Unternehmen, die neue Krebstherapien entwickeln, kommen oft nur schwer an das nötige Geld für ihre Forschung. Die Europäische Investitionsbank hilft ihnen dabei.

Wenn Sie an einer neuen Therapie gegen einen seltenen, aggressiven Hirntumor bei Kindern arbeiten, dann wollen Sie sich ganz auf die Forschung konzentrieren. Aber wahrscheinlich sind Sie mehr damit beschäftigt, das Geld dafür aufzutreiben.

„Innovative Unternehmen verlieren häufig zu viel Zeit mit der Kapitalbeschaffung“, weiß Yu Zhang, der bei der Europäischen Investitionsbank für Innovationsfinanzierungen zuständig ist. „Die meisten Investoren stecken ihr Geld aus Renditegründen lieber in andere Märkte als in die Erforschung seltener Krankheiten.

Wir sehen den Wert solcher Forschungsprojekte und was sie weltweit bewirken können.“

Deshalb hat die EIB 25 Millionen Euro an Apeiron Biologics vergeben. Die österreichische Biotechgesellschaft entwickelt Immuntherapien gegen Krebs und ist eines der innovativen Unternehmen, die die EIB auf diesem Gebiet unterstützt. Die Arbeit ist enorm wichtig, denn bis 2030 könnte die Zahl der Krebserkrankungen um 68 Prozent steigen. Peter Llewellyn-Davies, CFO von Apeiron, ist sich sicher: „Mit dem Darlehen der EIB können wir die nächste Entwicklungsstufe erreichen.“

>@Apeiron Biologics
© Apeiron Biologics

Eine Forscherin im Labor von Apeiron Biologics

Mehr Geld für Innovationen

Apeiron hat bereits 2017 erfolgreich ein neues Immuntherapeutikum in Europa auf den Markt gebracht. Es dient zur Behandlung des Neuroblastoms, das im frühen Kindesalter auftritt.

„Wir haben einige Innovationsprojekte in Planung. Doch für die Entwicklung brauchen wir Geld“, so Llewellyn-Davies.

Apeiron setzt derzeit auf zwei Behandlungsansätze: zum einen auf therapeutische Antikörper, die sich gezielt an Tumorzellen heften, auf deren Oberfläche sich das Glykolipid GD2 befindet. Auf diese Weise kann das Immunsystem des Patienten die Tumorzellen zerstören. Der zweite Ansatz, eine neuartige Zelltherapie, befindet sich zurzeit noch in der klinischen Entwicklung. Dabei werden Blutzellen der Patienten „umprogrammiert“, indem ein Negativregulator des Immunsystems (das Cbl-b-Protein) blockiert wird. Die Zellen werden dem Patienten danach wieder injiziert und helfen, den Tumor zu bekämpfen.

„Wir wollen wirksame Therapien anbieten, die weniger Nebenwirkungen haben. Mit unserer neuartigen zellulären Immuntherapie reaktivieren wir das Immunsystem, sodass es die Tumorzellen im Körper selbst abtöten kann“, erklärt Llewellyn-Davies.

>@MagForce
© MagForce

Ein Patient bei der Behandlung im NanoActivator von MagForce

Mit Nanotechnologie gegen Krebs

Krebs ist nicht leicht zu behandeln, aber viele innovative Unternehmen in Europa erforschen und entwickeln neue Therapieformen, die die Überlebenschancen der Patienten erhöhen und weniger Nebenwirkungen haben. So auch das deutsche Unternehmen MagForce, das zu den Pionieren auf dem Gebiet der nanogestützten Krebstherapie zählt.

Bei dem Verfahren werden eisenoxidhaltige Nanopartikel in einen soliden Tumor injiziert. Dann kommt der NanoActivator von MagForce zum Einsatz, um den Tumor mit einem magnetischen Wechselfeld zu erwärmen. „Das Magnetfeld bewirkt, dass die Nanopartikel Wärme erzeugen, die entweder die Tumorzellen direkt zerstört oder sie empfindlicher macht gegenüber einer begleitenden Strahlen- oder Chemotherapie“, erklärt Dr. Ben Lipps, der CEO von MagForce. „Der Körper baut diese geschwächten Tumorzellen dann in einem natürlichen Prozess ab.“

Die Nano-Therm-Therapie von MagForce ist das erste und bislang einzige auf Nanotechnologie basierende Verfahren, das in der EU für die Behandlung von Hirntumoren zugelassen wurde (CE-Konformitätskennzeichnung). Die Universitätskliniken in Berlin, Münster und Köln wenden die Therapie bereits an.

Das Unternehmen will seine Nano-Therm-Therapie künftig auch außerhalb Deutschlands anbieten. Den Anfang sollen Polen und Italien machen. Hierfür erhält MagForce von der EIB ein Darlehen über 35 Millionen Euro, das durch die Haushaltsgarantie aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen besichert wird.

„Der Kredit der EIB ist sehr wichtig, damit wir europaweit expandieren können“, unterstreicht Lipps.

>@Transgene
© Transgene

Forscherinnen von Transgene bei der Arbeit

Ein wichtiges Signal

„Investoren sind in den letzten Jahren zu dem Schluss gelangt, dass Antikörper das ‚Heilmittel der Zukunft‘ sind. Wir wissen heute, dass sie wirken, aber sie sind nicht das einzige Mittel und wirken auch nicht bei jedem Patienten“, sagt Lucie Larguier vom französischen Unternehmen Transgene, das Immuntherapien gegen Krebs und Infektionskrankheiten entwickelt.

Bei Kopf- und Halstumoren, die bei Transgene im Mittelpunkt stehen, sprechen nur 15 Prozent der Patienten positiv auf Antikörper an. „Tumore haben auf ihrer Oberfläche Rezeptoren, die sie für T-Zellen unsichtbar machen. Daher ist es für den Körper nahezu unmöglich, Krebszellen aufzuspüren und abzutöten. Antikörper deaktivieren diese Rezeptoren und machen die Krebszellen wieder sichtbar. Nur leider sind diese Rezeptoren nicht immer vorhanden“, so Larguier.

Die Forscherinnen und Forscher von Transgene erziehen die T-Zellen dazu, Tumorzellen anhand von Spuren ihrer ursprünglichen DNA zu erkennen. „Kopf- und Halstumore können durch HPV-Viren entstehen. Wir bringen den T-Zellen bei, Zellen abzutöten, die HPV-Spuren aufweisen. Dadurch wird der Tumor wirksam bekämpft“, erklärt Larguier. Die von Transgene entwickelte Therapie lässt sich sehr gut mit anderen Medikamenten, auch mit Antikörpern, kombinieren.

Die EIB hat dem Unternehmen 10 Millionen Euro aus dem Programm InnovFin – Infektionskrankheiten bereitgestellt. Larguier freut sich: „Dieser Kredit ist ein positives Signal an andere Investoren.“