Die Bank der EU fördert Hunderte lebenswichtige Projekte für die Menschen in der Ukraine

Wenn Violaine Silvestro von Kameke erzählt, dass sie mitten im Krieg in Dutzenden ukrainischen Städten Investitionen auf den Weg bringt, reagieren die meisten Menschen sehr überrascht. „Die Leute glauben, dass der Krieg unsere Arbeit unterbrochen hat“, sagt die Kreditreferentin bei der Europäischen Investitionsbank. „Aber wir zahlen in der Ukraine gerade viel Geld aus und arbeiten an zahlreichen komplexen Projekten. Wir haben viel zu tun.“

Die Europäische Investitionsbank hat ihre Leute nach der russischen Invasion im Februar 2022 aus der Ukraine abgezogen. Gleichzeitig hat sie ihre Unterstützung für das Land drastisch hochgefahren und ihre Zusammenarbeit mit Ministerien, Städten und UN-Fachleuten vor Ort erheblich ausgebaut. Diese Arbeit ist enorm wichtig. Denn die Ukraine braucht in den nächsten zehn Jahren nach eigenen Angaben rund 765 Milliarden Euro, um das Land wieder aufzubauen

Die EIB hat im Krieg bereits zwei größere Finanzierungspakete für das Land genehmigt:

  • ein erstes Paket im Umfang von 668 Millionen Euro kurz nach Kriegsausbruch für dringende Ausgaben des Staates
  • ein zweites Paket von 1,59 Milliarden Euro im Juli 2022, um beschädigte Infrastruktur zu reparieren und wichtige Projekte wiederaufzunehmen. Etwas über eine Milliarde Euro aus diesem Paket wurden bisher ausgezahlt, um damit beschädigte Straßen, Brücken und Schienen in Ordnung zu bringen.

Das EIB-Institut, das sich in der Bank sozialen und kulturellen Fragen widmet, stellte außerdem 2,5 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereit. Die EIB half dabei, 59 Millionen Euro an Zuschüssen umzuwidmen, um Züge und Gleise in der Ukraine instand zu setzen, Behelfsbrücken zu errichten und die Gesundheitsversorgung und Unterbringung von Kriegsflüchtlingen zu verbessern. Außerdem gewährte die Bank dem Land aus dem Treuhandfonds für technische Hilfe in der Östlichen Partnerschaft Zuschüsse von knapp 18 Millionen Euro. Mit dem Geld soll Gemeinden bei der Versorgung der rund 700 000 Menschen geholfen werden, die vor dem Krieg fliehen mussten. Der Treuhandfonds erhält Mittel aus Deutschland, Frankreich, Lettland, Litauen, Österreich, Polen, Schweden und dem Vereinigten Königreich.

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EIB-Finanzierung bringt neue Busse nach Luzk im Nordwesten der Ukraine

EIB fördert Projekte abseits des Kriegsgeschehens

„Wir können jetzt keine großen nationalen Projekte auflegen. Deshalb konzentrieren wir uns auf kleine Projekte und versuchen vor allem, den Menschen durch diese schwere Zeit zu helfen“, erklärt Hervé Guenassia, der bei der EIB ebenfalls an Krediten für die Ukraine arbeitet. „Etwas Großes, etwa den Wiederaufbau eines Flughafens, würden die Russen sicher zerstören.“

Die Europäische Investitionsbank ist bereits seit 15 Jahren in der Ukraine tätig. Über acht Milliarden Euro hat sie in dieser Zeit für Projekte bereitgestellt. Nach der Besetzung der Ostukraine und der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 genehmigte die Bank ein Rahmendarlehen über 200 Millionen Euro als Hilfe für Menschen, die vor dem Konflikt flohen, und für Städte, die große Zahlen von Flüchtlingen aufnahmen. Mit dieser Art Darlehen lässt sich fast jedes öffentliche Projekt fördern, das für das tägliche Leben unverzichtbar ist: Heizungssysteme, Schulen, Krankenhäuser, Sporteinrichtungen usw. Einige dieser Projekte hat der Krieg zerstört, darunter auch eines der Highlights unseres Wiederaufbauprogramms: eine hochmoderne Bibliothek mit Technologiezentrum in Mariupol.

„Es ist sehr schade, dass so viele dieser Projekte zerstört wurden, denn sie haben den Menschen vor Ort so viel Hoffnung gebracht,“ sagt Roy Draycott. Er ist Bauingenieur bei der Europäischen Investitionsbank und hat sechs Jahre im Büro der Bank in Kiew gearbeitet. Sobald der Krieg vorbei ist, will er zurück in die Ukraine gehen, um dort zu arbeiten.


