier verändern.“
Das Projekt MetroGuagua ermöglicht die Einrichtung eines Schnellbussystems und umfasst:
- zwei 11,7 Kilometer lange getrennte Richtungsfahrbahnen für Busse
- drei Busterminals
- 17 Haltestellen im Abstand von 500 Metern
- 17 Busse mit Hybrid- oder Elektroantrieb, die bis zu 4 500 Fahrgäste pro Stunde befördern können
- Verkehrsleit- und steuerungssystem an den Kreuzungen
Die Europäische Investitionsbank deckt mit einem Darlehen von 50 Millionen Euro die Hälfte der Gesamtprojektkosten.
Neues Mobilitätskonzept
Die Buslinie wird entlang der Hauptverkehrsachsen im unteren Teil der Stadt verlaufen, weitgehend parallel zur Küstenlinie. Ausgehend von Hoya de la Plata am südlichen Stadtrand führt die Strecke durch die Altstadt und das Geschäftsviertel bis zum Busbahnhof Manuel Becerra am Hafen im Norden von Las Palmas. 75 Prozent des täglichen Verkehrs in der Stadt konzentrieren sich auf dieses Gebiet. Die Region braucht dringend eine zuverlässige Verkehrsinfrastruktur.
„Der MetroGuagua ist ein sehr leistungsfähiges Transportmittel“, erklärt Bürgermeister Hidalgo Macario. „Mit ihm erhält Spanien sein erstes Schnellbusnetz.“
In Las Palmas fahren die meisten Menschen bislang mit dem Auto. „Es ist ein bahnbrechendes Vorhaben für eine Stadt, in der das Auto einen Anteil von 67 Prozent am Verkehrsaufkommen hat. Mit dem MetroGuagua fördern wir den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr, und zwar auf höchst kostengünstige Weise“, verspricht Doramas Jorge-Calderón, der als Senior Economist für die EIB tätig ist. Er ist als gebürtiger Canario in Las Palmas aufgewachsen.
Der MetroGuagua wird nicht nur die öffentliche Mobilität im unteren Teil der Stadt verbessern. Mit dem Schnellbus „wird es auch möglich, den gesamten Nahverkehr neu zu organisieren, so dass sich auch in der Peripherie die Fahrt- und Wartezeiten verkürzen“, ergänzt Elena Campelo, die das Projekt als Ingenieurin bei der EIB betreut.
Das Darlehen der EIB wird über die Investitionsoffensive für Europa abgesichert. Es ist das erste Projekt im Rahmen dieser Initiative auf den Kanarischen Inseln. Dank der EU-Haushaltsgarantie der Investitionsoffensive kann die Bank höhere Risiken eingehen und Darlehen an Kommunen vergeben – und zwar zu Konditionen, die sie sonst nicht anbieten könnte. Das EIB-Darlehen ermöglicht die langfristige Finanzierung zu günstigen Bedingungen, was sowohl den Rückzahlungszeitraum (bis zu 20 Jahre) als auch den Zinssatz betrifft.
„Das Darlehen wurde an das Busunternehmen vergeben, das dann die günstigen Konditionen an die Kommune weitergegeben hat“, erläutert Hidalgo Macario. „Die Finanzierung durch die EIB hat das Projekt entscheidend vorangebracht und private Geldgeber mobilisiert.“
Von Beginn an positive Effekte
Die Bauphase soll im Juli 2017 beginnen. Dadurch entstehen bis zu 1 000 Arbeitsplätze in einer Region mit einer Arbeitslosenquote von über 25 Prozent.
Anschließend sollen im Rahmen des Projekts 17 Niederflur-Gelenkbusse angeschafft werden, entweder mit Hybrid- oder mit Elektroantrieb – je nachdem, „welche Antriebstechnologie dann auf dem Markt führend und erhältlich ist“, so Hidalgo Macario.
Die Bauarbeiten für den MetroGuagua sollen 2021 abgeschlossen sein. Vorteile der neuen Schnellbuslinie:
- Flexibel: „Die Stadt ist aufgrund ihrer geografischen Gegebenheiten prädestiniert für eine separate Schnellspur, die in Ausnahmefällen auch für andere Verkehrsträger genutzt werden kann. Bei einer Straßenbahn wäre das nicht möglich“, sagt Campelo.
- Schnell und zuverlässig: Die neuen Busse fahren im Fünf-Minuten-Takt mit einer Geschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde. Die heutigen Busse schaffen nur 13 Kilometer pro Stunde.
- Kostengünstig und innerhalb relativ kurzer Zeit umsetzbar – vor allem im Vergleich zu einer Straßenbahn oder U-Bahn.
- Leistungsfähig und komfortabel: Jeder Bus kann 170–190 Fahrgäste befördern. Allein im unteren Teil der Stadt wird sich die Beförderungskapazität von derzeit 10 Millionen auf 14 Millionen Fahrgäste pro Jahr erhöhen.
- Umweltfreundlich: Die neuen Busse sind schadstoffärmer unterwegs. Hinzu kommen ein neuer Fahrradweg und breitere Gehwege entlang der Busspuren.
Das Projekt MetroGuagua kann aus Mitteln der Fazilität für umweltfreundlicheren Verkehr finanziert werden, einer Initiative der EIB und der Europäischen Kommission zur Förderung eines sauberen Verkehrs.
„Der MetroGuagua wird unsere Stadt noch attraktiver machen und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger erhöhen. Das gilt vor allem für junge Menschen. Meine Tochter wird den Schnellbus auf jeden Fall nutzen“, freut sich Hidalgo Macario.