Die Access Bank Liberia vergab weiter Mikrofinanzkredite – trotz Ebola
Bis vor einigen Monaten wurde bei allen Kunden, die eine Filiale der Access Bank Liberia in Monrovia betraten, die Körpertemperatur kontrolliert. Nicht nur das – jeder musste außerdem die Hände waschen. Die Bankmitarbeiter trugen Einmalhandschuhe, wenn sie Auszahlungen aushändigten. Wer Geld einzahlte, hoffte dabei inständig, lange genug zu leben, um es eines Tages auch wieder abheben zu können.
Zwei Jahre lang wütete die Ebola-Epidemie in Liberia, erst im März wurde der Ebola-Notstand aufgehoben (nach neuen Fällen wurde das Land am 9. Juni als ebolafrei erklärt). Die Krankheit tötete in Liberia, Guinea und Sierra Leone mehr als 11 000 Menschen. Die Überlebenschancen der Infizierten lagen bei 50 Prozent. Trotzdem vergab die Access Bank Liberia weiter Kredite an die kleinen Händler, Straßenverkäufer und Handwerker, die von ihr abhängen.
„Ebola versetzte das Land in einen kriegsähnlichen Zustand, aber wir vergaben dennoch Kredite“, so Horatio Weedor, der bei der Access Bank in Monrovia für Mikrofinanzierungen verantwortlich ist.
„Alle anderen Banken stellten die Kreditvergabe ein, denn die Kreditnehmer konnten ja sterben, bevor die Raten zurückbezahlt waren. Wir machten weiter und entwickelten dadurch ein sehr enges Verhältnis zu unseren Kunden.“
Diese Strategie ließ aber das Kapital der Access Bank dahinschmelzen. Dank der guten Ergebnisse nach dem Ende der Epidemie liegt das Kapital mittlerweile jedoch wieder über der gesetzlichen Mindestanforderung. Die Holdinggesellschaft der Bank prüft dennoch eine Kapitalspritze von 500 000 Euro durch die Europäische Investitionsbank, um im Falle unerwarteter Ereignisse über einen Puffer zu verfügen. „In Liberia können sich die Dinge schnell ändern“, erklärt Friederike Möllers, Chief Executive Officer der Access Bank Liberia. „In den zurückliegenden fünf Monaten erzielten wir zwar einen steten Gewinn. Aber wir wissen nicht, was in den nächsten sechs Monaten auf uns zukommt.“
Effiziente Mikrofinanzierungen
Das Berliner Unternehmen LFS Financial Systems gründete 2006 Access Holding Microfinance, um Banken in Entwicklungsländern aufzubauen, die Kredite an Kleinunternehmen vergeben. Neben der Access Bank Liberia, die seit 2009 besteht, hat das Unternehmen auch Mikrofinanzinstitute in Aserbaidschan, Madagaskar, Nigeria, Tansania, Sambia, Tadschikistan, Ruanda, Georgien und Brasilien. Zu den Anteilseignern gehören u. a. nationale Entwicklungsinstitute aus dem Vereinigten Königreich und Deutschland, private Mikrofinanzfonds, die International Finance Corporation und die EIB.
Die Beteiligung der Bank der EU an der Holdinggesellschaft „ist eine effiziente Investitionsmöglichkeit“, so Hannah Siedek, Referentin für Beteiligungsoperationen im Referat Mikrofinanzierung der EIB. „Mit einem einzigen Vertrag lässt sich eine Finanzierung vereinbaren, von der am Ende viele Märkte profitieren.“
Neben der Gründungsbeteiligung von 900 000 US-Dollar stellte die EIB der Access Bank Liberia ein Darlehen von bis zu 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Bislang wurden insgesamt 1,8 Millionen Euro an die Access Bank ausgezahlt.
Das Kreditportfolio der Access Bank hat ein Volumen von 16,9 Millionen US-Dollar. Bei 98 Prozent aller Ausleihungen handelt es sich um Mikrokredite unter 7 000 US-Dollar, und 65 Prozent der Kunden sind Frauen.
Mikrofinanzierungen in Liberia unterstützen die Erholung nach der Ebola-Krise
Die potenzielle Kapitalspritze würde aus dem Rahmen für Finanzierungen mit besonderem Entwicklungseffekt finanziert. Mit einem Umfang von 500 Millionen Euro ist dieser für Projekte in Subsahara-Afrika, der Karibik und im pazifischen Raum vorgesehen, die erhebliche Auswirkungen auf den Entwicklungsstand haben, aber mit höheren Risiken als traditionelle EIB-Projekte einhergehen.
Die Bedeutung der Access Bank Liberia zeigte sich während der Ebola-Epidemie: Trotz der verheerenden Krankheit, die 29 Kunden und drei Mitarbeiter das Leben kostete, vergab sie weiter Kredite. Allen Kunden wurde ein tilgungsfreier Zeitraum von zwei Monaten und in einigen Fällen sogar noch länger gewährt. Horatio Weedor, der für Mikrofinanzierungen verantwortlich ist, teilte den Familien verstorbener Kunden persönlich per Telefon mit, dass die Access Bank ihre Kredite abschreibt. „Das war das Maximum, was sie von einem Finanzinstitut erwarten konnten“, erklärt er. „So mussten sie sich in ihrer Trauer nicht auch noch um die Rückzahlung des Kredits sorgen.“
Nachdem die Weltgesundheitsorganisation den wegen der Ebola-Epidemie ausgerufenen Gesundheitsnotstand im März als beendet erklärt hatte, wurde die Bedeutung der Access Bank noch deutlicher: Sie prüft derzeit die Einführung eines Mobile-Banking-Systems, das auch ländliche Gegenden erschließen könnte. In der Zwischenzeit erholen sich die Liberianer allmählich wieder von den verheerenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen von Ebola. Viele Familienangehörige der verstorbenen Kunden der Access Bank haben bei Weedor bereits neue Kredite beantragt. „Durch diese Tragödie sind wir mit unseren Kunden ein weiteres Stück zusammengewachsen“, erklärt er. „Jetzt verbessert sich die Lage – für uns und für sie.“