Wasser, Strom, Wärme und Gesundheit: Von Krankenhäusern bis zum Verkehr reicht die Hilfe der EIB für ukrainische Städte, um die Versorgung aufrechtzuerhalten
Auf die Frage nach ihren Nöten bei der Arbeit in einem Krankenhaus in Kriegszeiten wusste Maria Bobkova gar nicht, wo sie anfangen sollte.
„Es fehlte an allem, vom Eingang im Erdgeschoss bis zum Dach“, erzählt die 71-jährige Ärztin, die das Krankenhaus Nr. 8 in Odessa leitet. „Das ist eine große Klinik mit vielen Gebäuden, und alle waren marode.“
Odessa, an der Südküste der Ukraine, wurde schon gleich nach dem russischen Einmarsch im Februar 2022 bombardiert. Die Krankenhäuser der Stadt hatten alle Mühe, die Stromversorgung am Laufen zu halten, auch Material und medizinisches Personal wurden knapp. Die Klinik Nr. 8 war 1964 gebaut und nie renoviert worden – da war vieles reparaturbedürftig.
Um die Not zu lindern, vergab die EIB Global, der für Entwicklung zuständige Geschäftsbereich der Europäischen Investitionsbank, einen Kredit über 600 000 Euro für die Renovierung der renommierten Poliklinik von Nr. 8. Damit konnte die Klinik bis Juli 2023 die wichtigsten Reparaturen abschließen, neues Mobiliar kaufen, Fundamente ausbessern, Fachräume ausstatten, die Stromversorgung erneuern, Wände isolieren und das undichte Dach sanieren. Leistungsstarke Generatoren sichern die Versorgung, wenn kriegsbedingt der Strom ausfällt.
„Wir haben jetzt ein ganz anderes Krankenhaus“, sagt Bobkova. „Viele hatten nicht geglaubt, dass so etwas im Krieg möglich ist.“
Versorgungslage in vielen Städten prekär
Seit Kriegsbeginn genehmigt die EIB Monat für Monat Nothilfen für Projekte in der Ukraine. Die Gelder fließen vor allem in Infrastruktur wie Stromleitungen, Heizungs- und Wassernetze, Krankenhäuser, Schulen, Straßen, Schienen, Straßenbahnen, Brücken und Gemeindezentren. Durch den Krieg haben viele Menschen kaum Zugang zu Wasser, Strom, Wärme, ärztlicher Versorgung, Bildung und sozialen Diensten. Im Osten, wo schwer gekämpft wird, ist vielerorts die Versorgungslage prekär.
„Es ist immer schwierig, mit Bürgermeistern zu sprechen. Weil ich nie genau weiß, wie schlimm es gerade ist“, sagt Violaine Silvestro von Kameke. Sie arbeitet als Kreditreferentin bei der Europäischen Investitionsbank an Projekten in der Ukraine und steht mit vielen Verantwortlichen dort regelmäßig in Kontakt. „Wenn sie mit mir telefonieren, sind sie oft in einem Schutzraum oder passen auf, dass sie nicht in Fensternähe sind. Immer wieder sehen sie nach, ob ihre Familie in Sicherheit ist. Manchmal gibt es mitten im Gespräch Alarm. Dann müssen sie schnell Schutz suchen. Ich sage ihnen, dass ich ihre Standhaftigkeit bewundere und dass wir sie niemals im Stich lassen werden.“
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Neuer Fonds für dringende Investitionen
Aktuell konzentriert sich das Engagement der EIB auf den neuen Fonds EU für die Ukraine. Er soll Investitionen in allen Sektoren finanzieren, auch mit Risikokapital für den Privatsektor. Über 400 Millionen Euro haben EU-Länder bereits für den Fonds zugesagt, den die EIB Global betreut – für Gesundheit, Verkehr, Bildung, Cybersicherheit, kritische soziale Infrastruktur und den Privatsektor. Aber die Hilfe der EIB für die Ukraine umfasst noch mehr:
- Ein Kreditgarantie-Paket im Jahr 2023, durch das die EIB neue Finanzierungen im Volumen von 100 Millionen Euro vergeben kann
- 100 Millionen Euro an technischer Hilfe für die Vorbereitung von Wiederaufbauprojekten in der Ukraine
- Ein Soforthilfepaket Anfang 2022 im Umfang von fast 700 Millionen Euro, abgesichert durch eine EU-Garantie
- 1,6 Milliarden Euro Ende 2022, mit Unterstützung durch die Europäische Kommission, für Notreparaturen an Bahnstrecken, Straßen, Brücken, städtischen Gebäuden und Wohnhäusern
- 4 Milliarden Euro für über sechs Millionen Kriegsflüchtlinge, die in anderen europäischen Ländern aufgenommen wurden
Mitte 2023 bezifferten die Ukraine, die Europäische Kommission und die Weltbank in einer gemeinsamen Schätzung die Kosten für den Wiederaufbau des Landes auf fast 400 Milliarden Euro. Zehn Jahre dürfte das dauern, wenn der Krieg vorbei ist.
