Laut Salaheddine Mezouar, der die UN-Klimakonferenz (COP 22) leitet, werden im November in Marokko „die Länder zu Wort kommen, die durch den Klimawandel am stärksten gefährdet sind, vor allem afrikanische Länder und Inselstaaten“.
Bei dieser Gelegenheit melden auch wir uns zu Wort und beschreiben, wie die Europäische Investitionsbank einigen der am stärksten gefährdeten Inseln hilft, sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen und sie zu mindern.
Zunächst stellt sich die Frage: Warum sollte man auf kleinen Inseln überhaupt in die Klimaanpassung investieren? Grund sind nicht allein die steigenden Meeresspiegel. Es geht auch um die wirtschaftliche Entwicklung. Katrin Bock, Business Analystin des Regionalbüros der EIB für den Pazifischen Ozean, erklärt, dass die meisten Inseln ihren Strom mit Diesel erzeugen, der mit Schiffen angeliefert wird. „Inselentwicklungsländer haben oft nur wenige Einwohner, die noch dazu weit verstreut leben. Weil sie so klein sind, haben solche Länder wenig Verhandlungsmacht gegenüber den Öllieferanten. Hinzu kommt, dass die Infrastruktur für den Öltransport insgesamt ineffizient ist.“
Inselprojekte sind meist klein und werden daher von internationalen Investoren schnell übersehen. Deshalb möchte die EIB die Wirkung von Klimaschutzprojekten gerade auf solchen Inseln so stark wie möglich fördern.
Die Aufgabe ist klar: Die Bank will denjenigen Gemeinschaften helfen, die den vollen Preis des Klimawandels zahlen, obwohl sie selbst nicht Verursacher des Problems sind
EIN FLUGHAFEN AUF DEN COOKINSELN (Rarotonga, Größe der Insel: 67,39 km2)
Die Cookinseln bestehen aus 15 Inseln. Fast 90 Prozent ihrer Gesamtfläche liegen weniger als fünf Meter über dem derzeitigen Meeresspiegel. Wenn Wissenschaftler von einem Anstieg des Meeresspiegels um ein bis zwei Meter ausgehen, kann man sich vorstellen, was das für die Bewohner dieses Inselstaates bedeutet. Der Klimawandel kann für sie jedoch schon fatale Folgen haben, bevor eine Insel im Meer versinkt. Die immer häufiger auftretenden Wetterkapriolen zerstören Gebäude, kosten Menschenleben und legen wichtige Versorgungsinfrastruktur lahm.
Die EIB stellt technische Hilfe bereit, um auf den Cookinseln Optionen für die Verlegung einiger Infrastrukturanlagen zu analysieren, damit starke Stürme ihnen nicht mehr so viel anhaben können.
Gefährdet ist unter anderem das Treibstofflager des Hauptflughafens, das sich genau zwischen Landebahn und Meer befindet. Bei Sturmfluten könnte der Treibstoff auf die Piste fließen und den Flugverkehr komplett lahmlegen. Das hätte dramatische Folgen für die Wirtschaft des Landes, das hauptsächlich vom Tourismus lebt. Vor allem aber ist der Flughafen die einzige Möglichkeit, um bei Naturkatastrophen rasch Hilfslieferungen auf die Insel zu bringen.
BEKÄMPFUNG VON DÜRREN AUF DEN SEYCHELLEN (Mahé: 157,3 km2, und andere)
Der Klimawandel bedroht nicht nur kleine Pazifikinseln. Auf den Seychellen macht sich der Klimawandel unter anderem durch zunehmende Dürren bemerkbar. Früher dauerte die jährliche Regenzeit auf den Seychellen drei Monate. Dann gab es so viel Wasser, dass alle Touristen in den Ferienanlagen jederzeit ausgiebig duschen konnten. Aber jetzt werden die Dürreperioden immer länger.
Die EIB vergab ein Darlehen von 26 Millionen Euro für die Modernisierung und den Ausbau der Wasserversorgung auf drei der größten Inseln. Ziel war, die Versorgung effizienter und widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel zu machen. Dazu werden weitere Wasserzuläufe in das System integriert, die auch in Dürreperioden noch Wasser führen. Durch diese Maßnahmen geht weniger von dem kostbaren Nass verloren und in schweren Dürreperioden sind Reserven verfügbar.
