Stadtentwicklung in Rumänien: Oradea mausert sich zum touristischen Hotspot
Der Nullmeridian ist eine geografische Linie, die die Erde in die östliche und die westliche Hemisphäre teilt und heute durch den Londoner Bezirk Greenwich verläuft. Aber das war nicht immer so: Vom 15. bis 17. Jahrhundert – also gut 200 Jahre lang – verwendeten Kartografen das rumänische Städtchen Oradea als Nullmeridian. Oradea galt in ihrer tausendjährigen Geschichte stets als Brücke zwischen Ost und West und wurde durch beide Kulturkreise geprägt. Im 20. Jahrhundert büßte die Stadt allerdings viel von ihrer früheren Bedeutung ein. Nun will sie wieder in neuem Glanz erstrahlen. Und die Europäische Investitionsbank soll ihr dabei helfen.
„Als sich Rumänien auf den EU-Vortritt vorbereitete, hat unsere Stadtverwaltung EU-Mittel beantragt“, sagt Nadia Has, die stellvertretende Stadtkämmerin. „In den letzten zehn Jahren haben wir von der EU mehr als 150 Millionen Euro erhalten.“
Oradea soll vor allem besser vernetzt, wettbewerbsfähiger und intelligenter werden. „Wir brauchen ein leistungsfähiges Bildungssystem, einen gut funktionierenden Dienstleistungssektor und Qualitätstourismus“, betont Has. Seit 2008 hilft die EIB der Stadt dabei, diese Ziele umzusetzen.
Stadtentwicklung für Einwohner und Wirtschaft
Die Bank hat Oradea seit 2015 insgesamt 57,6 Millionen Euro für die Verkehrsinfrastruktur und Stadtentwicklungsprojekte zur Verfügung gestellt. Mit dem Geld werden Straßen und Einrichtungen saniert, damit die Stadt für Einheimische und Touristen attraktiver wird. Eine moderne Infrastruktur bietet den Bewohnern und Unternehmen der Stadt und der Umgebung erhebliche sozioökonomische Vorteile.
Oradea zieht wieder mehr Besucher an. Ihre Zahl nimmt seit 2015 jährlich um durchschnittlich 17 Prozent zu. „Mit finanzieller Hilfe der Bank haben wir wichtige Straßen gebaut, einen städtischen Garten angelegt und einen Aquapark errichtet. Das lockt mehr Touristen an“, so Has weiter. 2017 zählte die Stadt über 225 000 Besucher. „Die meisten kommen aus Rumänien. Aber auch Deutsche, Italiener und Österreicher entdecken Oradea wieder für sich“, berichtet Mihai Jurcă, der bei der Stadt für Marketing zuständig ist.
Der Aquapark ist ein Riesenerfolg. Gleich im ersten Jahr zog er mehr als 300 000 Besucher an.
Die Stadt hat mit EU-Mitteln ihr historisches Zentrum saniert und dadurch zu früherem Glanz zurückgefunden. „Das schätzen die Menschen hier am meisten. Die Stadt hat sich eine Frischzellenkur gegönnt und ihr Image in ganz Rumänien aufpoliert. Heute schaut jeder auf Oradea. Andere rumänische Städte sehen in uns ein großes Vorbild“, freut sich Jurcă.
Auch für die jüngere Generation attraktiv
Die EIB und Oradea unterzeichneten den ersten Finanzierungsvertrag im Jahr 2008. Damals vergab die EIB ihr erstes Direktdarlehen an eine rumänische Kommune. Die Bank finanzierte die Anschaffung von zehn Straßenbahnen. Das hat weitere Investitionen angestoßen und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt gefördert.
„Oradea hat sich enorm verändert“, schwärmt Jurcă. „Die jungen Leute kommen zurück oder gehen gar nicht erst weg. Unsere harte Arbeit hat sich gelohnt. Wir sind eine florierende, dynamische Stadt geworden.“ Nun will Oradea in die Bildung investieren. „Unsere Stadt soll noch attraktiver werden. Gemeinsam mit der städtischen Universität wollen wir Oradea zu einem der renommiertesten Bildungsstandorte in Rumänien entwickeln.“