„Wir erhalten ständig Anfragen von Städten. Sie sagen uns, was sie brauchen, und wir überlegen dann, wie wir die Projekte auf den Weg bringen können und was am wichtigsten ist“ berichtet István Heinczinger, der als Verkehrsexperte der EIB ukrainische Städte bei der Anschaffung neuer Straßenbahnen, U-Bahnen und Busse unterstützt.
Seit 2007 hat die Bank über 2,7 Milliarden Euro für Verkehrsprojekte in der Ukraine vergeben, und jetzt im Krieg kommt noch mehr dazu.
„Alles, was wir tun, ist jetzt schwerer“, sagt Heinczinger. „Vom Kontakt zu den Städten über die Priorisierung von Projekten und die Suche nach Firmen, die sich an Ausschreibungen beteiligen, bis hin zur Beschaffung von Material und Ausrüstung.
Täglich im Kontakt mit UN-Experten
Um die Projekte voranzubringen, steht die EIB in engem Kontakt mit Partnern, die für das UNDP, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, in der Ukraine arbeiten. Kreditreferentinnen und Ingenieure der EIB sprechen wöchentlich, manchmal sogar täglich mit UNDP-Fachleuten wie Igor Kistenyov-Kavkazkii.
„Unter Kriegsbedingungen in der Ukraine zu bauen oder wiederaufzubauen, ist zweifellos eine komplexe Aufgabe“, sagt Kistenyov-Kavkazkii, dessen UN-Team für die technische Koordinierung zum Teil in Kramatorsk im Donbas sitzt – also in der Ostukraine, einem Schwerpunkt der russischen Invasion. „Der Wiederaufbau, den wir jetzt leisten, ist wichtig für die Stabilität des Staates und um den Menschen in dieser schwierigen Zeit zu helfen. Das ist dringend notwendig. Die Kinder müssen zur Schule gehen und lernen, und die Menschen brauchen Zugang zu medizinischer Versorgung.“
„Wir müssen Geduld haben“
Schulen und Kinder sind zwei Prioritäten beim Wiederaufbau. Ein Beispiel ist der EIB-Kredit über eine Million Euro für die Sanierung der V.I. Vernadskyi-Grundschule in Poltawa, einem Bezirk in der östlichen Zentralukraine. Mit dem Geld wurden Toiletten, Fenster und Türen, Wasserleitungen und die Heizung erneuert. Im September 2023 öffnete die Schule ihre Türen wieder für 466 Schülerinnen und Schüler, darunter Kinder aus Familien, die vor den Kämpfen im Osten fliehen mussten.
Inna Hamtschuk, Geschichtslehrerin an der ebenfalls sanierten Sekundarschule Nr. 1 in Butscha, bestätigt: Diese Arbeit für die Schulen macht den Unterschied zwischen Kindern, die in ihrem jungen Leben vorankommen, und anderen, die nur in Schutzräumen bleiben und beim Lernen zurückfallen. Butscha litt immens nach dem Einmarsch. Der Kiewer Vorort wurde gleich zu Beginn eingenommen, bevor die Russen sich wieder zurückzogen, nachdem sie die Hauptstadt nicht erobern konnten.
Die Schule Nr. 1 war schon vor dem Krieg baufällig gewesen und wurde dann 2022 und 2023 noch weiter beschädigt. Jetzt wird sie mit Geldern der EIB und technischer Hilfe der Vereinten Nationen wieder instandgesetzt. Einige Klassenräume sind schon fertig, und es regnet auch nicht mehr herein.
Aber noch bleibt viel zu tun, an dieser und an anderen Schulen in Butscha. Viele Schulgebäude sind noch immer wegen Schäden geschlossen. Bei den übrigen sind oft die Schutzräume zu klein für alle Kinder.
Die Schule Nr. 1 hat deshalb Kinder aus anderen Schulen aufgenommen und unterrichtet in zwei Schichten von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends. Wenn der Strom ausfällt oder es zu gefährlich wird, geht es online weiter – für die zumindest, die daheim Internet haben.
„Wir müssen Geduld haben“, sagt Hamtschuk. „Alle Kinder in der Ukraine haben das Recht auf eine gute Schulbildung, aber gerade ist das schwierig. Trotzdem versuchen wir, die Bedingungen zu verbessern und ein gutes Lernumfeld zu schaffen.“