Beskyd-Tunnel erste EIB-Finanzierung aus den für die Ukraine zugesagten drei Milliarden Euro
Der 130 Jahre alte Beskyd-Tunnel ist undicht. Wasser läuft durch das Dach und gefriert in den kalten, karpatischen Wintern. Es entstehen riesige Eiszapfen, die manchmal den Zugverkehr aus der Ukraine in die Slowakei und nach Ungarn blockieren. Aber die Handelsbeziehungen zwischen der Ukraine und Europa sind alles andere als eisig. Daher wird in dieser schönen, abgelegenen Gegend 100 Kilometer von Lwiw ein neuer Tunnel neben dem baufälligen alten in Betrieb genommen – und es wird kein Eis geben, das die Züge aufhalten wird.
Der Durchbruch des 1,8 Kilometer langen Tunnels erfolgte zu Beginn des Jahres. Anfang 2018 sollen die Tunnelwände verblendet und die Gleise verlegt sein. Dann rollen voraussichtlich 60 Prozent des Transitgüterverkehrs von der Ukraine nach Mitteleuropa durch den neuen Tunnel. „Dieser Verkehrskorridor ist von hoher Bedeutung für die ukrainische Wirtschaft“, sagte Mykola Didukh, Bauleiter des Eisenbahntunnels für Ukrainian Railways, der staatlichen Eisenbahngesellschaft. „Er bringt uns auf jede Weise näher zu Europa.“
Der Eisenbahntunnel ist ein Symbol für die erstarkenden Verbindungen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union. Beide unterzeichneten im März 2014 ein Assoziierungsabkommen. Da sich die EU stärker in der Ukraine engagiert, wird auch die Europäische Investitionsbank mehr Finanzierungen bereitstellen. Seit 2014 hat sie an das osteuropäische Land 2,2 Milliarden Euro vergeben. „Wir eignen uns auch europäisches Know-how an“, fügte Didukh hinzu, „indem wir mit europäischen Experten arbeiten.“
Der neue Beskyd-Tunnel wurde vor mehr als einem Jahrzehnt in Angriff genommen. Er soll den derzeitigen Eisenbahntunnel ersetzen. Dieser wurde 1886 erbaut, als die Region noch Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie war. Neben den Eiszapfen ist der Verkehr durch den Eisenbahntunnel auch dadurch beeinträchtigt, dass der Tunnel nur eingleisig ist. Daher müssen Frachtzüge an einem Ende warten, bis die entgegenkommenden Züge den Tunnel passiert haben.
Nach vielen Jahren ist es endlich soweit
Es dauerte Jahre, bis die Finanzierung und andere Details für den neuen Tunnel arrangiert waren. Im Mai 2014 unterzeichnete die EIB ein Darlehen von 55 Millionen Euro für das Projekt, während in anderen Regionen der Ukraine noch gekämpft wurde. Auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung steuerte 40 Millionen US-Dollar bei.
„Durch das Assoziierungsabkommen wurde dieser Tunnel noch wichtiger für die Ukraine und die EU, er fördert schließlich den Handel und die Mobilität“, sagte Lionel Rapaille, Leiter der EIB-Abteilung für Operationen mit dem öffentlichen Sektor in der Ukraine, in Osteuropa und im Kaukasus. „Beskyd war das erste Projekt, an dem wir uns im Rahmen unseres erhöhten Engagements in der Ukraine beteiligt haben.“
Bis Ende 2016 dürfte die EIB seit der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens in der Ukraine Darlehen in Höhe von drei Milliarden Euro vergeben haben. Die EIB erhöhte in Kiew auch die Anzahl ihrer Mitarbeiter, um an neuen Projekten zu arbeiten. Beispiele dafür sind Aufbauarbeiten nach den jüngsten Konflikten und die Schaffung von Infrastruktur für 1,7 Millionen vertriebene Menschen in der Ukraine. Andere Projekte der EIB dienen dazu, die städtische Infrastruktur zu modernisieren sowie kleine und mittlere Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe zu unterstützen und zur Energieversorgungssicherheit beizutragen.
Der Eisenbahntunnel steht in Einklang mit weiteren Zielen der EU-Politik, die über die engere Verbindung mit der Ukraine hinausgehen. Ein großer Teil der Fracht, die nun durch den neuen Tunnel transportiert werden wird, hätte sonst auf der Straße durch Ungarn und die Slowakei sowie weiter durch Österreich befördert werden müssen.
„Das volkswirtschaftliche Argument dafür ist die Verlagerung des Containerverkehrs auf die Eisenbahn“, sagte Piers Vickers, stellvertretender volkswirtschaftlicher Berater der EIB für Eisenbahnstrecken von strategischer Bedeutung. „Der Tunnel wird einen Trend von der Straße auf die Eisenbahn einläuten. Das ist sowohl für die Wirtschaft als auch für die Umwelt gut.“