Mit der Integration der gesamten Wertschöpfungskette brachte die Zalar Holding eine Konsolidierung der marokkanischen Geflügelindustrie auf den Weg. Jetzt richtet sich ihr Blick über die Landesgrenzen hinaus
Von Driss Charrier Rachidi
Mehdi Benzakour leitet die Zalar-Geschäftsbereiche Tierfutter und Brut. Bis 2020 hatte er mit einem ständigen Auf und Ab in der Produktion zu kämpfen – bestimmt von einer stark schwankenden Nachfrage und im Voraus mit den Kunden vereinbarten Lieferprogrammen.
Der Chef der technischen Teams in Fès und Casablanca versuchte, langfristig stabile Preise und ein konstantes Produktionsniveau zu erreichen. Doch mit der Stabilität war es so eine Sache: Der Produktionszyklus von Hühner- und Putenküken erstreckt sich über 14 bis 16 Monate, es gibt Phasen der Über- und der Unterproduktion.
„Züchter kaufen ihre Küken und das Futter gleich mit. Alleine ist Futter kaum an den Mann zu bringen – unser Futtergeschäft steht und fällt mit den Küken“, so Mehdi.
2013 schlug Zalar eine ambitionierte Strategie ein, um die gesamte Wertschöpfungskette der Geflügelindustrie zu integrieren. Heute gehört der Konzern zu den Großen der Agroindustrie und hegt internationale Ambitionen. Diese Entwicklung war möglich, weil das Unternehmen seine Governance-Struktur neu ausgerichtet und kräftig investiert hat.
Schnelle Expansion
Vor zehn Jahren hatte Zalar zwei Lagerterminals für Rohstoffe – einen in Casablanca und einen in Jorf Lasfar. Heute sind es sechs. Zalars Tochterunternehmen im Agrarrohstoff-Handel sind als einzige lokale Akteure in allen Häfen Marokkos vertreten, in denen Getreide verschifft wird. Zwei Lagerterminals – am Mittelmeerhafen Nador und am Atlantikhafen Agadir – wurden von der Europäischen Investitionsbank (EIB) finanziert.
Für Zalar ist das ein entscheidender strategischer Vorteil: Das Unternehmen kann große Warenmengen versenden und in mehreren Häfen entladen. Sonst müsste die gesamte Ladung in Casablanca gelöscht und dann umständlich per Lkw weitertransportiert werden. Mit drei Millionen Tonnen pro Jahr spielt Zalar in Marokkos Agrarrohstoff-Handel ganz vorne mit.
„Mit der Finanzierung der beiden Terminals in der Nähe der Häfen von Agadir und Nador wuchs unsere Lagerkapazität und damit unser Wettbewerbsvorsprung. Unsere starke Präsenz in Marokko ist ein Riesenvorteil“, erklärt Siham Benhamane, Managerin der Zalar Holding.
Ein Unternehmen setzt sich an die Spitze
Die 1974 gegründete Zalar Holding ist heute Marokkos Marktführer für Geflügel. Mit 3 000 Beschäftigten in zwölf Tochterunternehmen, darunter eines in Senegal und eines in Mauretanien, deckt die Gruppe über fünf Geschäftsbereiche die gesamte Wertschöpfungskette ab: vom Agrarrohstoff-Handel über Tierfutter, Brut, Aufzucht und Schlachtung bis zur Verarbeitung.
Marokkos Landwirtschaft trägt 13 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. 38 Prozent aller Jobs, in ländlichen Gegenden sogar 74 Prozent, entfallen auf den Agrarsektor. In den vergangenen zehn Jahren wuchs die Lebensmittelindustrie insgesamt im Schnitt um sechs Prozent pro Jahr. Diese Steigerung geht auf das Konto einer steigenden Binnennachfrage, aber auch der internationalen Aktivitäten, vor allem in Afrika.
2019 läutete Zalar mit einem Kredit der EIB über 25 Millionen Euro eine neue Expansionsphase ein. „Die Investition des Marktführers beflügelte die gesamte Branche und förderte eine Konsolidierung sowie bessere Umwelt-, Gesundheits- und Sozialstandards“, weiß die Leiterin der EIB-Vertretung in Marokko Anna Barone.
Vertikale Integration
Mithilfe der EIB gelang es Zalar, in einem für sein Wachstum entscheidenden Moment neue Kapazitäten zu finanzieren. Der Konzern konnte vor- und nachgelagerte Stufen der Wertschöpfung eingliedern und sein Agrarrohstoff-Handelsgeschäft ausbauen – 2020 steuerten die Agrarrohstoffe rund 43 Prozent des Umsatzes bei. Mit dem Kredit setzte Zalar gleich mehrere Pläne in die Tat um:
- Vergrößerung der für die Tierfutterproduktion wichtigen Getreidelager des Handelsgeschäfts
- Bau neuer Zuchttier- und Aufzuchtbetriebe
- Erweiterung der Brutkapazitäten
- Modernisierung bestehender Betriebe in den wichtigsten vier Verbrauchsregionen Marokkos
„Mit dem Geld der EIB konnten wir neue Betriebe bauen und bestehende Betriebe schnell modernisieren“, erklärt Benhamane. So entstanden vor allem auch in ländlichen Regionen 10 bis 15 neue Arbeitsplätze je Betrieb.
Durch diese Investitionen hatte Zalar eine konsolidierende Wirkung auf dem marokkanischen Markt. Sein Umsatz kletterte von rund 4,5 Milliarden Dirham im Jahr 2016 (ca. 422 Millionen Euro) auf knapp 6 Milliarden Dirham im Jahr 2020 (ca. 560 Millionen Euro).
Corona stutzte dem Sektor die Flügel
Geschlossene Schulen und Restaurants, das Verbot großer Feiern und ein stark eingeschränkter Tourismus: 2020 musste Marokkos Geflügelsektor ordentlich Federn lassen. Die Nachfrage brach weg, und gleichzeitig schnellten die Rohstoffpreise in die Höhe.
Der Hähnchenpreis bewegte sich in einer enormen Spannweite von 6 bis 19 Dirham (0,6 bis 1,8 Euro), während die Produktionskosten im günstigsten Fall bei 12 Dirham (1,1 Euro) lagen. Auf der Gruppe lastete 2020 ein enormer Liquiditätsdruck.
„Die EIB stand uns auch in der schwierigsten Phase der Pandemie zur Seite“, erinnert sich Driss Chaouni von der Zalar Holding. Auf dem Höhepunkt legte die Bank sogar noch eine Schippe drauf, um ihre Kunden durch die Krise zu bringen – davon profitierte nicht zuletzt die Zalar Holding.
Ausnahmsweise genehmigte die EIB die Auszahlung von 10 Millionen Euro, um den Liquiditätsbedarf zu decken. Damit konnte Zalar zudem seine Expansion in Senegal vorantreiben, wenn auch pandemiebedingt etwas langsamer als geplant. „Die EIB finanzierte den Brutbetrieb in Tadla. Für uns hieß das mehr Zuchtküken aufzuziehen, um mehr Bruteier für den Brutbetrieb in Senegal zu haben.“