Dank JASPERS ist Maltas Hauptstadt auf dem Weg zur Smart City.
Alles begann mit einem Falken.
Ein Falke pro Jahr war laut kaiserlichem Erlass aus dem Jahr 1530 der symbolische Zins, den die Ordensritter von Malta an Karl V. zu zahlen hatten – dafür, dass er ihnen die Insel als Lehen überließ.
Knapp ein halbes Jahrtausend später kostet selbst ein kleines Grundstück im am dichtesten besiedelten Land der Europäischen Union fast so viel wie der Malteser Falke aus dem Film mit Humphrey Bogart (die an den historischen Falken angelehnte, mit Edelsteinen besetzte Goldstatuette aus der legendären Verfilmung von 1941).
Deshalb verwundert es, dass in Marsamxett, einer Hafengegend im Herzen der geschäftigen Hauptstadt Valletta, viele Häuser baufällig sind. Fast jedes dritte Gebäude steht leer und/oder ist heruntergekommen.
Aber das soll sich nun ändern – und hier kommen wieder die Ordensritter und ihre Falken ins Spiel. Nach dem cleveren Falken-Deal bauten die Ordensritter in Marsamxett ein Kloster, das sogenannte Haus von Katalonien. Hier hat heute Denise Fiorentino ihr Büro, im Ministerium für europäische Angelegenheiten und Gleichstellung.
Das Erbe des Zweiten Weltkriegs
„In Malta investiert normalerweise zuerst der Staat und erst dann der Privatsektor“, sagt Fiorentino, die im Ministerium für den Bereich Strategie und Umsetzung zuständig ist. „Unser Ziel ist es, diesen Teil der Stadt zu erneuern. Wir wollen die Lebensqualität der Menschen hier verbessern, neue Geschäfte anziehen und das Potenzial des kulturellen Erbes ausschöpfen.“
Fiorentino entwickelt mit ihrem Team eine Gesamtstrategie für eine nachhaltige Stadtentwicklung. 24 Millionen Euro stehen für Investitionen zur Verfügung, kofinanziert aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung der Europäischen Kommission. Da der Bedarf weit größer ist, wandte sich Malta an JASPERS, die Partnerschaft der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Kommission für technische Hilfe. Ziel war es, mithilfe von JASPERS die Mittel strategisch so einzusetzen, dass sie die größtmögliche Wirkung erzielen.
Ausgangspunkt der Strategie war eine ganzheitliche Beurteilung, wie Verbesserungen im sozialen Wohnungsbau, neue Geschäfts- und Beschäftigungschancen, bessere Verkehrsangebote und der Erhalt von kulturellem Erbe das Viertel neu beleben würden. Das ist der Kern des Smart-City-Konzepts der EIB – eine Smart City ist mehr als nur eine Ansammlung von technischen Spielereien. Es ist ein Gesamtkonzept, das die Belange verschiedener Beteiligter einbezieht und geeignete technische Lösungen genau da einsetzt, wo sie echte Vorteile bringen. So will man die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger verbessern, wie es die Städteagenda für die EU fordert.
Anfang der 1940er Jahre, als „Die Spur des Falken“ gerade mehrfach für den Oscar nominiert wurde, erlebte Malta einen der schwersten Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs. Tausende Gebäude wurden zerstört. Nach dem Krieg entstanden in Marsamxett neue, kostengünstige Wohnungen, die sehr billig vermietet wurden.
Beurteilung des Gesamtnutzens
„In den Häusern wohnen auch heute noch Familien, die wenig Geld haben und noch weniger Anreize, in die Modernisierung zu investieren. Für die älteren Menschen sind die Gebäude ohne Aufzüge nicht mehr geeignet. Hinzu kommen Sicherheitsbedenken“, sagt Jeroen Bakker, der bei JASPERS auf das Thema intelligente Entwicklung spezialisiert ist.
Bakker und seine Kollegen halfen bei der Entwicklung eines Analysetools, das mehrere Kriterien berücksichtigt. Maßgeblich für seine Gestaltung waren die in der Strategie formulierten Ziele. „Wie entscheiden Sie zwischen einem Projekt im sozialen Wohnungsbau, das eine Million Euro kostet, und einem Nahverkehrsprojekt, das mit fünf Millionen Euro zu Buche schlägt? Einfach gesagt: Die Analyse zeigt uns, welchen Nutzen es bringt, wenn man die Fenster in einem Haus austauscht und in drei Gebäuden mit Sozialwohnungen Aufzüge einbaut“, erklärt Bakker.
Für ihn und Fiorentino fußt der Ansatz auf der Idee einer integrierten Stadtplanung, denn jede Maßnahme kann vielfältige soziale, wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen haben. Durch die Umwandlung eines Standorts mit besonderer kultureller Bedeutung in einen Arbeitsraum für Kreative entstehen Arbeitsplätze für junge Menschen, und es entsteht Nachfrage nach besseren Verkehrsverbindungen und nach Wohnraum in der näheren Umgebung. Worauf es bei der Planung ankommt, ist die Betrachtung aus der Vogelperspektive. Sie öffnet den Blick dafür, wie eine Stadt lebt und atmet – und wie Beleuchtung, Geschäfte, Wohnhäuser und Arbeitsplätze miteinander in Verbindung stehen.
Das Team von JASPERS arbeitete eng mit den Behörden Maltas zusammen, um dies herauszufinden. Und im Gegensatz zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches verlangt JASPERS keine Bezahlung – nicht einmal in Falken. JASPERS ist für Behörden und Projektträger kostenlos, wenn die Hilfe aus Mitteln der EU-Strukturfonds finanziert wird.