Nach der Pandemie müssen sich die Städte für künftige Klimabedrohungen rüsten. Lesen Sie, worauf es ankommt
Von Mafalda Duarte, CEO des Climate Investment Funds
Sie geben einer wachsenden Mehrheit der Menschen ein Zuhause, sind Verkehrs-, Industrie- und Handelszentren. Städte tragen am meisten zum Klimawandel bei und zählen gleichzeitig zu seinen Hauptleidtragenden. Die Coronapandemie hat die große Bedeutung von Städten nun auf andere Weise in den Blickpunkt gerückt, weil sich das Virus auf dichtem Raum unter der Bevölkerung und Reisenden rasch ausbreiten kann.
Die Risiken durch Klimawandel und Pandemien steigen vor allem für die am stärksten gefährdeten Menschen in Entwicklungsländern. Sie leben oft unter beengten Verhältnissen in informellen Siedlungen – unter unhygienischen Bedingungen, mehr oder weniger ohne fließendes Wasser und ohne öffentliche Räume, in die sie ausweichen könnten.
Da überrascht es kaum, dass über 95 Prozent der Covid-19-Fälle in städtischen Gebieten auftreten. Dort müssen wir den doppelten Kampf gegen das Virus und den Klimawandel führen und gewinnen. Glücklicherweise sind die Strategien zum Teil die gleichen.
Die Geschichte hat gezeigt: Städte können effiziente Innovationsmotoren sein. Sie haben sich immer wieder neu erfunden, auch in Reaktion auf Pandemien: Sie haben Kanalnetze gebaut, öffentliche Parks angelegt und Wohnraumvorschriften erlassen, um die sanitäre Lage zu verbessern und überfüllte Siedlungen in den Griff zu bekommen.
Sobald sich die Länder rund um die Welt von der Pandemie erholen, müssen sie sich auf künftige Klimabedrohungen vorbereiten. Dann gilt es, den Innovationsgeist der Städte zu nutzen, um sie für alle möglichen Schocks zu rüsten.
Investitionen in eine grüne und klimafeste Stadtentwicklung für alle
Die anhaltende Pandemie trifft die Städte finanziell hart. Während die Kosten für die öffentliche Gesundheit und Sozialfürsorge steigen, brechen ihnen Einnahmen aus Steuern und kommunalen Dienstleistungen wie etwa dem Nahverkehr weg. Gleichzeitig wächst der Druck, Unternehmen zu helfen, Stellen zu schaffen und die öffentliche Versorgung wiederherzustellen.
Natürlich möchten die Städte gern zur alten Normalität zurückkehren. Aber wenn die Pandemie eines offengelegt hat, dann ihre Schwachstellen: Defizite in der öffentlichen Versorgung, schlechte Wohnqualität, fehlende öffentliche Räume und eine Entwicklung, die Klimafolgen noch verschärft und die Ausbreitung von Krankheiten begünstigt.
Die Städte haben jetzt die Chance, eine historische Wende herbeizuführen – indem sie Maßnahmen gegen die Pandemie und gegen den Klimawandel treffen und eine nachhaltige, krisenfeste Entwicklung einleiten, die allen Menschen zugutekommt.
Eine leichte Aufgabe ist das nicht, selbst in guten Zeiten. Viele Städte kämpfen mit einer mangelhaften Governance, aber auch begrenzter technischer und institutioneller Kompetenz. Und weil es an vielen Ecken klemmt – von der Haushaltsstruktur der verschiedenen Verwaltungsebenen über das regulatorische Umfeld und die Kreditwürdigkeit bis hin zur Bankfähigkeit und Projektpipelines – haben viele Städte auch Schwierigkeiten, die nötigen Finanzierungen zu erhalten. Um die Pandemie zu überwinden und den Weg in eine klimafeste Zukunft für alle einzuschlagen, brauchen sie viel Geld und Zugang zu innovativen Finanzierungslösungen, und zwar rasch.
Länder und Institutionen in aller Welt haben entschlossen gehandelt und Konjunkturpakete in Billionenhöhe geschnürt, um der Coronakrise zu begegnen. Wenn diese Summen wirklich etwas bewirken sollen, müssen sie klug ausgegeben werden. Über Sofortinvestitionen in die öffentliche Gesundheit, neue Stellen und die Existenzsicherung hinaus haben Städte jetzt auch die Chance, sich klimafester und nachhaltiger aufzustellen.
