Die junge Ingenieurin Feten hatte erwartet, nach ihrem Studium an einer renommierten tunesischen Hochschule die Heimat verlassen zu müssen, um einen ordentlichen Job in ihrem Fachgebiet zu finden. So, wie die meisten anderen.
Aber dann fand die 31-Jährige doch eine Stelle, im Lean Manufacturing bei OneTech. Das Unternehmen stellt Leiterplatten und Elektronik für die Automobilindustrie her. „Ich habe meinen Traumjob gefunden, in der Nähe meiner Familie und Freunde. Dafür bin ich unglaublich dankbar“, schwärmt sie.
OneTech hat seine Fertigung in Tunesien ausgebaut und außerdem in Forschung, Entwicklung und Innovation investiert. Möglich wurde dies mit einem Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) über 21 Millionen Euro. Die Förderung von Innovation und Unternehmen gehört zu den wichtigsten Zielen der EIB. Daher finanziert die Bank auch Modernisierungsprojekte im Automobilsektor.
Die Tatsache, dass das Unternehmen etwa die Hälfte seiner Stellen mit Frauen besetzt, hat großes Interesse geweckt
„OneTech steht beispielhaft für eine erfolgreiche Nord-Süd-Partnerschaft zwischen einem bedeutenden tunesischen Industrieunternehmen und erstklassigen europäischen Konzernen“, sagt Gratianne Dascon, die bei der EIB für den Kredit zuständig war.
Das Unternehmen hat in Nordafrika eine beachtliche Erfolgsgeschichte hingelegt:
- 380 Millionen US-Dollar Umsatz im Jahr 2018, davon rund 80 Prozent aus Exporten
- erster afrikanischer Anbieter von Leiterplatten für die Automobilindustrie
- anerkanntes Unternehmen, das in der Branche Standards setzt
- 48 Prozent der Beschäftigten sind Frauen
- 1 235 neue Jobs in den letzten drei Jahren, davon nahezu 50 Prozent für Frauen
„Die Tatsache, dass das Unternehmen etwa die Hälfte seiner Stellen mit Frauen besetzt, hat großes Interesse geweckt“, betont Dascon.
Überwachung in Echtzeit
Feten kümmert sich am OneTech-Standort in Bizerte um ein Informationssystem, das komplexe Fertigungsprozesse koppelt und steuert. Sie sammelt Echtzeitdaten zu verschiedenen Fertigungslinien und beobachtet die Arbeitsabläufe. Dank ihrer Beobachtungen müssen andere Ingenieure nicht mehr lange Berichte durchgehen, um Arbeitsabläufe zu verstehen.
„Ich liebe die Arbeit im Betrieb“, sagt Feten. Durch die Überwachung in Echtzeit kann OneTech schnell auf Probleme reagieren und erkennen, wann Anlagen zu warten sind oder ein Ausfall droht.
Mithilfe der EIB investiert OneTech auch in Visual Computing und Mixed Reality. Über Visual Computing können Fachleute mit Arbeitsprozessen interagieren und diese durch Bildverarbeitung steuern. Mixed Reality vermischt virtuelle Elemente und die reale Welt, sodass Fertigungsprozesse getestet werden können.
OneTech investiert auch in Sensortechnik und in den 3D-Druck von Komponenten für autonome Autos, die mit vielen Sensoren wie Kameras, Radar und Lidar (Licht- und Entfernungsmessung) ausgestattet sind und Ultraschalltechnik zur leichteren Navigation einsetzen.
Digitaler Nachbau von Menschen
Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz revolutionieren das Fahrerlebnis. „Der Markt wächst und macht einen immer größeren Teil unseres Portfolios aus“, erklärt CEO Hedi Sellami von OneTech. „Wir passen uns dieser neuen Mobilitätsgeneration an – und dem neuen Geschäftsumfeld, in dem Software die neue Hardware ist.“
Die besten Maschinen können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie von qualifizierten Menschen bedient werden
Der Umgang mit derart disruptiven Technologien erfordert Kompetenz in den Bereichen Innovation und mechatronisches Engineering. Im Fokus stehen dabei elektrische und mechanische Systeme und die Kombination von Robotik, Elektronik, Computerisierung und Telekommunikationssystemen. „Die besten Maschinen können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie von qualifizierten Menschen bedient werden“, so Sellami.
Sellamis Vater gründete das Unternehmen 1979, nachdem ihm anderswo eine Beförderung verweigert wurde. Mittlerweile hat OneTech 4 500 Beschäftigte, laut Sellami aber trotzdem seine familiäre Atmosphäre bewahrt. Neben den Standorten in Tunesien unterhält der Technikspezialist noch ein Werk in Marokko und eine Forschungs- und Entwicklungseinrichtung in Frankreich.
In dem wachstumsstarken Unternehmen finden sicherlich noch mehr gut ausgebildete Tunesierinnen und Tunesier so wie Feten einen guten Job im eigenen Land.
Das Potenzial der Menschen ist die Grundlage von allem