MINI-SOLARSTROMNETZE AUF DEN MALEDIVEN (Größe des Landes: 298 km2)
Ohne staatliche Zuschüsse müssten Verbraucher auf den Malediven für Strom 20- bis 25-mal mehr bezahlen als in Europa, denn der Transport von Öl zu den entfernten Inseln ist teuer. Für Ölimporte wendet der Inselstaat knapp 35 Prozent seines BIP auf. Damit sind die Malediven eines der am stärksten von Ölimporten abhängigen Länder der Welt.
Die EIB beteiligt sich an der Finanzierung eines 175-Millionen-Euro-Programms für Fotovoltaikanlagen, Energiespeichersysteme, effizientere Dieselgeneratoren und moderne Stromverteilungsnetze auf 160 Inseln der Malediven. Alle Inseln liegen weniger als 5 Meter über dem Meeresspiegel. Um gegen die Auswirkungen des Klimawandels gewappnet zu sein, werden die Solaranlagen auf 3 bis 4 Meter hohe Unterbauten montiert. So sind sie vor dem steigenden Meeresspiegel geschützt und halten orkanartigen Stürmen stand.
DER STAUDAMM VON ST. LUCIA (617 km2)
Die meisten Einwohner der Insel St. Lucia werden mit dem Wasser aus dem Becken des John-Compton-Staudamms am Fluss Roseau versorgt. Allerdings verursachten Wirbelsturm Tomas (2010) und ein weiterer schwerer Sturm im Dezember 2013 Erdrutsche, die die Kapazität des Staubeckens um fast ein Drittel verringerten. Gleichzeitig führten sie zu einer Verschlickung des Wassers. Deshalb muss nun in der heißen Jahreszeit das Wasser rationiert werden. Darunter leidet der Tourismus – die Haupteinnahmequelle der Ostkaribikinsel.
Die EIB hat gemeinsam mit der Karibischen Entwicklungsbank ein Programm eingerichtet, um Infrastrukturen wie diesen Staudamm an den Klimawandel anzupassen.
NACHHALTIGE FORSTWIRTSCHAFT AUF DEN SALOMONEN (Kolombangara, 750 km2)
Auf den Salomonen hat die EIB das erste nachhaltige Forstprojekt im Pazifik unterstützt, das vom Forest Stewardship Council zertifiziert ist. Nachdem auf den Inseln große Teile des Regenwaldes illegal abgeholzt wurden, vergab die EIB ein Darlehen an Kolombangara Forest Products. Damit konnte das Unternehmen eine Fläche von knapp 3 750 Hektar mit tropischen Hartholzgewächsen minderer Qualität wiederaufforsten und seine veraltete Ausrüstung erneuern. Das Vorhaben hat gezeigt, dass sich nachhaltige Forstwirtschaft in der Region wirtschaftlich rechnet.
Aber die EIB unterstützt die Salomonen noch in anderen Bereichen. Als Beitrag zum Klimaschutz finanziert sie die Machbarkeitsstudie für eine grundlegende Umstellung der Stromversorgung auf der Insel. Geplant ist ein Wasserkraftwerk am Fluss Tina, das in der Regenzeit ausreichend Strom liefern kann, um die gesamte Hauptinsel zu versorgen. Bisher wird der Strom dort mit Dieselmotoren erzeugt.
UMKLAPPBARE WINDRÄDER IN VANUATU (Efate, 899,5 km2)
Vergangenes Jahr fegte der Wirbelsturm Pam mit 320 km/h über den Inselstaat Vanuatu im Südpazifik hinweg. Dabei zerstörte er wichtige Infrastruktur und legte damit die Wasserversorgung und das Telekommunikationsnetz lahm. Tausende Gebäude wurden zerstört, 3 300 Menschen mussten umziehen und 16 kamen ums Leben. Der Wiederaufbau kostet Unsummen.
