Ein portugiesischer Banker kündigte seinen Job und verdient sein Geld jetzt spielend.

Kinder finden es toll, wenn es kracht und stinkt, wenn etwas schleimig ist oder komisch aussieht.

Das dachte sich Miguel Pina Martins, als er vor zehn Jahren nach einer neuen Idee für seine berufliche Zukunft suchte. Er war 21 und fand, dass wissenschaftliche Lernspiele nicht das boten, was Kinder brauchten. Martins hatte etwas anderes im Kopf. Er gab seinen guten Job in der Finanzbranche auf und gründete ein Unternehmen.

„Ich war Händler bei einer Investmentbank, aber ich sagte mir: ‚Das willst du nicht für den Rest deines Lebens machen.‘ Also steckte ich alles, was ich an Geld hatte, in mein neues Projekt“, erzählt er.

Martins wohnte noch bei seinen Eltern und hatte genau 1 125 Euro gespart. Heute bietet sein Unternehmen in der Nähe von Lissabon Science4You Hunderte von Produkten an und beschäftigt mehr als 200 Mitarbeiter. 2008 erzielte es einen Umsatz von 54 000 Euro, in diesem Jahr wird es die 20-Millionen-Euro-Grenze knacken.


Miguel Pina Martins gründete 2008 mit 21 Jahren Science4You. Heute bietet sein Unternehmen Hunderte wissenschaftlicher Lernspiele an.

Miguel Pina Martins gründete 2008 mit 21 Jahren Science4You. Heute bietet sein Unternehmen Hunderte wissenschaftlicher Lernspiele an.

Eine neue Dimension von Wissenschaftsspielen

Was hat Martins anders gemacht? Er machte die Spiele lustiger, skurriler und baute Überraschungen ein. Er gab den Experimentiersets Namen wie Explosive Science, Rocket Factory oder Slimy Factory Slippery Slugs.

Sein Konzept dafür entstand aus einer Abschlussarbeit an der Universität Lissabon. Thema: einen neuen Markt für Wissenschaftsspiele finden.

 „Wir wollten etwas entwickeln, das Kindern Spaß macht: Seife oder Schleim herstellen, eine Rakete bauen, Bonbons machen, eine Explosion auslösen. Und dann wollten wir zeigen, wie man es auch noch machen kann“, so Martins.

Die Spiele sind unterhaltsam, albern sogar; aber die Kinder lernen auch etwas über die Natur und über Chemie und Physik. Außerdem regen die Spiele die Kreativität an und stärken die Sozialkompetenz. Sie wecken die Neugier der Kinder und ihr Bewusstsein für die Umgebung. Auf dem Little Scientist Blog erklärt Science4You den Kindern, warum sie gähnen, warum Moskitos stechen und was an Dreiecken so besonders ist.

Die Europäische Investitionsbank hat Science4You ein Wachstumsdarlehen von zehn Millionen Euro gewährt. Das Darlehen ist durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen abgesichert, der kleinere, innovative Unternehmen unterstützt, die den Geschäftsbanken zu riskant sind.

„Science4You ist ein Start-up, das aus einem Studienprojekt hervorgegangen ist. Seither wächst das Unternehmen Jahr für Jahr und macht Gewinn“, sagt Kreditreferent Francisco Alves da Silva von der EIB.


Szene aus einem Video für Slim Factory Slippery Slugs, eines der beliebtesten Experimentiersets von Science4You.

Szene aus einem Video für Slim Factory Slippery Slugs, eines der beliebtesten Experimentiersets von Science4You.

Science4You wird neben dem EIB-Darlehen zehn Millionen Euro an eigenen Mitteln in die Hand nehmen und in moderne Fertigungsanlagen, in den Onlinehandel und in die Entwicklung neuer Produkte investieren. Außerdem will das Unternehmen, das 40 Prozent seines Umsatzes in Portugal erzielt, in Europa und darüber hinaus expandieren. Gegenwärtig vertreibt Science4You seine Produkte in 30 Ländern auf der ganzen Welt.

Kognitive Fähigkeiten ausschöpfen

Die Spielsets von Science4You basieren auf dem STEM-Konzept. STEM steht für Science, Technology, Engineering und Mathematics. Ziel des Konzepts ist es, die kognitiven Fähigkeiten von Kindern zu fördern – logisches Denken, kritisches Hinterfragen und Problemlösung. Große Händler wie Amazon haben eine eigene Rubrik für diese Spiele. Wissenschaftliche Lernspiele liegen im Trend, und Science4You reitet auf dieser Welle, so Martins.

Neben Parfüm, Seife und Schleim hat Science4You Experimentiersets zu den Themen Schönheitspflege, Medizin, Dinosaurier, Chemie, Raketen, Explosionen, Kristalle und Kochen im Sortiment. Alle Sets basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und enthalten ein farbenfrohes, ausführliches Begleitheft mit Erklärungen zu den Experimenten.

 „Vor 20 Jahren haben die Kinder auch schon Parfüm hergestellt, aber jetzt lernen sie dabei auch etwas“, erläutert Martins. „Bei unserem Parfüm können sie einen beliebigen Duft kreieren. Wir erklären ihnen, wie sie Rosenduft herstellen. Soll es der Duft einer anderen Blume sein, geht auch das. Zum Schleim erklären wir, warum er klebrig ist und wie er eine bestimmte Farbe erhält.“

Auch die Werbung des Unternehmens ist unterhaltsam. In den Videos für Perfume Factory, Lipstick Factory oder Explosive Science gießt ein Wissenschaftler eine Flüssigkeit in eine andere, bis das ganze Labor in die Luft fliegt.

„Ich glaube, wir haben die richtige Mischung aus Lernen und Spaß gefunden – die Eltern kaufen etwas pädagogisch Sinnvolles, und die Kinder spielen gern damit“, meint Martins. „Es ist oft schwer, da die richtige Balance zu finden.“