Satelliten gehören zum Alltag. Drei neue Flugkörper einer luxemburgischen Firma sollen jetzt das Breitband- und Streaming-Angebot in Europa, Afrika und dem Nahen Osten verbessern
Das kleine Luxemburg zwischen Belgien, Frankreich und Deutschland ist bekannt für mittelalterliche Burgen, malerische Landschaften und grüne Täler. Außerdem hat die Europäische Investitionsbank dort ihren Sitz. Luxemburg ist aber auch Vorreiter der aufstrebenden Raumfahrtindustrie und beherbergt mehr als 50 Unternehmen und Forschungslabors der Branche.
Im Osten Luxemburgs hat sich der weltweit führende Satellitenbetreiber SES niedergelassen. Firmensitz ist das Schloss Betzdorf, einst Residenz der großherzoglichen Familie. Mit mehr als 70 Satelliten sorgt das Unternehmen fast überall auf der Welt für eine hochwertige Video- und Datenübertragung.
„Unser Unternehmen war der erste kommerzielle Satellitenbetreiber in Europa. Als wir 1985 an den Start gingen, gab es keinen vergleichbaren Anbieter“, erzählt Senne Van Nieuwenborgh, Global Head of Treasury, Insurance and Risk Management bei SES. „Heute übertragen wir Daten für mehr als eine Milliarde Menschen und rund 8 000 Fernsehsender.“
Für drei neue Satelliten erhielt SES vergangenen Januar 300 Millionen Euro von der Europäischen Investitionsbank. Die neuen Satelliten ermöglichen qualitativ hochwertige TV- und Breitbanddienste in Westeuropa, Afrika und dem Nahen Osten.
Bessere Breitbandkonnektivität
Satelliten sind Zehntausende Kilometer von uns entfernt und spielen doch im Alltag eine zentrale Rolle. Wir brauchen sie immer und überall – für den Kontakt zu Familie und Freunden, zum Fernsehen, für internationale Nachrichten oder das Home-Office. Auch die Navigation im Auto, das kontaktlose Bezahlen am Kaffeeautomaten oder die Erkennung drohender Naturkatastrophen funktioniert über Satellit.
Satelliten bieten schnelle, zuverlässige Internet- und Breitbandverbindungen für Mensch und Wirtschaft. Unternehmen können dadurch ihre Waren und Dienstleistungen weltweit exportieren. Gleichzeitig ebnet eine verstärkte Satellitenanbindung den Weg zu Bildungsangeboten und öffentlichen Diensten. Das hilft, die digitale Kluft zu überbrücken, und fördert die soziale Entwicklung.
Von den drei neuen SES-Satelliten sollen Astra 1P und Astra 1Q auf der Orbitalposition 19,2 Grad Ost rund 176 Millionen Haushalte in Europa mit Breitband- und Videodiensten versorgen. „Das sind 60 Prozent aller europäischen Haushalte mit Fernseher“, sagt Van Nieuwenborgh.
Der dritte Satellit – SES-26 auf der Orbitalposition 57 Grad Ost – bedient den Nahen Osten und Afrika. Mit nur 33 Prozent Internetabdeckung ist Afrika der am wenigsten vernetzte Kontinent. Auch im Nahen Osten mangelt es in vielen Ländern noch an Breitbandinfrastruktur.
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Hilfe für Raumfahrtpioniere und ein autonomes Europa
Flugkörper ins All zu schießen, ist eine teure Angelegenheit. Der Bau und Start eines Satelliten kann Jahre dauern und Hunderte Millionen verschlingen.
„Man muss viele Hürden überwinden, bis ein Satellit endlich im All ist“, erklärt Van Nieuwenborgh. „Zuerst muss man ihn bauen und eine Trägerrakete kaufen. Anschließend wird er in den Orbit gebracht, von wo aus er dann die nächsten Jahre sendet.“
Die Europäische Investitionsbank greift SES bei Planung, Beschaffung und Start der drei neuen Kommunikationssatelliten finanziell unter die Arme. Gebaut werden sie von Thales Alenia Space, ebenfalls ein führender europäischer Anbieter von Raumfahrttechnologie. Zwei der drei volldigitalen Satelliten sind softwaredefiniert und lassen sich im Orbit an die Anforderungen der Kunden von SES anpassen.
Das Projekt macht Luxemburg wettbewerbsfähiger und stärkt Europas Führungsrolle in der strategisch wichtigen Raumfahrttechnologie. „Die jüngste Geschichte und anhaltende Konflikte haben es gezeigt: Die EU braucht ein eigenes Satellitennetz“, sagt Van Nieuwenborgh. „Und da gehört das kleine Luxemburg auf der Weltbühne ganz klar zu den Großen.“
Die neuen SES-Satelliten tragen zu den Zielen des EU-Weltraumprogramms 2021–2027 bei. Dieses Programm soll die europäische Raumfahrtindustrie voranbringen, Europa in strategisch wichtigen Bereichen autonomer machen und die EU noch stärker als globalen Akteur positionieren.
„Europas Unternehmen müssen investieren, um sich einen guten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen“, sagt Piermario Di Pietro, der als Kreditreferent der Europäischen Investitionsbank an der Finanzierung mitwirkte. „Mit unserem Kredit an SES unterstützen wir die Entwicklung, den Start und den Betrieb europäischer Satelliten der nächsten Generation.“
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Satelliten auf mehreren Umlaufbahnen
SES arbeitet als einziges Unternehmen weltweit mit Satelliten in mehreren Umlaufbahnen. Mit Satelliten im geostationären Orbit (GEO) und in der mittleren Erdumlaufbahn (MEO) bietet das Unternehmen ein überzeugendes Gesamtpaket.
„GEO-Satelliten haben eine weite Erdabdeckung, sind sehr zuverlässig und eignen sich für Anwender, die keinen extrem hohen Datendurchsatz benötigen und nicht latenzempfindlich sind“, erläutert Christian Kohr, Lead Engineer für digitale Infrastruktur bei der Europäischen Investitionsbank. „MEO-Satelliten spielen noch eine Liga höher. Sie eignen sich für Anwendungen, bei denen es auf Geschwindigkeit und Durchsatz ankommt, und übertragen pro Verbindung bis zu zehnmal mehr Daten als GEO-Satelliten.“
Über die SES-Satelliten in mehreren Umlaufbahnen erreichen Mobilfunknetzbetreiber und Unternehmen auch Regionen und Märkte, die über terrestrische Netze nicht oder nur unzureichend versorgt werden.
„Connecting the Unconnected – darin sehen wir unsere Aufgabe“, so Van Nieuwenborgh von SES. „Über das luxemburgische Projekt emergency.lu haben wir nach dem Erdbeben in der Türkei die Satellitenverbindung für Ersthelfer und Ärzte sichergestellt.“