Aber eine wichtige Anlage überstand den Wirbelsturm unbeschadet: der geniale Windpark bei Devil’s Point, den die EIB mitfinanziert hat. Als Pam heranzog, klappt der französische Betreiber Engie die Windräder auf die Erde. Die unversehrten Windräder konnten anschließend wieder aufgerichtet werden und sofort Strom erzeugen.
RETTUNG DES KORALLENRIFFS VON CABO VERDE DURCH WENIGER TREIBHAUSGASE (Santiago, 991 km2)
Neben der Anpassung an den Klimawandel bemühen sich die Bewohner kleiner Inseln auch um aktiven Klimaschutz.
Am wirksamsten lässt sich das natürlich durch die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien erreichen. Beispiel Windstrom: Cabo Verde liegt 500 Kilometer vor der Westküste Afrikas. Der Archipel besteht aus zehn vulkanischen Inseln. Im Rahmen eines der größten Windkraftprojekte Afrikas wurden auf vier dieser Inseln Windparks errichtet. Dafür stellten die EIB und die Afrikanische Entwicklungsbank 45 Millionen Euro bereit. 2011 und 20122 wurden insgesamt 30 Windräder installiert. Nach Angaben des Windparkbetreibers Cabeólica decken sie bei „perfekten“ Windverhältnissen bis zu 41 Prozent des täglichen Energiebedarfs auf der Insel Santiago, auf der sich die Hauptstadt des Inselstaates befindet. Unter „perfekten“ Windverhältnissen verstehen Windparkbetreiber eine ziemlich steife Brise.
Die Windparks tragen dazu bei, die Treibhausgasemissionen in diesem Biodiversitäts-Hotspot zu verringern. Das Korallenriff von Cabo Verde gehört zu den zehn größten Korallenriffen der Welt. Diese öffentlich-private Partnerschaft wurde bei den Africa Energy Awards 2011 in Johannesburg als „Best Renewable Project in Africa“ ausgezeichnet.
INNOVATIVE KLIMATISIERUNG EINES KRANKENHAUSES IN FRANZÖSISCH-POLYNESIEN (Tahiti, 1 045 km2)
Das Centre Hospitalier de Polynésie mit seinen 430 Betten verbraucht 4 Prozent des gesamten Stroms in Französisch-Polynesien, wo 40 Prozent der Energie in Klimaanlagen fließen. Wie die meisten anderen Inselstaaten wird der Strom bisher mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Diese müssen mit Schiffen angeliefert werden, was viel kostet und mit erheblichen Umweltrisiken verbunden ist. Bei der Stromerzeugung kommen dann noch die enormen CO2-Emissionen hinzu, die für eben diese Inseln zur Bedrohung werden.
Nun will das Krankenhaus mit einem EIB-Darlehen von 7,5 Millionen Euro eine innovative Lösung umsetzen. Die Klimaanlage des Krankenhauses soll künftig mit 5-8 Grad Celsius kaltem Meerwasser gespeist werden, das aus 900 Metern Tiefe hochgepumpt wird. Durch die Anlage, die insgesamt 25 Millionen Euro kostet, dürften sich die Stromkosten des Krankenhauses halbieren. Das entspricht Einsparungen von jährlich mehr als 3 Millionen Euro.
Die EIB unterstützt in Französisch-Polynesien noch andere Projekte. Sie ermöglicht die Vergabe von Krediten für kleine und mittlere Projekte, die nachweislich zum Umweltschutz beitragen. Ein Beispiel dafür ist die erste Fotovoltaik-Freiflächenanlage in Tahiti. Der auf einer Fläche von 7 000 m2 erzeugte Strom spart jährlich 350 Tonnen Öl.
SCHNELLSTRASSE IN RÉUNION – GEGEN WETTERKAPRIOLEN GEWAPPNET (2 511 km2)
Eine neue sechsspurige Schnellstraße, die an der Küste einer Insel gebaut wird, mag auf den ersten Blick nicht wie ein Beitrag zum Klimaschutz aussehen. Aber genau das wird ein EIB-Darlehen von 500 Millionen Euro in Réunion bewirken. Das Bauvorhaben dient in erster Linie dem Schutz vor den Meeresfluten.