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Ständiger Kontakt mit den Städten während des Kriegs

Selbst in den schwersten Kriegstagen bekamen Guenassia und Silvestro von Kameke weiter Anrufe von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in den am stärksten umkämpften Gebieten. Sie fragten nach technischer Hilfe und finanzieller Unterstützung. Im August und September 2022 rief die Europäische Investitionsbank zur Einreichung von Vorschlägen für Finanzierungsprojekte in der Ukraine auf. Rund 1 000 Anträge von Städten und privaten Unternehmen gingen ein, mehr als 300 davon will die Bank genehmigen. Weitere Aufforderungen sollen Ende 2022 und Anfang 2023 folgen.

2022 genehmigte die Bank folgende Finanzierungsprojekte für die Ukraine:

  • Neue Straßenbahnwagen für Kiew und Lwiw
  • Neue Busse für Luzk
  • Instandsetzung von Gesundheitseinrichtungen in Odessa
  • Sanierung beschädigter Bildungseinrichtungen in Myrhorod und Schyschaky
  • Umfangreiche Wiederaufbauarbeiten an einer Fremdsprachenschule in Kamjanske
  • Wiederherstellung eines Jugendkunstzentrums in Saporischschja
  • Instandsetzung einer Sport- und Rehaeinrichtung in Reschetyliwka
  • Wiederaufbau eines Kindergartens in Browary

Darüber hinaus helfen wir der Ukraine auch bei anderen Projekten: Wiederaufbau oder Instandsetzung von Logistikzentren, Lieferung von Decken, Thermosflaschen und Rucksäcken für Schutzsuchende in Bunkern, Errichtung von Wohnraum für Kriegsflüchtlinge, Hilfe für Feuerwehr und Rettungsdienste oder Reparatur beschädigter Strom- und Gasleitungen.

Für eine funktionierende Strom- und Gasversorgung im Land ist mehr nötig, als nur Schäden zu reparieren. Die ukrainischen Versorger stehen durch den Krieg unter Druck: Ihre Ausgaben steigen, während ihre Einnahmen sinken, denn Millionen Menschen können ihre Rechnungen nicht bezahlen. „Es gibt eine Energiekrise im Land“, erklärt Guenassia. „Wir sprechen viel mit Energieunternehmen, um zu sehen, wie sie liquide bleiben und weiter Energie liefern können.“

>@EIB

Die EIB half der Stadt Reschetyliwka beim Aufbau eines durch den Krieg beschädigten Sportkomplexes.

Zerstörte Brücken schneiden Versorgung ganzer Städte ab

Im ganzen Land wurden Brücken zerstört: durch die russischen Streitkräfte und durch ukrainische Kämpfer, die versuchten, den russischen Vormarsch zu stoppen. Die EIB hilft deshalb, provisorische Pontonbrücken zu finanzieren.

„Eine zerstörte Brücke ist manchmal eine Katastrophe für eine Stadt“, sagt Guenassia. „Beispielsweise gelangen keine Trinkwassertransporte mehr in die Stadt. Oder die Menschen kommen nicht mehr ins Krankenhaus, in die Schule, zur Arbeit oder zum Einkaufen.“

Auf die Frage, ob die Ukraine während eines Krieges wirklich neue Schulden aufnehmen muss, antwortet Silvestro von Kameke, dass das Land jetzt Zuschüsse und Kredite benötigt, und dass die Europäische Investitionsbank großzügige Finanzierungsbedingungen bietet.

„Die Ukraine kann sich heute kaum noch am Markt finanzieren“, erklärt sie. „Mit Unterstützung der EU bieten wir Kredite mit sehr langen tilgungsfreien Zeiträumen – manchmal von bis zu fünf Jahren. Die Menschen in der Ukraine wollen keine Geschenke. Sie haben ihren Stolz. Sie wollen unser Partner sein.“

Guenassia und Silvestro von Kameke berichten, dass von den Stadtverantwortlichen und anderen offiziellen Vertreterinnen und Vertretern der Ukraine, mit denen sie gesprochen haben, niemand eine Prognose abgeben will, wie und wann der Krieg zu Ende geht. Die Europäische Investitionsbank will mit dem Land in jedem Fall weiter zusammenarbeiten – egal, wie lange der Konflikt dauert.

„Die EIB lässt die Ukraine nicht im Stich“, sagt Ingenieur Draycott. „Wir engagieren uns hier langfristig. Ich selbst würde nächste Woche zurückgehen und mit dem Wiederaufbau beginnen, wenn ich könnte.“