Das gilt vor allem für die Infrastruktur in Entwicklungsländern mit ihren rasant wachsenden Städten. Und es ist besonders wichtig für kleine und mittelgroße Städte, von denen viele ebenfalls stark wachsen, aber wenig Geld haben und nur schwer an neue Finanzierungsquellen kommen.
Mit vergünstigten Mitteln können Städte diese Hürden überwinden und neue Wege in der Stadtentwicklung einschlagen. Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen leisten da viel Hilfe – mit Direktinvestitionen und mit Garantien für private Geldgeber, die sich an Investitionen beteiligen.
Ergänzend zu einer Vielzahl globaler Initiativen, wie etwa den auf dem UN-Klimagipfel 2019 angekündigten Maßnahmen, wird der Climate Investment Funds Städte über sein Climate-Smart Urbanization Program unterstützen. Der Climate Investment Funds spielt seit 2008 eine wichtige Rolle in der Klimafinanzierung. Sein Ziel ist, mit planbaren, angemessenen und flexiblen Klimafinanzierungen zu stark vergünstigten Konditionen transformative Investitionen anzustoßen. Der Fonds hat hierzu eine gemeinsame Plattform für multilaterale Entwicklungsbanken eingerichtet.
Während die Pandemie weiter andauert, soll das Programm eine bedarfsgerechte Finanzierung sicherstellen – angefangen bei vorgelagerten Maßnahmen und der Stärkung von institutionellem Know-how sowie Diagnose und Planung. Anschließend wollen wir im großen Stil Gelder mobilisieren, um diese Pläne auf den Weg zu bringen.
Hierbei geht es um Investitionen in Schlüsselsektoren wie Energie, Verkehr, Gebäude, Wassernetze und die Abfallwirtschaft. Bei der Planung soll auch die örtliche Bevölkerung mit einbezogen und gehört werden, vor allem die am stärksten gefährdeten Gruppen.
Mit seiner technischen und finanziellen Hilfe will der Climate Investment Funds Städten helfen, über die Kapitalmärkte oder auf anderen Wegen private Investoren zu gewinnen.
Die Chancen stehen gut: Laut der International Finance Corporation könnten Städte in Schwellenländern bis 2030 über 29 Billionen US-Dollar für Klimainvestitionen in Schlüsselsektoren an Land ziehen.
Allerdings wird das Geld aus privaten Quellen nur fließen, wenn die Rahmenbedingungen besser werden – die Ertragsströme, das regulatorische Umfeld und die Finanzverwaltung. Wir brauchen Finanzierungsinstrumente und Investitionsvehikel, um die Risiken zu mindern, mit denen neuartige klimaintelligente Lösungen verbunden sind. Nur so können wir die Bankfähigkeit von Projekten verbessern, die Kreditwürdigkeit der Städte stärken und das Vertrauen der Investoren gewinnen, damit sie bereit sind, sich zu beteiligen. Der Climate Investment Funds hat gezeigt, was er in all diesen Bereichen leisten kann.
Wir wollen Städten zu einem kompakteren urbanen Wachstum, einer stärker vernetzten und klimafesten Infrastruktur und zu einer besser abgestimmten Governance verhelfen. Denn damit können sie neue Beschäftigungschancen schaffen, langfristig ihre Produktivität steigern und weitreichende ökologische und soziale Verbesserungen erzielen.
Als wichtiger globaler Geldgeber für Klimaprojekte will der Climate Investment Funds seinen Teil dazu beitragen, dass die neue Normalität nach Covid-19 zu klimafesten, pandemiesicheren Städten führt. Hierzu arbeiten wir eng mit Stadtverantwortlichen und der örtlichen Bevölkerung zusammen.
Mafalda Duarte steht an der Spitze des Climate Investment Funds, einem der weltweit größten multilateralen Klimafonds.
Dieser Beitrag wurde erstmals im Blog der Weltbank in einer Reihe über intelligente Stadtentwicklung veröffentlicht.