Die neue Straße wird für Einheimische und Touristen ganzjährig befahrbar sein und soll die alte Straße ersetzen, auf der herabfallende Felsbrocken und Überflutungen den Verkehr immer wieder lahmlegen. Bei dem Projekt wird besonders auf Umweltaspekte geachtet. Unter anderem werden künstliche Riffe und ökologische Korridore angelegt, um die terrestrischen Ökosysteme zu erhalten. Eine neue Wasseraufbereitungsanlage soll die marinen Ökosysteme schützen.
Zudem sind zwei Fahrspuren der Schnellstraße für öffentliche Verkehrsmittel vorgesehen. Weniger Staus bedeuten letztlich auch weniger Kraftstoffverbrauch.
KLIMARESILIENTE WASSER- UND ABWASSERANLAGEN FÜR DIE FIDSCHI-INSELN (Viti Levu, 10 388 km2)
Angesichts der raschen Urbanisierung und immer häufiger auftretender Wetterkapriolen hat die Regierung der Republik Fidschi die Verbesserung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur zur Priorität erklärt. Die EIB schließt gerade die Prüfung eines Darlehens von 75 Millionen US-Dollar für ein Programm ab, das auch von der Asiatischen Entwicklungsbank und dem Grünen Klimafonds mitfinanziert wird. Geplant sind Vorhaben für den Ausbau und die Modernisierung von Wasser- und Abwasseranlagen im Großraum Suva.
Unter anderem sollen die Abwasserhauptleitungen auf einer Länge von 13 Kilometern neu ausgekleidet und auf einer Länge von 18 Kilometern modernisiert werden. Dadurch erhöht sich die Kapazität der Leitungen, sodass 15 Prozent mehr Haushalte an die Kanalisation angeschlossen werden können, die ihr Abwasser bisher noch in Klärgruben leiten.
WIRBELSTURMSICHERER WINDPARK IN NEUKALEDONIEN (16 372 km2)
Die Bewohner von Neukaledonien erinnern sich noch gut an Jasmine, den Wirbelsturm der Kategorie 4 (die höchste Kategorie auf der Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala ist 5), der 2012 mit Windspitzen von 280 km/h über die Insel fegte. Vor einigen Jahren wurde mit Mitteln aus einem EIB-Darlehen an einheimische Banken ein Windpark mit kippbaren Masten errichtet. Diese Windräder überstanden den Wirbelsturm unbeschadet und erzeugen nach wie vor 9,4 GWh Strom pro Jahr. Dadurch spart der Inselstaat jährlich mehr als 2 000 Tonnen Öl, die nicht zur Stromerzeugung verbrannt werden müssen.
Die EIB beteiligte sich außerdem an der Finanzierung von 10 000 Solarmodulen, die 40 Kilometer von der Hauptstadt Nouméa installiert wurden. Die Fotovoltaik-Freiflächenanlage kann 1 000 Haushalte in der Region Helios Bay mit Strom versorgen.
BALD OHNE GELÄNDEWAGEN DURCH TIMOR-LESTE (Timor, 30 777 km2)
Timor ist keine kleine Insel, und in Timor-Leste, das auch als Osttimor bezeichnet wird, leben rund 1,1 Millionen Menschen. Trotzdem ist der Inselstaat genauso vom Klimawandel bedroht und muss sich entsprechend gegen seine Auswirkungen wappnen.
Als EIB-Beraterin Jette Ravn kürzlich auf die Insel kam, um ein Projekt zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit vorzubereiten, war sie völlig perplex, als sie hörte, dass die nicht einmal 50 Kilometer lange Fahrt vom Norden in den Süden der Insel bis zu vier Stunden dauert. „Sie sagten mir, ich müsste einen Geländewagen nehmen, sonst würde ich bei Regen steckenbleiben“, erinnert sie sich.
Und in der Regenzeit regnet es wirklich viel.
Die Straße bildet den Mittelpunkt des Alltags. Einheimische verkaufen an Ständen entlang der Straße Obst. Die Kinder fahren auf ihr zur Schule. Um die Straßen vor Ort besser, sicherer und klimaresilienter zu machen, genehmigten die EIB und die Asiatische Entwicklungsbank ein Darlehen über 164 Millionen Euro für die Instandsetzung und Modernisierung.