Die EIB präsentiert auf ihrem Venture Debt Summit eine innovative Finanzierung für Start-ups. Das Besondere: Die Unternehmensgründer behalten die Kontrolle.
„Risikokapital bedeutet in vielen Fällen, dass Heuschrecken kommen“, witzelte Florent Gros, Managing Director des Novartis Venture Fund, in einer Podiumsdiskussion auf dem ersten Venture Debt Summit.
Tatsächlich sehen einige Unternehmensgründer Risikokapitalgeber als Heuschrecken an, die über Unternehmen herfallen, sie ausnehmen und danach weiterziehen. Und verständlicherweise haben sie kein Interesse daran, die Kontrolle über ihr eigenes Unternehmen aus der Hand zu geben.
Für solche Fälle gibt es zum Glück Venture Debt – ein Produkt, das die Europäische Investitionsbank vor drei Jahren entwickelt hat und das im Mittelpunkt ihres Venture Debt Summit am 23. März stand. Venture Debt richtet sich an junge Unternehmen und ist als Ergänzung zu Finanzierungsformen wie Risikokapital gedacht. Der Vorteil: Die Anteile und die Kontrolle der Unternehmensgründer werden nicht verwässert. Venture Debt ist Quasi-Eigenkapital in Form eines Kredits, dessen Tilgung an die Unternehmensergebnisse gekoppelt ist. Die EIB kann den Kredit in Anteile umwandeln, und die Gründer haben die Möglichkeit, diese Anteile später zurückzukaufen und damit im Unternehmen zu behalten.
Bisher ist Venture Debt ein Riesenerfolg: Das zuständige Team der EIB hat bereits mehr als 2 000 Anträge geprüft und rund 1,2 Milliarden Euro für 63 Unternehmen bereitgestellt, so Hristo Stoykov, der bei der Bank die Abteilung Wachstumskapital und Innovationsfinanzierung leitet. Das Produkt wird jetzt durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) besichert. Der EFSI speist sich unter anderem aus einer EU-Haushaltsgarantie und ist das Kernstück der Investitionsoffensive für Europa.
Es ist beachtlich, wie groß die Angst der Unternehmer vor einer Anteilsverwässerung und einem Kontrollverlust ist. Atanas Kolev, Senior Economist bei der EIB, stellte Daten aus dem jährlichen Investitionsbericht der Bank vor. Demzufolge wünscht sich nur ein Prozent der europäischen Unternehmen eine stärkere Beteiligung von Eigenkapitalinvestoren. Die Unternehmer glauben, dass sie auch ohne den verwässernden Einfluss durch externes Eigenkapital wachsen können, und sie finanzieren Investitionen überwiegend intern. Der Anteil der externen Finanzierungen liegt bei weniger als 40 Prozent, wobei Bankdarlehen und Leasingfinanzierungen dominieren.
Es gibt noch weitere Argumente für Venture Debt. Für einige Unternehmen etwa, die sich in der Phase zwischen Gründung und Börsengang befinden, gibt es schlicht keine Alternativen. Diese Marktlücke will die Investitionsoffensive für Europa schließen.
Risikokapitalfonds in Europa haben nach der ersten Start-up-Finanzierung in der Regel wenig Lust auf zusätzliche Finanzierungsrunden, erklärt Véronique Trausch, Partnerin bei FinDeal Advisers. Sie und andere Redner auf der Veranstaltung sehen ein Problem im geringen Volumen der meisten Risikokapitalfonds in Europa. Im Schnitt liegt es bei rund 100 Millionen Euro. Damit bleiben die Fonds bei Finanzierungsrunden, die sich bereits in dieser Größenordnung bewegen, außen vor. „Die EIB ist hier im Grunde die einzige Option“, so Trausch. In Europa ist die Bank der größte Anbieter von Venture Debt.
Entsprechend rege war das Interesse am Venture Debt Summit der EIB. Vertreter von 35 innovativen Portfoliounternehmen aus Sektoren wie Life Sciences, Biotech, Software, 3-D-Druck, Robotik, Cleantech und künstliche Intelligenz waren anwesend. Mit ihren Geldgebern von privaten Fonds, Finanzberatern, Mitgliedern der Europäischen Kommission und weiteren Teilnehmern diskutierten sie darüber, warum Europa bei der Finanzierung innovativer Unternehmen hinter den USA und Asien hinterherhinkt. Und natürlich darüber, wie sich dieser Abstand etwa mit den neuen Produkten der EIB verringern lässt.
Hristo Stoykov jedenfalls verspricht: „Das ist erst der Anfang.“