Multilateralismus bringt Menschen zusammen – das leuchtet jedem ein, der sich jenseits der Twitter-Lawinen gefälschter Nachrichten mit den Fakten auseinandersetzt.
Das Wort „Multilateralismus“ beansprucht in einem Tweet recht viele Zeichen. Schon aus diesem Grund dürfte es bei einigen Politikern eher unbeliebt sein. Doch es steckt noch mehr darin: Es beschreibt eine positive Weltanschauung, die mit der nach innen gerichteten populistischen Denkweise im Widerspruch steht. Gerade ein Wort wie dieses sollte in den Mittelpunkt der heutigen turbulenten Diskussionen rücken.
Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Es lässt sich nicht leugnen, dass Europa derzeit mit zahlreichen Problemen konfrontiert wird. Doch sind die europäischen Länder nach wie vor davon überzeugt, dass Europa als Ganzes auf andere Kontinente und Völker zugehen muss.
Diese internationale Zusammenarbeit findet auf diplomatischer und finanzieller Ebene statt. Die Diplomatie fällt in die Zuständigkeit der Vereinten Nationen, während die finanzielle Seite zum Teil durch die multilateralen Entwicklungsbanken abgedeckt wird. Twittern Sie daher Folgendes: Der Multilateralismus, das Bollwerk unserer Weltordnung, fördert Frieden und nachhaltige Entwicklung. Er bildet das Fundament für die Zukunft unserer Kinder.
Ein Fundament, das nicht untergraben werden darf
Dennoch wird die Bedeutung des Multilateralismus in letzter Zeit enorm in Frage gestellt. Weniger Multilateralismus schwächt unsere Gesellschaft und führt zu mehr Instabilität. Die Zeit drängt: Europa muss sein Engagement für Integration, Offenheit und weltweite Zusammenarbeit neu bekräftigen.
Die Europäische Investitionsbank leistet einen enormen Nutzen, der unsere europäischen Mitbürger letztlich davon überzeugen wird, dass sie von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union nur profitieren können. Diese auf Annäherung ausgerichtete Arbeit leisten auch die anderen multilateralen Einrichtungen in ihren jeweiligen Regionen. Der Multilateralismus bringt Menschen zusammen – das leuchtet jedem ein, der sich jenseits der Twitter-Lawinen gefälschter Nachrichten mit den Fakten auseinandersetzt.
Und dies steht in absolutem Widerspruch zur populistischen Rhetorik, mit der eine Institution oder ein Volk zum Sündenbock degradiert wird. Die EU wird für eine Reihe von Problemen verantwortlich gemacht, die sie oftmals gar nicht verursacht. Dieses „Sündenbock-Denken“ lag auch dem Brexit-Votum zugrunde und setzt sich nun in diversen Wahlkämpfen in ganz Europa fort.
Es reicht jedoch nicht aus, über die Schlechtigkeit so vieler Politiker zu lamentieren. Diejenigen unter uns, die die wahren Probleme unserer Welt erkennen, müssen sie mit neuer Entschlossenheit bekämpfen. Wichtig ist dabei auch, dass wir besser informieren. Die EU leistet beispielsweise eine erstaunliche Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger Europas. Doch der Nutzen dieser Arbeit bleibt oftmals unerkannt. Daher müssen wir generell schneller und besser über die Wirkung unserer Tätigkeit berichten.
Unsere Story: Klimafinanzierungen
In keinem Bereich ist das wichtiger als beim Kampf gegen den Klimawandel. Die Richtung der US-Politik verdeutlicht, dass die internationalen Institutionen heute mehr denn je an ihrem Engagement für den Klimaschutz festhalten müssen. Die EIB ist der weltweit größte Geldgeber für Klimaschutzmaßnahmen. In den kommenden fünf Jahren werden wir 100 Milliarden US-Dollar für Klimafinanzierungen bereitstellen. Damit bleibt die EIB der größte multilaterale Geldgeber für Klimaprojekte.
Gemeinsam mit den anderen multilateralen Entwicklungsbanken haben wir uns vorgenommen, privates Kapital zur Bekämpfung der globalen Erwärmung zu mobilisieren. Unsere Finanzierungen sollen privaten Investoren vor allem eine Art Puffer bieten, damit der Klimaschutz für sie rentabler wird und insgesamt mehr Geld in diesen wichtigen Bereich fließt.
Nur allzu oft sehen Skeptiker im Klimaschutz eine Nebensache, die Teil eines Komplotts zum Abbau von Arbeitsplätzen ist. Seit der Finanzkrise bildet der Klimaschutz jedoch ein Gegengewicht zu den rückläufigen Infrastrukturinvestitionen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Darlehen über 350 Millionen Euro, das wir Anfang April für die erste Stromverbundleitung zwischen Deutschland und Norwegen vergeben haben. Das 624 Kilometer lange Kabel durch die Nordsee wird eine Leistung von 1 400 Megawatt bringen. Ein Infrastrukturvorhaben von dieser Dimension kann sicherlich jeder gutheißen.
Bemerkenswert dabei ist, dass diese Verbundleitung norwegischen Strom aus Wasserkraft und deutschen Strom aus Windkraft transportiert und die EIB mit ihrem Darlehen die Finanzierung des 800 Millionen Euro teuren Projekts ermöglicht hat. Mit anderen Worten: Der Klimaschutz tut unserem Planeten und der Wirtschaft gut.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die meisten Länder eine Abkehr vom Multilateralismus in diesem wie in anderen Bereichen ablehnen werden – weil sie durchschauen, dass sie sich damit nur selbst schaden würden.